„Jeder Quadratmeter zählt“, weiß Umweltreferentin Susa Hartrumpf. Und auch, warum Biodiversität wichtig ist.
Es ist nur ein ganz kleines Stückchen Wiese. Aber der Mohn leuchtet Anfang Juni so rot, dass niemand vorbeikommt, ohne einen Blick auf seine wunderschönen Blüten zu werfen. Ein blühendes Stück Natur, mitten im Ort. Zwischen Unterführung und Bahnübergang. Vor zwei Jahren noch gar nicht existent in der Wahrnehmung der Passantinnen und Passanten. Und jetzt ein Blickfang, ein Quell der Freude, der vielen ein Lächeln auf die Lippen zaubert.
Die kleine Mohnwiese ist eines von vielen Flecken Erde in der Gemeinde, die sich im Zuge des neuen Grünflächenmanagements verändert haben. Die Maßnahmen, gesetzt nach dem „Leitfaden zur biodiversitätsfördernden und klimafitten Gestaltung von öffentlichen Grünflächen der Marktgemeinde St. Johann in Tirol“, zeigen Wirkung.
Susa Hartrumpf freut sich sehr darüber. Seit acht Jahren ist sie als Gemeinderätin Mitglied des sechsköpfigen Umweltausschusses, seit zwei Jahren dessen Referentin. Sie hat daheim selbst einen großen Garten zu betreuen. Früher pflegte sie mit Hingabe ihren englischen Rasen, heute hat der Mäher nicht mehr viel zu tun. Das eintönige Grün ist Flächen mit Kräuterrasen und Bienenweiden gewichen. Zumindest dort, wo die Hühner nicht hinkommen. Am Tag unseres Gesprächs verspätet sie sich um ein paar Minuten, weil eine der aus jahrelanger Bodenhaltung geretteten Hennen Probleme mit einem Bein hat. „Ich habe ihr jetzt einmal ein Schmerzmittel verabreicht, dann werden wir weitersehen, sagt sie.
In gewisser Weise verarztet die Unternehmerin – sie betreibt den „Milk Changing Room“, ein Modegeschäft in der Speckbacherstraße – als Umweltreferentin auch die Grünflächen der Gemeinde. Jene verwandeln sich nun – einem Masterplan folgend – in blühende Oasen.
Es blüht umfassender Nutzen
Das Bunt der Blüten ist schön fürs Auge. Aber die neu gestalteten Grünflächen können noch viel mehr: „Wenn sie entsprechend ihrer Bodenbeschaffenheit in Wildblumenwiesen oder Kräuterrasen verwandelt werden, ist das gut für die Biodiversität. Mehr Blüten ziehen mehr Bienen und andere Insekten an, die wir auch für die Bestäubung in der Landwirtschaft brauchen“, erklärt Susa. „Außerdem sind die Flächen, wenn sie sich einmal gut entwickelt haben, mit viel weniger Aufwand zu pflegen. Das bedeutet eine Entlastung des Bauhof-Teams – es muss weniger gemäht und gewässert werden.“
Zwischen zwei und 300 Quadratmeter groß sind die Flächen: Verkehrsinseln, Gehwegstreifen, Brachland. In ihrer Gesamtheit erweisen sie sich als wichtige Temperatur- und Mikroklimaregulatoren und wirken der Hitzeentwicklung im Ortszentrum entgegen. Wildblumenflächen sind auch Luftfilter, sie ergänzen die Filterwirkung von Bäumen erheblich. Sie sind widerstandsfähiger gegenüber Temperatur- und Witterungsextremen und erholen sich nach Extremereignissen schneller. Die bunten kleinen Wiesen sind vielfältige Lebensräume und bieten Nahrung, Nistplätze, Überwinterungs- und Unterschlupfmöglichkeiten für Insekten, aber auch für Vögel, Reptilien und Kleinsäuger. Viele Tierarten sind auf verschiedene Teillebensräume angewiesen und wandern zwischen Biotopen. Öffentliches Grün bietet eine gute Möglichkeit, Lebensräume miteinander zu vernetzen. Das Bodenleben von Wildblumenflächen kann zudem 25 Mal höher sein als jenes von Gebrauchsrasen.
Für das Grünflächenmanagement hat die Gemeinde St. Johann ein eigenes Budget geschnürt. In zehn Jahren sollten sich die Ausgaben dafür amortisiert haben, da die Flächen einfacher und kostengünstiger instandzuhalten sind. „Der Bürgermeister steht übrigens voll hinter den Maßnahmen, er hat bei sich daheim selbst eine der schönsten Blumenwiesen in ganz St. Johann“, weiß Susa. Wie schön. Man kann wohl davon ausgehen, dass uns in St. Johann in Zukunft noch so einiges „blüht“.
Doris Martinz