Maria Schmidt zertifiziert private und öffentliche Gärten im Rahmen der Initiative „Natur im Garten“.

Vor zwei Jahren haben wir Maria und ihren Mann Harald sowie ihre Arbeit auf dem Bauernhof „Artenreich“ in Going in unserer Zeitung vorgestellt. Statt Milchkühen tummeln sich dort ein paar Schafe, Hühner und Hasen. Der Ertrag wird nicht in Litern oder Kilogramm gemessen, sondern in Artenvielfalt. Ungedüngte Felder, Trockensteinmauer, Biotop, Dornenhecke und Totholzhaufen sorgen dafür, dass sich Kleintiere­ und Insekten wohlfühlen und ansiedeln. Unter ihnen auch so seltene Arten wie die Blauflügel-Prachtlibelle oder der Neuntöter, eine gefährdete Vogelart.
Vor ein paar Monaten hat sich Maria beruflich verändert: Von der Stadtgemeinde Kufstein wechselte sie ins Regionalmanagement regio³ und Regio-Tech in Hochfilzen, wo sie jetzt die Position der Bildungskoordinatorin für die Bereiche Klima und Umwelt bekleidet. Ihr Aufgabenbereich ist vorrangig die Bewusstseinsbildung zu den genannten Themen. Sie arbeitet mit Schulen und Kindergärten zusammen, ist aber auch in der Erwachsenenbildung aktiv. Die Stelle ist wie geschaffen für die ­Goingerin. Sie will die Thematik nicht mit erhobenem Zeigefinger angehen, sondern in den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ein gesundes Verantwortungsbewusstsein wecken und ihren Blick schärfen für die Schätze der Natur. „Vielleicht treffen die Jungen später im Leben dann Entscheidungen, die der Umwelt zugutekommen, das ist mein Ziel“, erklärt Maria. Für die Projekte kommt sie selbst in die Klasse, oder sie vermittelt Experten. Wissen weiterzugeben ist wichtig, denn: „Man kann nur das schützen, was man kennt!“

„Natur im Garten“

Intensiv betriebene Landwirtschaft lässt die Lebensräume vieler Insekten und anderer Tiere schrumpfen. Maisfelder oder Wiesen, die zur Heu- oder Silogewinnung genützt werden, liefern kaum Nahrung. Umso mehr Bedeutung kommt den privaten und öffentlichen Gärten zu. „Wer auf den „englischen Rasen“ verzichtet und blühen lässt, was Bienen und andere Insekten nährt, kann wichtige Inseln der Biodiversität schaffen“, weiß Maria. Vom Tiroler Bildungsforum wurde die Initia­tive „Natur im Garten“ ins Leben gerufen. Dabei haben Hobbygärtner und auch Gemeindeteams die Möglichkeit, sich bei der naturnahen Garten- und Grünflächengestaltung von einer Expertin/einem Experten beraten zu lassen. Sind bestimmte Kriterien erfüllt, erhalten sie die Plakette „Natur im Garten“. Maria Schmidt ist diese Expertin für die Bezirke Kitzbühel und Kufstein. Sie besucht private Gartenbesitzer:innen und Gemeindebedienstete, gibt Tipps und lädt zur Verleihung der Plakette, wenn die Kriterien erfüllt sind. Dazu zählen beispielsweise der Verzicht auf Kunstdünger und Pestizide, entsprechende Bepflanzung, der Einsatz von Totholz, das Schaffen von Trocken- bzw. Feuchtbiotopen und mehr. Maria kam übrigens zu mir nach Hause in meinen „Mini-Garten“ und nahm mein „Grünzeug“ in Augenschein. Dass ich mit dem Unkraut-Jäten ziemlich in Verzug geraten bin, nahm sie als Pluspunkt. Gefallen hat ihr auch mein „Wildes Eck“, das sich die Brennnesseln am Waldrand erkämpfen. Auch der angelegte Totholzhaufen fand Zustimmung, und die Auswahl meiner Blumen. Sie gab mir tolle Tipps dafür, welche Pflanzen sich in meinem kleinen Paradies wohlfühlen würden und zugleich von Nutzen für Insekten und Kleintiere wären. Ich werde sie gerne beherzigen. Im November hole ich mir bei der offiziellen Verleihung die Plakette ab, hurra!
„Lokale Initiativen sind wichtig für unsere globalen Herausforderungen“, erklärt Maria. Natürlich brauche es die politischen Rahmenbedingungen, aber wir alle können im eigenen Garten oder auch auf dem Balkon einen wertvollen Beitrag für mehr Artenvielfalt leisten.

Es geht nur gemeinsam

Das Interesse seitens der Bildungseinrichtungen, der Kommunen und Privaten an Marias Arbeit stimmt sie positiv: „Ich habe schon den Eindruck, dass es immer mehr Biodiversitätsflächen gibt, dass es immer mehr Bewusstsein für die Problematik schwindender Artenvielfalt gibt“, sagt sie. Manchmal würde sie zwar belächelt, wenn sie leidenschaftlich über die Bedeutung von Wildbienen spricht, aber die Zahlen belegen: Die Bestäuberleistung von Wildbienen beläuft sich in der EU auf einen Wert von 15 Milliarden Euro. „Man kennt diesen konkreten ökonomischen Wert und weiß, dass es ein Umdenken braucht, auch in der Landwirtschaft.“ Das gehe nicht von heute auf morgen, weiß Maria. Wichtig sei, dass es in die richtige Richtung geht.
Das Grünflächenmanagement der Gemeinde St. Johann sei in diesem Zusammenhang vorbildlich, sagt sie. Maria hofft, dass sich andere Kommunen anschließen. Wenn wir etwas bewegen wollen, müssen wir alle zusammenhelfen – denn es gibt keinen Planet B.

Doris Martinz