Wir färben mit Bärbel Aschaber Ostereier und plaudern über das Osterfest mit seinen vielen Bräuchen.

Ich besuche Bärbel Mitte März bei ihr zuhause. Sie zeigt mir, wie sie Eier färbt, sie hat aber auch schon Palmkätzchen und Krepppapier für den Palmbuschen vorbereitet und einen Zopf gebacken – das sind für sie die wichtigsten Dinge beim Osterfest, keines von ihnen darf fehlen.
Die Einstimmung dafür fängt für Bärbel am Aschermittwoch an. „Wenn Jesus vierzig Tage gefastet hat, dann soll das auch für mich eine Bedeutung haben“, so lautet ihre Devise. Seit einigen Jahren fasten sie und ihr Mann Simon in der Zeit vor Ostern nach dem Prinzip des Intervallfastens „16/08“ (innerhalb acht Stunden am Tag essen, 16 Stunden fasten) und eine Woche lang nach den Regeln des Heilfastens. Letzteres in der Karwoche, „weil zu diesem Zeitpunkt die Mondkonstellation besonders günstig ist“, weiß Bärbel. Für alle, die das noch nicht wussten: Der Zeitpunkt, an dem Ostern gefeiert wird, hängt vom Mond ab: Das Fest wird immer nach dem ersten Frühlingsvollmond begangen. Das heißt, in der Karwoche nimmt der Mond ab. Zuletzt sei für sie das Fasten immer wichtiger geworden, sagt Bärbel. „Ist das eine Alterserscheinung?“, fragt sie mich, ohne eine Antwort zu erwarten. Das kann nicht sein, wehre ich dennoch ab. Wohl sei es eher so, dass sie nun, als „Altbäuerin“, einfach mehr Zeit habe, sich um sich selbst zu kümmern, meine ich. Sie nickt. „Obwohl“, sagt sie, „gestern hatte ich alle vier da, so viel Zeit bleibt da gar nicht für mich“. Mit den „vier“ meint sie ihre vier Enkelkinder, das fünfte kam erst ein paar Tage vor unserem Treffen zur Welt.

„Strumpfhosen-Eier“

In der Karwoche ist der Karfreitag für Bärbel besonders wichtig, der Besuch des Kinderkreuzwegs um 15 Uhr war immer ein Muss für sie. Am Ostersonntag lässt sie natürlich die Speisenweihe nicht aus. Wie ihre Mutter es früher getan hat, bäckt heute Bärbel für die ganze Familie den Osterzopf, der bei der heiligen Messe gesegnet wird – samt den schönen, selbst gefärbten Ostereiern. Damit sind wir beim wichtigsten Thema unseres Treffens:
Am liebsten färbt Bärbel die Eier (weiße oder zumindest helle, natürlich aus dem eigenen Stall auf „Notheggen“) ganz natürlich mit Zwiebelschalen. Den Sud dafür hat sie schon vorbereitet: Sie hat dafür die Schale von mehreren gelben Zwiebeln (man kann auch rote verwenden) in einen guten Liter Wasser gegeben, das Ganze aufgekocht und wieder abkühlen lassen. Auch die Feinstrumpfhose, die wir benötigen, hat sie schon hergerichtet. „Normalerweise nimmt man ja eine alte, zerrissene, aber diesmal hatte ich keine“, verrät Bärbel. Also schneiden wir die neue in zirka zehn Zentimeter lange Stücke. Die Strumpfhose ist nass, ist das Absicht? „Ja, sie haftet so besser auf dem Ei“, erklärt Bärbel. Sie zieht den Strumpf-Abschnitt über ein Ei und verknotet ihn an einem Ende. Dann schiebt sie ein Blatt Efeu, das sie noch schnell von draußen geholt hat, zwischen Strumpf und Ei und verknotet das andere Ende. Das ist gar nicht so einfach; ich darf dabei helfen, die Knoten mit einem Bindefaden festzumachen. Statt des Efeus kann man natürlich auch andere Gräser und Kräuter verwenden – je nachdem, was zu dieser Jahreszeit bereits verfügbar ist. Kleeblätter sehen gut aus oder auch Gänseblümchen oder einfach Grasstängel. Bei den nächsten Eiern verzichten wir aber auf all das und verknoten die Strumpfhose einfach seitlich an den Eiern. „Du wirst schon sehen, das wird schön!“, sagt Bärbel. Ich bin gespannt. Die „Strumpfhosen-Eier“ legt sie in den kalten Sud und schaltet erst dann die Herdplatte ein. „So soll die Farbe intensiver werden.“ Acht Minuten lang lassen wir die Eier im Zwiebelsud kochen. Als sie etwas abgekühlt sind, schneiden wir die Knoten auf, streifen die Strumpfhose ab und fertig sind die „schönsten Ostereier unter der Sonne“: Sie haben von der Zwiebelschale eine hübsche rotbraune Färbung angenommen. Dort, wo der Efeu das Ei bedeckte, griff – wie beabsichtigt – die Farbe nicht. Es sieht aus, als hätte man das Efeublatt auf das Ei gemalt – toll! Fast noch schöner ist aber das Ergebnis des Knotens: Er hinterlässt auf den Eiern geheimnisvolle, helle Strahlen. Ich finde, diese Eier schauen schon jetzt – noch bevor sie in der Kirche gesegnet werden – irgendwie „heilig“ aus. Bärbel lacht, gibt mir aber Recht.
Bärbel hat nichts gegen „heilige Eier“, für sie gehören die Ostertraditionen und der Glaube untrennbar zusammen. Auch wenn Glaube und Kirche nicht immer dasselbe seien, meint sie. Ihr Glaube hilft ihr in schwierigen Lebenslagen: „Da fange ich sofort zu beten an, da brauche ich gar nicht nachzudenken. Das hilft mir“, sagt sie. Für sie sei das Gebet eine Art Meditation, es beruhige und erleichtere. „Man muss auf Gottes Beistand vertrauen, wie man auch dem Arzt vertrauen muss, wenn man ihn braucht.“ Ihre Gebete seien letztendlich immer erhört worden, sagt sie. Sie besuche übers Jahr am Sonntag oft die heilige Messe, übertreibe es damit aber auch nicht: „So extrem eifrig bin ich nicht, ich bin normal eifrig.“

„Verpflanzt“

Bärbel und Simon verließen vor fünf Jahren den Notheggen-Hof, um den jungen Bauersleuten, ihrem Sohn An­dreas und seiner Frau Felicia, Platz zu machen, sie bewohnen heute ihr neues Haus auf der anderen Straßenseite. „Es war nicht einfach, ich bin da nicht so leicht weggegangen“, gesteht Bärbel. Ein Jahr habe der Abschied gedauert. Während dieses Jahres habe sie Stück für Stück ihres Haushalts übersiedelt und sich damit Schritt für Schritt auch selbst „verpflanzt“. Am Notheggen-Hof sind sie und Simon immer noch für die Kompostierungsanlage zuständig. Simon übernimmt in der Früh auch das Melken und das Einfüttern der Kühe, Bärbel macht dann fertig und füttert die Hühner. Dreimal in der Woche kocht sie für die ganze Familie, dreimal in der Woche ihre Schwiegertochter Felicia. „So komme ich nicht draus, und Felicia kommt drein.“ Andreas ist nicht nur Bauer, sondern auch Landmaschinenmechaniker-Meister, abends übernimmt er die Arbeit im Stall. Die Aufgaben am Hof sind auf viele Hände aufgeteilt. „Das passt super“, sagt Bärbel.
Sie freut sich, wenn die Enkerln zu Besuch kommen und liebt es, mit ihnen in den Wald zu gehen. „Da gibt es immer viel zu entdecken, Schneeglöckchen oder Knochen, die ein Fuchs übriggelassen hat“, erzählt sie schmunzelnd. Und wer weiß: Vielleicht begegnet ihnen in diesen Tagen ja auch der Osterhase?

Doris Martinz