Bereits im Artikel vom Juli 2021 „Probleme mit den Nachbarn – was tun?“ (nachzulesen auf der Homepage der Advocatur Böhler www.ad.voc.at unter „Rechtlich Spannendes“) wurde das Thema Immissionen vom Nachbargrundstück angesprochen.
In § 364 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) ist geregelt, dass ein Grundstückseigentümer von einem Nachbarn, die von dessen Bäumen oder anderen Pflanzen ausgehende Immission, also Entzug von Licht und Luft, nicht akzeptieren muss, er kann es sogar untersagen und die Entfernung der Bäume oder anderer Pflanzen fordern. Dies ist jedoch nur dann zulässig, wenn die Einwirkung ein nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliches Maß überschreitet und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Grundstückes führt.
Daraus ergibt sich, dass jeder Fall individuell und je nach örtlicher Situierung und vorhandenen Gegebenheiten zu betrachten ist. Kein Fall gleicht hier dem anderen, wie so oft in juristischen Angelegenheiten. Zu diesem Thema beschäftigte sich jüngst der Oberste Gerichtshof (OGH). In diesem speziellen Fall hatte die Klägerin 2014 eine mittelalterliche Burganlage mitten im Wald erworben. Zum Zeitpunkt des Erwerbs waren die umstehenden, auf dem Nachbargrundstück befindlichen, Bäume bereits zwanzig und mehr Meter hoch. Die Klägerin wollte, dass ihr Nachbar diese Bäume entfernt, da sie ihrem Grundstück Licht und Luft entziehen würden. Der OGH kam in seiner Entscheidung vom 28.03.2023 (4 Ob 44/23h) jedoch zu dem Ergebnis, dass die Bäume bestehen bleiben dürfen. Die beim OGH durch die Klägerin eingebrachte Revision wurde zurückgewiesen. Die Klägerin hat den Fall also verloren.
Begründet wurde das Urteil durch den OGH dahingehend, wobei er der Rechtsansicht der Vorinstanzen folgte, dass sich die Klägerin als neu hinzugekommene Nachbarin mit der im Gebiet vorherrschenden Situation abfinden muss und sich deshalb nicht gegen die Beschattung ihres Grundstückes durch den umliegenden Wald wehren kann. Ein Sonderfall, wie bspw. Gefährdung einer Person oder Sache, lag hier nicht vor.
Da die Klägerin beim Kauf des Grundstückes die Situation kannte, musste sie diese auch akzeptieren. Wehren kann man sich also nur dann, wenn bei einem aufrechten Eigentumsverhältnis die Bäume über das normale Maß hinauswachsen oder eine Gefährdung von Personen oder Sachen vorliegt.
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