2023 war eines der erfolgreichsten Jahre, rasant gestiegene Kosten verursachen nun aber Druck. Wer kann helfen?

Als ich in der Mediathek zur Tür hereinkomme, sitzt gleich rechts beim Eingang, in der gemütlichen Leseecke, ein Vater mit seinen beiden Kindern. Er liest aus einem Bilderbuch vor, die Kleinen kuscheln sich an ihn, schauen mit großen Augen in das Buch und lauschen. Und das im Zeitalter von Mobiltelefon, Tablet, Virtual-Reality-Brillen und Co. Was für ein schöner Anblick!
Dieser Vater macht vieles richtig: Er liest seinen Kindern vor, fördert damit ihren Wortschatz, trainiert ihre Konzentration, vermittelt Wissen und Geborgenheit und unterstützt ihre spätere Lesekompetenz. Ohne diese Kernkompetenz würden sie später im Leben nicht weit kommen. Deshalb sind Bibliotheken wie die Mediathek so wichtig: Sie bieten Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten und allen Altersstufen einen niederschwelligen Zugang zu Büchern und anderen Medien und damit zu Wissen und Unterhaltung. Sie sind aber auch sozialer Treffpunkt: In der Mediathek gibt es eine Kaffeemaschine und Ecken, in die man sich zurückziehen kann – allein oder in Gruppen. Es sind immer Leute da, mit denen man sich über Bücher unterhalten kann. Menschen wie Hannes und Michaela.

Loch im Budget

Hannes Hofinger hat die Mediathek 2009 ins Leben gerufen und sie in den letzten 15 Jahren – als ehrenamtlicher Mitarbeiter, ohne einen Cent damit zu verdienen, wohlgemerkt – zu dem gemacht, was sie heute ist: ein Vorzeigeprojekt, das Abordnungen anderer Gemeinden aus der näheren und weiteren Umgebung anzieht. Sie alle wollen wissen, wie man eine Bibliothek mit zirka 18.000 Medien, 20.000 E-Medien (Bücher, Hörbücher, CDs, DVDs) und über tausend aktiven Leserinnen und Lesern aus der ganzen Region aufbaut und erfolgreich betreibt.
Die Freude darüber, wie gut es läuft, ist ihm und seiner Tochter Michaela während unseres Gesprächs anzusehen. Solange, bis wir über die Finanzen reden. Hannes legt die Stirn in Falten. „Die Betriebskosten wurden um 66 Prozent erhöht, die Mietkosten um 13 Prozent. Mit den Preissteigerungen in anderen Bereichen kommen wir auf 20.000,- Euro, die uns heuer im Budget fehlen“, erklärt er. Alles andere als ein einfacher Start für Michaela Hofinger, die ihrem Vater als stellvertretende Leiterin der Mediathek seit September 2023 zur Hand geht – nicht ehrenamtlich, sondern als fest angestellte Teilzeit-Mitarbeiterin des Mediathekvereins.
Sie war dabei, als ihr Vater 2009 die noch leeren Räumlichkeiten auf dem Dachboden der Volksschule einrichtete und band mit ihm bis spät in die Nacht Bücher ein. Sie absolvierte den Bibliothekskurs, noch bevor sie sich in Innsbruck zum Studium der Betriebswirtschaft und Wirtschaftspädagogik einschrieb und ihren Master ablegte. „Lern’ was Gscheits, hat der Papa immer gesagt“, erzählt Michaela augenzwinkernd. Nach Jobs bei international agierenden Unternehmen bewarb sie sich letztes Jahr für die ausgeschriebene Stelle als Bibliothekarin in der Mediathek. Auch deshalb, weil sonst keine passenden Bewerbungen eingingen, die überzeugten. Manche meinen, sie sei überqualifiziert, sagt die 35-Jährige. „Aber wie kann es schaden, dass ich Erfahrungen aus der Wirtschaft mitbringe?“
Neben ihrer Tätigkeit in der Mediathek gibt sie Schulungen für ehrenamtliche Biblio­theksmitarbeiter:innen in ganz Österreich. Sie ist vom Fach, soviel ist sicher. Und sie hat in der Mediathek ihren Platz, ihre Heimat gefunden. „Ich tu das wahnsinnig gerne, das erste halbe Jahr war einfach wunderschön.“ Zu ihren Aufgaben gehört – einfach alles: das Bücher-Einsortieren und Regale-Putzen genauso wie die Event-Organisation, die Social-Media-Betreuung und die Kundenberatung. Sie liebt es, sich mit anderen „Bücherwürmern“ auszutauschen und liest selbst Bücher aller Genres – auch Mangas und Comics.

Sponsoren gesucht

Aber wie wird Michaela die finanzielle Situation meistern? Am besten wohl mit der Unterstützung ihres Vaters, der sich nun – auch wenn es ihn mit seinen 76 Jahren dort und da gesundheitlich „zwickt“ – nicht gleich völlig aus dem Geschehen zurückziehen wird. Festgelegt ist, dass die Mediathek im August aus Spargründen geschlossen bleibt, und dass manche Veranstaltungen abgesagt werden müssen. Was bleibt, sind unter anderem der Manga-Day im Herbst und drei „Lese-Kaffee“-Treffen (das erste am 26. März. Details auf der Homepage). Fixiert sind Aktivitäten wie die Zusammenarbeit mit dem neuen Eltern-Kind-Zentrum. Michaela will die Bibliothek noch mehr nach außen öffnen, Kooperationen mit den verschiedensten Institutionen und Kulturbetrieben eingehen und mehr.
An Ideen mangelt es nicht – aber am Geld. „Die Sachbuchabteilung, also der hintere Teil der Mediathek, kam 2012 dazu. Die Firma Egger hat dafür die Spanplatten spendiert, die Regale habe ich gebastelt“, erinnert sich Hannes Hofinger. „Eigentlich müsste die gesamte Sachbuchabteilung aktualisiert werden.“
Ideal wäre es auch, jemanden zu finden, der in den nächsten Jahren die Anschaffung der Bestseller sponsert, so Michaela. Möglichkeiten der Unterstützung gibt es viele. Vielleicht findet sich jemand, der über die finanziellen Möglichkeiten verfügt, etwas Sinnvolles für die Gesellschaft zu leisten und der Mediathek kräftig unter die Arme zu greifen? Oder kennt jemand jemanden, dem man das zutrauen würde? „Wir würden uns bei dieser Person mit einer lebenslangen Mitgliedschaft bedanken“, so die Mediathek-Leiterin. Bislang ist Sepp Gran­-
der, Bürgermeister im Jahr der Gründung der Mediathek und wichtiger Förderer, die einzige Person im Besitz dieser Karte – bestimmt würde er sich über Gesellschaft freuen.
So, wie sich Michaela jedes Mal freut, wenn sie die Tür zur St. Johanner Bücherwelt öffnet und den Duft der abertausenden gedruckten Seiten einatmet. Ihr Herz hüpft, wenn die ersten ehrenamtlichen Helferinnen und Leseratten eintreffen, wenn sie sich mit ihnen über die neuesten Erscheinungen austauscht und kleinen Leser:innen ganze Stapel an wunderschönen Bilderbüchern zum Ausleihen überreicht. Bücher sind Freunde. In der Mediathek sind die besten anzutreffen, und manche haben zwei Beine … 

Doris Martinz

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