„Working Mum“ AnnA Wöll erzählt davon, wie sie Familie und Beruf unter einen Hut bringt.

Frühmorgens, wenn alle noch schlafen, schlüpft AnnA aus dem Bett. Es ist die Zeit des Tages, die ihr gehört. Sie schwingt sich auf den Crosstrainer, macht Yoga oder lässt den Hula-Hoop-Reifen um die Hüfte kreisen. Dann schickt sie noch schnell ein Instagram-Posting los, das die Verkäufe ankurbeln soll. Das alles, noch bevor der Rest der Familie in den Tag startet.
„Der Sport darf nicht zu kurz kommen, das ist mir wichtig“, erzählt sie bei unserem Treffen. Andere Dinge bleiben dafür auf der Strecke: Ein Buch lesen beispielsweise, oder gemütlich einen Kaffee trinken. Mit drei Kindern und einem Job ist das kaum drin. Damit ihr Alltag überhaupt funktio­niere, brauche es viel Planung, so AnnA, die ihren Namen mit einem großen A am Ende schreibt. „Mir gefällt es so, und man erkennt mich gleich“, erklärt sie mit einem Augenzwinkern.
Organisation ist das Um und Auf in ihrem Leben. Sie kennt das von klein auf – sie wuchs als Unternehmer-Tochter auf: Ihre Mutter, Andrea Pircher, eröffnete vor über 40 Jahren ihr erstes Modegeschäft. Für AnnA stand früh fest, dass sie in das Familienunternehmen einsteigen würde. Sie studierte Textilwirtschaft in Deutschland und arbeitete danach einige Jahre lang in einer Modeagentur in Salzburg. Mittlerweile führen Mutter und Tochter drei Stores in Kirchberg, Ellmau und St. Johann. Auch AnnAs Mann Robin – die beiden sind seit ihrer Schulzeit ein Paar – arbeitet in der Branche: Er ist Verkaufsleiter von AlphaTauri, der Modelinie von Red Bull und in der ganzen Welt unterwegs. Als die beiden beschlossen, eine Familie zu gründen, war von vorneherein klar, dass AnnA beruflich zurücktreten würde, um sich um die Kinder zu kümmern. „Ich wollte das so“, unterstreicht die 36-Jährige. „Mutter zu sein, ist der schönste Job der Welt.“

Es geht nur gemeinsam

In dem Jahr, in dem ihr Erstgeborener – Paul, heute acht Jahre alt – zur Welt kam, wurde in Ellmau der erste Pircher Moden Store eröffnet. „Ich habe mein ganzes Herzblut da reingesteckt, zwischen Stillen und Windel wechseln, und den Kleinen überallhin mitgenommen,“ erzählt AnnA. Inzwischen sind die Söhne Anton, 4, und Vitus, eineinhalb Jahre alt, dazugekommen. Die beiden älteren gehen vormittags zur Schule beziehungsweise in den Kindergarten, Vitus kommt mit ins Geschäft. Der Nachmittag gehört den Kindern.
Ohne entsprechenden Background könne man aber Beruf und Familie nicht vereinen, weiß AnnA. Sei ein Kind krank, könne sie immer auf die Unterstützung ihrer Eltern und Schwiegereltern zählen. „Vor allem Mama ist fürs Geschäft noch immer unverzichtbar. Nur weil sie fast jeden Tag noch in den Stores ist, kann ich mich so um unsere Kinder kümmern. Ohne Mama wäre das alles nicht möglich. Sie könnte inzwischen ja ihre wohlverdiente Pension genießen, was sie aber nicht tut – dafür werde ich ihr für immer dankbar sein.“
Während AnnA ihren Tag einteilt und managt, sie zwischen Musikunterricht, Tennis- und Fußballtraining und Geschäft balanciert, geht ihr Mann seiner geregelten Arbeit nach – ihn betrifft die „Einteilerei“ nur am Rande. „Aber abends, wenn er da ist, nimmt er mir wahnsinnig viel ab“, so AnnA. Er bringe die Kinder ins Bett und morgens in Schule und Kindergarten und lege seine Termine nach Möglichkeit so, dass er einspringen kann, wenn es notwendig ist. Auf Geschäftsreisen verbringe er via „Facetime“ Zeit mit den Kindern und unterstütze Paul mithilfe digitaler Technik schon einmal beim Üben auf der Flöte. „Es ist alles Einstellungssache, und es braucht den Zusammenhalt der ganzen Familie.“
Sind die Kinder abends im Bett, arbeiten AnnA und ihr Mann meistens noch und erledigen ihre E-Mails. Für mich klingt das dann doch nach einem gewaltigen Pensum, das zu schaffen ist. Es sei viel, meint AnnA. Aber nicht zu viel. Denn die Familie nehme sich auch Auszeiten und verreise gerne. Und die Wochenenden würden ohnehin dem Nachwuchs gehören.

Stress und Entspannung

AnnA liebt ihr Leben, so, wie es ist. Manche würden sie fragen, wie sie das bloß alles schaffe, sagt sie. Sie meint dazu: „Mein Papa sagt immer: Arbeit macht krank oder Freude. Bei mir ist es zweiteres. Deshalb läuft es auch gut.“ Man müsse aber unkompliziert sein und gut organisiert. Und man müsse früh aufstehen können.
Dennoch gebe es sie natürlich, die Momente, in denen sie sich müde und erschöpft fühlt, gesteht AnnA. Wenn die Kinder abends nicht und nicht schlafen wollen, obwohl sie arbeiten sollte. Auf der anderen Seite sei es die Beschäftigung mit den Kindern, die ihr Energie gebe: „Einfach nur mit dem Kleinen spielen, mich nur ihm widmen und alles andere ausblenden – das kann wunderbar entspannend sein.“ Für sie seien die Kinder Quelle des Stresses, aber auch der Entspannung, so drückt sie es aus.
Ihr Beispiel zeigt, dass es möglich ist, alles unter einen Hut zu bekommen. Aber auch, dass es nur geht, wenn viele mithelfen und für einander da sind.
Doris Martinz