Warum man vor einem Krankenhausbesuch keine Angst zu haben braucht, lernen Vorschulkinder im Teddykrankenhaus
Eben war Teddy noch mit seinen Freunden lustig beim Rollerfahren, (ohne Helm, nebenbei gesagt) da findet er sich plötzlich am harten Asphaltboden wieder. Der Arm tut ihm schrecklich weh und auf seiner ungeschützten Stirn – eine große Wunde. Schnell rufen seine Freunde die Rettung und kurz darauf hört er schon die Sirenen und sieht das Blaulicht des Krankenwagens. Nun ist ihm aber ordentlich mulmig zumute! Was wird man wohl alles mit ihm machen?
Neugierige Besucher
Kinderärztin Dr. Petra Hengl und Pflegefachfrau Sara Kranebitter, Bereichsleitung Kinderabteilung strahlen, wenn sie vom Teddykrankenhaus sprechen. Die beiden sind maßgeblich an der Organisation und Umsetzung beteiligt und freuen sich über die große Nachfrage und dem positiven Feedback dieses besonderen Events.
Das Teddykrankenhaus ist ein internationales Projekt der IFMSA (International Federation of Medical Students Associations) und findet auch in Österreich mehrfach statt. Das Besondere am Teddykrankenhaus in St. Johann in Tirol ist, dass die Kinder die verschiedenen Abteilungen in „ihrem Krankenhaus“ hautnah miterleben können.
In Gruppen bis zu 20 Personen lernen die Fünf- bis Sechsjährigen die verschiedenen Stationen im Krankenhaus auf spielerische und lustige Art kennen, ohne wie der verunglückte Teddy unter Schmerzen leiden zu müssen. „Ziel ist, den Kindern die Angst vor dem Krankenhaus zu nehmen“, erklärt Petra. Damit dies neben dem Krankenhausbetrieb reibungslos abläuft bedarf es einer guten Struktur, die Sara und Xaver Groll, Bereichsleitung Innere Medizin-Aufnahme, ausgeklügelt und gemeinsam mit den teilnehmenden Abteilungen liebevoll ausgearbeitet haben. „Es ist toll, wie die Kolleg:innen mit Freude dabei sind und sich einbringen“, so Sara. Sogar die Rote Nasen Clowndoctors nehmen sich an diesen Terminen Zeit und bringen die kleinen Besucher mit ihren Darbietungen zum Lachen. Gut zu wissen ist auch, dass die freiwillige Rettung immer von der Heimatgemeinde der Vorschulkinder mit dabei ist und für die fachgerechte Übergabe Teddys an die Unfallambulanz sorgt. „Derzeit richtet sich das Angebot primär an die Gemeindekindergärten der zwanzig Gemeindeverband-Träger“, erklärt Sara. Da der Andrang sehr groß ist, wird man sich künftig auch eine Lösung für die umliegenden Gemeinden überlegen.
Eine Win-Win-Situation
Patient:innen, die Zeugen von dieser Aktion sind nehmen es mit Humor – eine neugierige Kinderschar mit „verletzten“ Stofftieren unterm Arm ist wohl auch eine willkommene Abwechslung im Warteraum.
Zwei Stunden, von 8 bis 10 Uhr dauert ein Termin im Teddykrankenhaus. So lange ist die Aufmerksamkeitsspanne der Kinder garantiert, und nachdem zum Schluss die Rezepte für Trostpflaster und Gummibärchen bei der „Apotheke“ eingelöst werden, fahren alle glücklich und mit zahlreichen spannenden Eindrücken nach Hause. Die schönen Rückmeldungen sowohl von den Kindern als auch den Kindergartenpädagog:innen und Eltern bestätigen, dass das Teddykrankenhaus eine wichtige und positive, präventive Einrichtung für Kinder ist. Sara kann beispielsweise von einem Fall berichten, wo ein junger Bub vor dem Besuch im Teddykrankenhaus nicht schlafen konnte, weil ihm das Krankenhaus durch seine persönliche Krankengeschichte als sehr unangenehm in Erinnerung geblieben ist. Als er dann jedoch mit den anderen Vorschulkindern Teddy von Station zu Station begleiten durfte, wollte er gar nicht mehr nach Hause. Auch kommt es immer wieder mal vor, dass Kinder, die nach ihrem Besuch im Teddykrankenhaus mal ins St. Johanner Bezirkskrankenhaus müssen, fragen, wo denn Teddy sei.
Von großen Fotoapparaten und kunterbunten Gipsen
Doch was genau passiert denn nun wirklich mit Teddy, nachdem die Rettung ihn ins Krankenhaus gebracht hat?
Durch einen Geheimgang geht es mit der Gruppe an Vorschulkindern zur Unfallambulanz, wo Teddy von der Rettung entgegengenommen wird. Mit vereinten Kräften wird er weiter in die Röntgenabteilung geschoben, der riesige Fotoapparat ist besonders spannend. In weiterer Folge wird die Wunde an Teddys Stirn je nach Zustand getackert oder genäht und bei jedem Schritt dürfen die jungen Besucher assistieren und Fragen stellen. Plötzlich ruft die Röntgenabteilung an und meint, dass der Arm von Teddy leider gebrochen ist. Oje, armer Teddy! Doch mit dem bunten Leichtgips, der rasch angelegt werden kann und schnell aushärtet – davon überzeugt man sich mit vorsichtigem Klopfen – wird der Arm bald wieder.
In kleineren Gruppen werden Fingerpieks, Blutdruck- und Pulsmessung und vieles mehr erklärt und gezeigt. Das Beste ist, dass das alles an den eigenen mitgebrachten Stofftieren ausprobiert und geübt werden kann. Im Vorfeld haben sich die Kinder verschiedene Gebrechen für ihre Stofftiere überlegt, die alle geduldig behandelt und besprochen werden. Besonders toll sind beispielsweise die klebenden Verbände, mit denen sich auch verletzte Stoffhasenohren verarzten lassen. Einige Plüschtiere kommen mit offenen Stoffwunden, die ordnungsgemäß genäht und verbunden werden.
Zur Stärkung gibt es eine gesunde Jause, dafür sorgt das Küchenteam vom Krankenhaus. Frische Gemüsesticks mit Dip und vieles mehr geben Kraft und schmecken superlecker.
Gute Besserung, Teddy!
Teddys Arm und die Wunde an der Stirn sind nun fachgemäß verarztet. Was für ein Tag! Wie gut, dass er von so vielen lieben Kindern und freundlichen Ärzt:innen und Krankenpfleger:innen begleitet wurde. Nachdem auch er Trostpflaster und Gummibärchen erhalten hat, darf er nach Hause. Das nächste Mal, wenn er wieder mit Roller fährt, wird er bestimmt seinen Helm aufsetzen!
Viktoria Defrancq-Klabischnig