… bei den Tiroler Landesmusikschulen. Über seinen Karrieresprung, die entdeckte Freude zur Volksmusik und mehr.
Mit 10. Jänner dieses Jahres hat das Land Tirol einen Ansprechpartner für die fachlichen Angelegenheiten der Tiroler Landesmusikschulen installiert. Er wird in der Abteilung Landesmusikdirektion unter anderem die 27 Landesmusikschulen fachlich betreuen und als Schnittstelle zum Landeskonservatorium für Agenden wie Wettbewerbe, Talenteförderung und Lehrer-Fortbildungen zuständig sein. In der Musikszene Tirols ist der frisch Bestellte kein Unbekannter, noch besser kennen ihn aber die SainihånserInnen, denn bei der beschriebenen Person handelt es sich um Johannes Puchleitner. Der/die eine oder andere erinnert sich vielleicht noch an seine erste Schlagerplatte „Hannes Puchy, meine Lieder“ oder an Johannes als Musikant und Vizekapellmeister bei der Bundesmusikkapelle St. Johann.
Ich treffe ihn im Dezember in seinem Büro in der Musikschule Wörgl. Seit 2000 lebt er mit seiner Familie in Wörgl, aufgewachsen ist der 48-Jährige aber in St. Johann. Das große Singtalent des fleißigen Ministranten entdeckte zuerst Klaus Erber, damals Kooperator der Pfarre. Auch im Gymnasium St. Johann stach Johannes’ Begabung hervor, der Schüler wurde Mitglied des örtlichen Kirchenchors und der Musikkapelle. In der dritten Klasse Unterstufe wechselte er für ein Jahr an das „Borromäum“, das erzbischöfliche Privatgymnasium in Salzburg, und sang dort mit den Domkapellknaben. Da die Tonaufnahmen für seine erste Schallplatte (die ihm beim Erzählen übrigens noch heute ein Leuchten ins Gesicht zaubern) und der Besuch des Borromäums zeitlich nicht zu vereinbaren waren, kam Johannes wieder zurück ans Gymnasium in St. Johann. Das Jahr in Salzburg beschreibt er aber als sein prägendstes: „Im Borromäum habe ich begonnen, mich wirklich intensiv mit Musik auseinanderzusetzen, dort bin ich in musikalischer Hinsicht aufgeblüht. Geblieben ist auch mein Glaube, der sich am Borromäum gefestigt hat und auch heute noch einen wichtigen Stellenwert in meinem Leben einnimmt“, erzählt er. Er spielt damals Akkordeon, Horn und Klavier.
Nach der Matura schließt er sich der Militärmusik an und nimmt seine Studien auf (Details dazu siehe Textende). Schon mit 19 Jahren unterrichtet Johannes an der Musikschule in St. Johann die Fächer Gesang und Horn. Die Musik, das Unterrichten sind seine Welt, sein Leben. 1999 wird er Direktor der Musikschule Wörgl.
Mit Musik in den Tag
In den letzten Jahren begann Johannes seinen Arbeitstag im Büro in Wörgl immer mit einer Übungseinheit am Horn – gleich morgens, wenn er noch alleine im Haus war. In Innsbruck ist das jetzt schwieriger, „aber das Mundstück nehme ich mit, damit ich den Ansatz erhalten kann“, erklärt er verschmitzt lächelnd. Es ist ihm wichtig, selber regelmäßig zu musizieren, zu singen und auch Auftritte zu absolvieren. „Das ist die Basis, ohne die geht es nicht“, meint er.
Seit einigen Jahren macht er – gemeinsam mit seiner Familie – auch Volksmusik. Eigentlich deshalb, weil sich seine Frau Verena zum runden Geburtstag gewünscht hatte, dass die ganze Familie an einer Musikwoche des Tiroler Volksmusikvereins in Rotholz teilnimmt. Für Johannes kam die Bitte zur rechten Zeit: Er war zum Jurykoordinator beim alpenländischen Volksmusikwettbewerb im Kongresshaus bestellt worden und sah in der Musikwoche eine Gelegenheit, sich tiefer mit diesem Musikzweig auseinanderzusetzen. Johannes und seine Familie – Verena (Gitarre) und die Töchter Sophie (Geige), Miriam (Hackbrett) und Dorina (Kontrabass) – kommen musikalisch ja aus der Klassik und Moderne. Und doch war die gemeinsame Woche ein voller Erfolg, der Funke der Volksmusik sprang auf alle fünf über. Johannes’ Wertschätzung gegenüber der Volksmusik ist inzwischen enorm gestiegen. „Mittlerweile bin ich der Überzeugung, dass sie die Urmusik ist. Ohne Volksmusik gäbe es jegliche andere Richtungen nicht. Selbst Mozart oder Haydn hätten ohne die Grundlagen der Volksmusik nie große Werke schreiben können.“ Inzwischen ist die Familienmusik Puchleitner zu einem Begriff geworden, sie hat zwei CDs eingespielt und ist zu Weihnachten 2021 sogar in der TV-Sendung „Mei liabste Weihnachtsweis“ im ORF aufgetreten. Johannes erzählt es nicht ohne Stolz und mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Für die Volksmusik hat er auch sein Akkordeon wieder aktiviert, das 20 Jahre lang einen Dornröschenschlaf gehalten hatte.
Hobby und Musik
Die Musik ist Johannes’ liebstes Hobby, das er auch mit der Familie teilt, und zugleich sein Beruf.
Er liebt die Pädagogik, liebt es, mit der Jugend zu musizieren, sie weiterzubringen, Talente zu fördern. Deshalb ist er, neben seiner Mitgliedschaft bei der Stadtmusikkapelle Wörgl, auch musikalischer Leiter des „Musighauf’n entan & herentan Inn“, der Jungmusik der Musikkapellen von Wörgl, Angerberg, Angath und Mariastein. „Es ist total schön und erfüllend, mit dem Nachwuchs an Stücken zu arbeiten und zu sehen, wie sich die jungen Menschen entwickeln.“
Die Pandemie war eine Zeit großer Herausforderungen für die Vereine und auch für die Musikschulen des Landes. Mittlerweile ist man überall mit „Distance Learning“ vertraut und technisch so ausgestattet, dass Unterricht unter allen Umständen möglich ist. Tirolweit unterrichten zirka 700 Lehrpersonen an die 18.000 Kinder. „Die Wertschätzung für Musikschulen steigt eigentlich“, weiß Johannes. Weil die Beschäftigung mit der Musik, weil das Üben und Musizieren eine willkommene „analoge“ Abwechslung zum oft digitalen Alltag der Kinder ist. „Sich zu konzentrieren und über die Musik mit sich selber zu beschäftigen, hilft bei der Persönlichkeitsentwicklung und -entfaltung. Gerade in der heutigen Zeit ist das enorm wichtig“, so Johannes.
In seiner neuen Funktion wird er das Land Tirol auch im Bundesfachbeirat „Musik der Jugend“ vertreten und viel unterwegs sein. Für die Musik muss aber immer Zeit bleiben, speziell für das Singen. Im Haus der Bildung im Landhaus II, wo er sein Büro bezogen hat, wird er mit dem Mundstück des Horns nur geräuschlos üben. Aber singen geht nicht ohne Ton, deshalb dürfen sich seine Büronachbarn wohl ab und zu über die schöne, ausgewogene Stimme des Tenors freuen. Vielleicht stimmen sie ja mit ein, und etwas ganz Neues entsteht im Landhaus – wir berichten, wenn es soweit sein sollte …
Biografie Johannes Puchleitner
Studien am Tiroler Landeskonservatorium (Horn), an der Universität Mozarteum Salzburg (Horn und Gesang, Sponsion zum Magister Artium), an der Hochschule für Musik und Theater in München (Konzertgesang bei Prof. Adalbert Kraus, künstlerische Diplomprüfung zum Diplom-Konzertsänger) und am MCI Innsbruck (Musikschulmanagement und Fortbildungsprogramm für Musiker im Managementbereich), 1994–1998 Assistent von Prof. Howard Arman bei den Innsbrucker Capellknaben, 1993–1999 Lehrer für Horn und Gesang an der Landesmusikschule St. Johann in Tirol, 2003–2004 künstlerischer Leiter der Innsbrucker Capellknaben. Als freischaffender Sänger vor allem im Lied- und Oratorienbereich im In- und Ausland tätig, Spezialisierung auf Alte Musik und Zeitgenössische Musik. Als Solist und Ensemblesänger ständiges Mitglied der Neuen Innsbrucker Hofkapelle sowie der Capella Wilthinensis. Zahlreiche CD-Einspielungen. 1999 bis 2021 Direktor der Landesmusikschule Wörgl. Von 2010–2016 Kulturreferent der Gemeinde Wörgl. 2006–2021 Lehrauftrag am Tiroler Landeskonservatorium (Vokalausbildung Wiltener Sängerknaben). Seit Jänner 2022 in der Abteilung Landesmusikdirektion zuständig für fachliche Angelegenheiten der Landesmusikschulen.
Doris Martinz