Laurence Krimbacher-Brissonneau und Victoria Ottilie Scherer vom Verein „komm!unity“ über junge Leute im Krisenmodus und Versäumtes, das nicht aufgeholt ist.

Die Zeiten waren für uns alle schon einmal einfacher. Besonders betroffen von den Einschränkungen in den letzten zwei Jahren waren und sind aber die Jugendlichen. Der Verzicht auf soziale Kontakte traf diese Altersgruppe besonders hart, das betont Laurence Krimbacher-Brissonneau, die im Verein „komm!unity“ in
St. Johann gemeinsam mit Victoria Ottilie Scherer Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 14 und 24 Jahren betreut. Im November 2021 hat der Verein seine Arbeit aufgenommen – zuerst am Schwimmbadweg, seit Anfang Mai dieses Jahres sind die Räumlichkeiten im ehemaligen Sonderpädagogischen Zentrum im Neubauweg untergebracht. Hier empfangen Laurence und Victoria ihre Klientinnen und Klienten; die beiden sind einmal in der Woche aber auch in den Straßen von St. Johann unterwegs, um auf Jugendliche zuzugehen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Als „Moja“ ist dieser Teilbereich ihrer Arbeit betitelt, als „Mobile Jugendarbeit“.

Noch fehlt der Anschluss

Laurence und Victoria wollen wissen, wie es den jungen Leuten geht in der Marktgemeinde, und vor allem wollen sie helfen, wo Hilfe benötigt wird. „Streetworkerinnen“ im Einsatz – ein ungewohntes Bild in St. Johann. Wie sind die Reaktionen? „Sehr unterschiedlich“, sagt Victoria, „so unterschiedlich wie die Menschen, denen wir begegnen.“ Dass sie mit ihren Touren und mit ihrer Arbeit am Neubauweg ihre Zielgruppe erreichen, zeige jedoch die Tatsache, dass sich schon einige Jugendliche beim Verein gemeldet hätten, so Laurence. Die dringlichsten Probleme drehen sich derzeit um Schule und Ausbildung, große Themen seien aber auch Konflikte in der Familie oder im Freundeskreis sowie Bereiche wie Gewalt, Mobbing, Sucht, Umgang mit Geld und Existenzsicherung …
Was den beiden Betreuerinnen auffällt, ist, dass viele junge Menschen noch immer sehr zurückgezogen leben. „Auch die Erwachsenen haben sich wohl oder übel isoliert“, so Laurence, „aber in jungen Jahren macht das was mit einem, wenn man sich über Monate und Jahre nur eingeschränkt mit Gleichaltrigen treffen kann.“ „Sportliche Aktivitäten und vieles andere, das sich indoor abspielt, durfte nicht stattfinden. Viele junge Leute haben den Anschluss in ihrem Verein, in ihren Gruppen noch nicht wieder gefunden, das kann man schon beobachten“, beschreibt Victoria die Situation.
Man könnte meinen, die Jugend versuche in diesen Wochen, das Versäumte – zum Beispiel in der Nachtgastronomie – mit all der Energie, die sich aufgestaut hat, aufzuholen. Doch dem ist nicht so, zumindest bei weitem nicht bei allen Jungen. „Viele müssen erst wieder den Anschluss an ihr Leben finden, wie es vor der Pandemie war“, sagt Laurence. Sie und Victoria wollen den Jugendlichen Angebote machen und ihnen helfen herauszufinden, was ihnen Freude bereit. „Vielleicht war Jugendarbeit noch nie so wichtig wie gerade jetzt“, meint Laurence. Sie ist Germanistin – als geborene Französin unterrichtete sie unter anderem Deutsch als Fremdsprache. Victoria studierte Soziale Arbeit am MCI und engagiert sich für den Verein komm!unity auch im Bereich Integration.

Unterstützung in vielen Belangen

Zu den Aufgaben der „Moja“ St. Johann, die im Verein komm!unity verortet ist und über die Gemeinde St. Johann und Förderungen des Landes Tirol finanziert wird, gehört auch die Vernetzung mit Einrichtungen wie dem Jugendzentrum St. Johann (JUZ) und der Mädchen- und Frauenberatungsstelle. „Die Arbeit der unterschiedlichen Stellen und die Teams ergänzen sich gut“, freut sich Laurence. Sie und Victoria haben immer ein offenes Ohr für Jugendliche und junge Erwachsene, für Probleme und Anliegen, für Fragen und allgemeine Themen. Sie begleiten ihre Klientinnen und Klienten beispielsweise, wenn jene Termine beim Arzt, AMS oder Gericht wahrnehmen müssen; sie unterstützen sie bei der Lehrstellen-, Arbeits- oder Wohnungssuche; sie helfen bei einer akuten Notlage bei der Unterbringung, leisten Unterstützung im Bereich der Existenzsicherung (Mindestsicherungsanträge, Anträge auf Zuschüsse, etc.); sie vermitteln bei etwaigen Konflikten im öffentlichen Raum zwischen Jugendlichen und anderen Gruppen (Parks, Spielplätze, Konflikte mit AnrainerInnen) und vielem mehr. Interessierte können ihre Unterstützung freiwillig, unverbindlich, vertraulich und kostenlos in Anspruch nehmen. Mehr Infos auf www.kommunity.me/mobile-jugendarbeit-st-johann/

Doris Martinz