Ehrenamtliche Mitarbeiter:innen bereitet die aktuelle Situation einiges an Kopfzerbrechen.

Vor 15 Jahren rief Hannes Hofinger die Mediathek ins Leben und entwickelte sie in den Jahren unentgeltlicher (!) Arbeit zu einem Vorzeigeprojekt der Gemeinde St. Johann. Immer wieder stellten sich Abordnungen anderer Kommunen ein, um sich anzusehen, wie man eine florierende Bücherei beziehungsweise Mediathek aufbaut und betreibt. Mehr als eintausend aktive Mitglieder aus der ganzen Region wählen aus 20.000 Medien (Bücher, Hörbücher, Tonies, DVDs) und zirka 25.000 digitalen Medien (eBook, eAudio, Filmfriend …) und zahlen jährlich ihren Mitgliedsbeitrag. Von Jänner bis Ende Juli wurden heuer bereits mehr als 30.000 Medien verliehen – Zahlen, die beeindrucken.
Da Hofinger ankündigte, sich heuer endgültig in den wohlverdienten Ruhestand zu verabschieden, trat seine Tochter Michaela die Nachfolge an. Nicht „in Thronfolge“, sondern auch deshalb, weil es – trotz Ausschreibung – keine anderen geeigneten Bewerber:innen für die Position gab. Mit 1. August hat Michaela Hofinger jedoch gekündigt. Der Grund: Da sie nun alle Leitungsaufgaben des scheidenden Mediathek-Leiters übernehmen sollte, bat sie um eine Erhöhung des Beschäftigungsumfangs von 30 auf 35 Wochenstunden. Die Gemeinde sieht sich jedoch nicht in der Lage, sie ihren Aufgaben entsprechend zu honorieren. „Dabei arbeitet Michaela ohnehin immer mehr“, sagt Gerlinde Krenn, seit fünf Jahren ehrenamtliche Mitarbeiterin der Mediathek, kopfschüttelnd. „Ich mache mir Sorgen, wie es nun ohne Führung weitergehen soll.“ Es sind Bedenken, die sie mit Katharina Waltl teilt. Die 69-jährige Fieberbrunnerin hilft schon seit 13 Jahren in der Mediathek aus, die Räumlichkeiten auf dem Dachboden der Volksschule sind wie ein zweites Zuhause für sie. Katharina befürchtet, dass man die Leitung der Mediathek und damit die Verantwortung für viele Bereiche nun auf sie und die weiteren neun Ehrenamtlichen abwälzt. „Aber das kann nicht funktionieren!“
Sie erklärt, dass die leitende Person und einige Freiwillige die bibliothekarische Ausbildung abgeschlossen haben müssen, damit weiterhin Subventionen von Land und Bund fließen. Man kann also nicht beliebige Mitarbeiter:innen einsetzen.

Umfassende Aufgaben

Die Führung der Mediathek umfasst viele verschiedenen Aufgaben, dazu gehört unter anderem die Verwaltung von insgesamt 4.000 Mitgliederadressen und -daten, das Kassieren der Mitgliedsbeiträge, der Ankauf von Neuerscheinungen, die Organisation und Bewerbung von Veranstaltungen wie des Comic-Tags, der Kindernachmittage, der Lese-Cafés und mehr, die Einteilung der Ehrenamtlichen, das Betreuen der Social-Media-Kanäle und vieles mehr. „Das alles ist mit viel Verantwortung verbunden, die man Freiwilligen nicht aufbürden kann“, so Gerlinde. Die 54-jährige St. Johannerin fügt hinzu: „Ich für meinen Teil werde nicht weiter mithelfen, wenn sich niemand findet, der die Leitung der Mediathek übernimmt.“

Wichtiger Bildungsauftrag

Es geht in der Mediathek ja nicht nur um Unterhaltung, sie erfüllt einen wichtigen Bildungsauftrag“, weiß Katharina. Gerade in Zeiten, in denen immer mehr Kinder eine Leseschwäche aufweisen, brauche es Bibliotheken und damit den niederschwelligen und kostengünstigen Zugang zu Büchern. „Außerdem ist die Mediathek ein wichtiger sozialer Treffpunkt für alle Genera­tionen. Hier lernt man Gleichgesinnte kennen, tauscht sich aus und diskutiert über Gott und die Welt“, weiß Gerlinde. „Solche Treffpunkte sind doch gerade in unserer digitalisierten Welt unverzichtbar“, fügt Katharina hinzu.
Sollte es keine passende Nachfolge mit entsprechender Ausbildung geben, befürchten beide einen Qualitätsverlust. „Dann kommen weniger Leute, es gibt weniger Einnahmen und vielleicht auch keine Subventionen mehr, und es heißt plötzlich, die Mediathek ist nicht mehr tragbar“, befürchtet Katharina. „Das wäre ein immenser Verlust für die Gemeinde“, so Gerlinde.
So weit wird es hoffentlich niemand kommen lassen. Bestimmt gibt es Kräfte in der Gemeinde, die schon an einer Lösung arbeiten. Wir berichten weiterhin …
Doris Martinz