Mit Ende April wird Marije Moors das Ortsmarketing St. Johann verlassen – hin- und hergerissen zwischen Freude und Wehmut.

15 Jahre sind eine lange Zeit. Oder auch ein Zeitraum, der wie im Flug vergeht – je nachdem, wie man sie erlebt. Für Marije Moors vergingen die Jahre seit der Gründung des Ortsmarketings 2008 unglaublich schnell. „Weil es immer neue Projekte gab, immer neue Ideen.“ Mit Ende April wird sie aus dem Team ausscheiden, um sich beruflich zu verändern.
Die gebürtige Holländerin kam einst für eine Saison an die Skischule in Leogang und blieb dort „hängen“, wie sie augenzwinkernd erzählt. Später ging sie nach Oberösterreich, wo sie im Eventbereich tätig war, bevor sie wieder zurück nach Leogang kam und sich, ohne sich Chancen auszurechnen, beim Ortsmarketing bewarb. „Ich hätte mir nicht gedacht, dass die hier eine Holländerin anstellen würden“, meint sie lachend. Sie trat ihren Job „für ein paar Jahre“ an, aber dann kamen immer neue Herausforderungen, immer neue Projekte wie der Masterplan Ortskern, der Wochenmarkt, die Einkaufsgutscheine, St. Johann als Gesundheitsstandort und und und. „Es gab kein Jahr, in dem wir nicht ein neues, tolles Projekt realisierten.“
Das Ortsmarketing sei gegründet worden, um zu gestalten – nicht zu verwalten. Genau das habe sie mit ihrem Team getan. Für selbstverständlich nahm sie ihren Job nie: „Es ist ein Privileg, wenn es im Ort eine Organisation gibt, die sich mit Neuem und der Zukunft beschäftigen darf. Ich habe viel gemacht, aber ich habe auch viel machen dürfen.“ Marije sagt, sie kenne einige Kolleginnen und Kollegen aus dem Stadtmarketing-Dachverband, die von der Politik ausgebremst werden, deren Handlungsspielraum stark eingeschränkt ist. In St. Johann passe die Struktur, es sei der notwendige Rückhalt da, man dürfe ausprobieren und auch Fehler machen. „So konnte viel passieren.“

Zwiespalt der Gefühle

Rückblickend ist Marije Moors auf vieles stolz, das sie und ihr Team in den letzten 15 Jahren geschaffen und ins Leben gerufen haben. Sie freut sich, dass sie einen Beitrag dazu leisten konnte, dass sich die Menschen in St. Johann wohlfühlen. Und dass sich das Ortsmarketing-Büro von der One-Woman-Show zum fünfköpfigen Team mit starken Kompetenzen entwickelte.
In Zukunft wird sie sich vermehrt ihrer Handelsagentur „Double Dutch“ widmen, über die sie seit mehreren Jahren Wohnaccessoires und Design vertreibt – bislang an den Abenden und Wochenenden. Die Agentur ist ihre Verbindung zu Holland, zur Heimat. Zudem wird sie aber auch Geschäftspartnerin von Bernhard Pletzenauer und in seiner Firma „P3 Event“ in Fieberbrunn einsteigen. Es ist ein Schritt in die Selbständigkeit. „Ich freue mich irgendwie auf die Privatwirtschaft, darauf, mit Kunden zu arbeiten und für sie ein Produkt zu gestalten.“ Natürlich habe ihr aber auch die Arbeit im Ortsmarketing immer getaugt, sagt Marije. Mit begrenzten Mitteln, dafür aber mit viel Engagement und der Unterstützung von vielen Leuten im Ort ein ordentliches Ergebnis zu erreichen, „war immer megacool“. Und doch: „Für mich ist es jetzt Zeit für eine Veränderung, das reizt mich jetzt einfach“, sagt sie und strahlt mich an.
Leicht fällt der Abschied aber nicht. „Das Ortsmarketing ist ein wenig wie meine Firma, ich habe die GmbH ja gegründet. Außerdem waren wir ein super Team, wir verstehen uns gut und hatten viel Spaß bei der Arbeit. Ich werde meine Kolleginnen und Kollegen sehr vermissen.“ Gerade noch leuchteten Marijes Augen, jetzt schimmern sie. Sie wischt sich eine Träne aus den Augenwinkeln. „Ich hätte nicht gedacht, dass mir der Abschied so schwer fällt, da lernt man sich selber kennen, puhh …“ Das Ortsmarketing zu verlassen, sei „cool, schräg, und alles durcheinander“.

„Nicht aus der Welt“

Bis Ende April wird sie noch alles abarbeiten, was zu erledigen ist und alles, was in ihrem Kopf und noch nicht niedergeschrieben ist, an das Team übertragen. Sollte es Fragen geben, steht sie natürlich auch nach ihrem Wechsel noch gerne zur Verfügung. „Ich bin ja nicht aus der Welt!“
Eigentlich hält sie nichts davon, ihrer Nachfolgerin oder ihrem Nachfolger (die Person ist zum Zeitpunkt unseres Gesprächs noch nicht gefunden), Tipps mit auf den Weg zu geben. Außer vielleicht jenen: „In St. Johann hat man die Chance, man darf gestalten. Er oder sie sollte diese Möglichkeiten und die Dynamik nützen und einfach Gas geben.“
Auch den St. Johannerinnen und St. Johannern will sie etwas ausrichten – und zwar, dass sie sich ihren Zusammenhalt, das Vertrauen in das Team des Ortsmarketings und ihre Aufgeschlossenheit für Neues bewahren sollen. Als Beispiel nennt sie den „Weltraum“, den Coworking Space des Ortsmarketings. „Damit der Ortskern lebendig bleibt, müssen zusätzlich zum Einzelhandel neue Nutzungen gefunden werden; aus diesen Überlegungen heraus ist der Weltraum entstanden. Solche Projekte sind in der dörflichen Struktur noch neu und nicht gängig. Dass vierzig Betriebe im Wirtschaftsforum, dass Gemeinde und TVB sagen, jawohl, das ist cool, das machen wir, ist echt vorbildhaft. Das ist das, was St. Johann auszeichnet.“ Marije hofft, dass man im Ort weiterhin mitmacht, Dinge ausprobiert und weiterentwickelt, die Dynamik beibehält.
Und natürlich den Wochenmarkt. Marije wird ihn in Zukunft in ihrer Freizeit besuchen und endlich Gelegenheit haben, das Marktgeschehen ganz entspannt zu genießen, an dem einen oder anderen Stand „hängenzubleiben“ und das Wochenende einzuläuten. Und ein Gläschen zu trinken auf die schöne Zeit beim Ortsmarketing.

Doris Martinz