Die Wirtschaftstreibenden stellen klar: „St. Johann braucht einen Ort, an dem sich Unternehmen entwickeln können!“
Das geplante Gewerbegebiet Unterbürg sorgt seit Monaten für zum Teil hitzige Diskussionen. Nun melden sich jene zu Wort, die unmittelbar von den Auswirkungen einer Realisierung oder Nicht-Realisierung betroffen sind: die St.Johanner Unternehmerinnen und Unternehmer.
Patrick Unterberger, Sport Patrick
„Der WIFO-Vorstand hat sich ganz klar für Unterbürg ausgesprochen“, so der Obmann des Wirtschaftsforums St. Johann. Aus handfesten wirtschaftlichen und nicht aus politischen Gründen, wie Unterberger betont.
Das Argument, 7,32 Hektar landwirtschaftlicher Vorsorgefläche zu erhalten, lässt der Sportartikel-Händler nicht gelten. Man wisse schließlich, dass St. Johann hier bestens aufgestellt ist und die Fläche nur acht Promille der gesamten Vorsorgeflächen der Marktgemeinde einnimmt.
„Soll St. Johann ein reiner Wohnort werden?“, diese Frage stelle nicht nur er sich, so Unterberger. Denn beim Wohnungsbau spiele der Grundverbrauch offensichtlich kaum eine Rolle. Doch: „Wenn der Wohnraum wächst, muss auch die Wirtschaft wachsen dürfen. Sonst kippt das Ganze.“
Auch das Thema Verkehr sieht Unterberger entspannt: „Das Land wird die Bacherkreuzung neu konzipieren, das kommt auf jeden Fall. Ohne Gewerbegebiet wird die Innsbrucker Straße damit attraktiver für alle, die den Ampeln ausweichen wollen. Kommt Unterbürg, wird der Verkehr durch das Gewerbegebiet geleitet, und es werden 30er-Zonen errichtet. Das schreckt ab. Dafür wird es zwar Pendler aus dem Ort geben, die zu den Arbeitsplätzen fahren, aber das wird zu keiner Mehrbelastung führen.“
Man müsse auch keine Bedenken haben, dass das Areal binnen weniger Jahre komplett „zugebaut“ werde: „Es ist auf Jahrzehnte ausgelegt und soll bestehenden, aber auch zukünftigen Unternehmer:innen eine Perspektive bieten.“ Für ihn liegt eines auf der Hand: „Wir genießen in St. Johann einen hohen Lebensstandard. Diesen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten für alle zu erhalten, wird eine Herausforderung. Leichter geht es mit einer starken Wirtschaft.“
Kevin Wirl, Wäscherei
Gemeinsam mit seiner Schwester Claudia führt Kevin Wirl, 35 Jahre alt, den Familienbetrieb in vierter Generation. Seit 15 Jahren, so erzählt er, suche man nach einer Möglichkeit, das Unternehmen (gegründet 1930) mit einem Neubau fit für die Zukunft zu machen. „An unserem aktuellen Standort geht das nicht, hier können wir die notwendige Erweiterung der Firmenräumlichkeiten nicht vornehmen. Im ganzen Bezirk gibt es kein passendes Grundstück für uns.“ Kevin und seine Schwester sehen sich vor die Wahl gestellt: „Entweder bekommen wir die Möglichkeit, hier neu zu bauen, oder wir müssen voraussichtlich unsere Zukunft in einer anderen Gemeinde suchen.“ Der Betrieb beschäftigt 35 Mitarbeiter, „aber ich weiß von einem anderen, der ist größer und schon weg.“ Für Kevin passt im Ort das Verhältnis zwischen Wirtschaft und anderen Bereichen schon länger nicht mehr: „Die Gemeinde wächst, aber das Gewerbe geht verloren. Was das in zehn, fünfzehn Jahren bedeutet, wird man sehen. Kindergärten, Altersheime und Co. müssen gebaut werden, und irgendwer muss das finanzieren. Dafür braucht man im Ort nun einmal ein Gewerbe, das kräftig mithilft.“
Man habe sich für alternative Grundstücke interessiert, sei aber am Preis gescheitert. „Die sind für uns einfach nicht erschwinglich, das geht sich nicht aus. Deshalb braucht es Projekte wie Unterbürg, die von der Gemeinde und vom Land ausgehen.“
Albert Trixl, Brunnschmid Installationen
Seit dem Jahr 1902 besteht die Firma Brunnschmid Installationen, mehrere Generationen haben sie durch teils sehr schwierige Zeiten geführt – immer mit Erfolg. Nun liegt die Geschäftsführung in den Händen des Gesellschafters Albert Trixl, seit 38 Jahren ist er im Betrieb tätig. Er verfolge seit Jahrzehnten, dass es schwieriger wird für Unternehmen in St. Johann, so Trixl. „Viele sind abgewandert, weil die Perspektiven nicht gegeben waren.“ Auch der Installationsbetrieb kämpfe mit den Herausforderungen: „Die gewachsenen Strukturen unserer Firma entsprechen nicht mehr dem Stand der Zeit, es fehlen Parkplätze und Zuliefermöglichkeiten. Wir sind ja mitten im Wohngebiet, hier würde man heute keinen Betrieb mehr ansiedeln lassen.“ Man suche schon lange nach einem passenden Standort am Ortsrand. „Unterbürg wäre für uns natürlich interessant, wir haben uns auf die Liste der bewerbenden Unternehmen setzen lassen. Aber wir können nicht noch zehn Jahre darauf warten, davor müssten wir ausweichen.“ Trixl kenne einige Unternehmer, denen es gleich geht wie ihm, sagt er. Ihm sei klar, dass so ein Projekt auch Gegner habe. „Aber man muss das einmal fertigdenken, nicht nur aus unternehmerischer Sicht. Ein Gewerbegebiet schafft Arbeitsplätze, Firmen können im Ort bleiben, und es gibt Steuergelder für die Gemeinde.“ Hätte er die Möglichkeit, mit seinem Betrieb an den Ortsrand zu übersiedeln, würden im Zentrum Plätze frei für Büros und Wohnungen, „das ist ein positiver Aspekt. Denn alles passt da besser hinein als ein Handwerksbetrieb.“
Michael Schenk, Glaserei und Spenglerei
„Das Problem ist, dass da viel zu viele Emotionen drin sind in der Diskussion“, meint Michael Schenk. Offensichtlich gehe es nicht um die Sache, sondern um persönliche Befindlichkeiten. „Wenn ich mir denke, dass nur 500 Meter von Unterbürg entfernt, eine 70 Hektar große beste Agrarfläche dafür verwendet wird, um Lebensmittel anzubauen, um sie dann zu verbrennen, dann brauchen wir wohl nicht über Lebensmittelsicherheit zu diskutieren“, so seine Meinung. Er setzt nach: „Die letzten 20 Jahre wurden kaum Gewerbeflächen angeboten und die, die verfügbar waren, wurden teilweise mit Wohnbau vernichtet. Wenn man so etwas jahrelang nicht braucht, stimmt etwas nicht.“
Wir brauchen eine gesunde und verantwortungsvolle Mischung, damit wir uns auch in Zukunft unseren gewohnten Standard leisten können. Die vielen leerstehenden Flächen, von denen gesprochen wird, hält er nicht für relevant: „Die gibt es erstens nicht, und auf die paar, die da sind, hat man keinen Zugriff.“ Er selbst sei in der glücklichen Lage, über einen guten Standort zu verfügen. „Aber für viele andere Firmen werden wir ein Unterbürg brauchen, anders wird es nicht gehen. Sonst lachen sich die anderen Gemeinden ins Fäustchen, die nehmen die Betriebe auf und streichen die Steuern ein.“
Leo Meickl, Holzbau und Zimmerei
„Unsere Firma gibt es seit 75 Jahren, und seit 70 Jahren streiten wir mit unseren Nachbarn“, bringt es Leo Meickl auf den Punkt. Der stetige Konflikt zwischen Wohn- und Gewerbegebiet sei belastend, meint er. Er selbst ist daher unmittelbar von der Diskussion rund um Unterbürg betroffen: Er würde mit seinem Unternehmen liebend gerne in ein Gewerbegebiet übersiedeln, wo es keine Nachbarn gibt, die sich gestört fühlen – vorausgesetzt natürlich, dass die Kosten und der Zeitrahmen für ihn passen. Leo ist 22 Jahre alt, er sieht seine Zukunft eng mit jener des Betriebs verwoben. Neben der Zimmerei Meickl soll eine Wohnanlage gebaut werden – er wehrt sich natürlich. Und hofft auf Unterbürg.
Josef Astlinger, Alerto GmbH – Managed IT Systems
Vor einigen Jahren zog Josef Astlinger mit seinem wachsenden Unternehmen von der Marktgemeinde nach Oberndorf um. „Ich finde es total schade, dass wir nicht in St. Johann bleiben konnten. Ich bin ein St. Johanner, das wäre immer das Ziel gewesen“, sagt er. Allerdings sei es unmöglich gewesen, passende Büroräume zu bekommen. Er sehe sich als Unternehmer auch als Kunde des jeweiligen Ortes und seiner Infrastruktur: „In St. Johann ist es einfach so, dass das Angebot nicht mehr da ist. Sollten wir uns Eigentum schaffen können in Unterbürg, kommen wir auf jeden Fall wieder zurück – vorausgesetzt natürlich, die wirtschaftliche Lage passt.“ Was ihn in Bezug auf den viel diskutierten Bodenverbrauch beschäftigt, ist etwas anderes: „Die ganzen Lebensmittelhändler bauen ebenerdig, ohne ersten Stock. Wenn man da lenkend eingreifen würde, könnte man viele Büros bauen.“
Andreas Müller, Bauunternehmen
„Wir brauchen Unterbürg, weil wir sonst keine Entwicklungsflächen haben für Gewerbe“, so Andreas Müller. Wer erweitern oder umsiedeln wolle, habe dafür keine Möglichkeit in St. Johann. „Die Betriebe suchen sich dann halt andere Möglichkeiten.“ Er selbst sei zum Glück nicht betroffen. Aber: „Meiner Meinung nach verbauen wir uns die Zukunft des Gewerbes, wenn Unterbürg nicht erschlossen wird.“
Hans Peter Springsinfeld, Abdichter
Dass es wenig Flächen für Gewerbe gibt, ist kein spezifisches St. Johanner Problem, so Hans Peter Springinsfeld. In der Marktgemeinde wirtschaften 900 Betriebe, „da braucht immer wieder jemand einen Gewerbegrund, um sich zu vergrößern.“ Es braucht Platz für Betriebe.
„Man muss die Leute auch mal fragen, ob sie glauben, dass sie vom Vogelgezwitscher leben. Ohne Geld keine Musig!“
Er selbst sah sich 2009 gezwungen, mit seinem Betrieb nach Kirchdorf abzuwandern. In St. Johann habe es zwar eine Option gegeben, an jenem Standort war jedoch auch ein Wohnbauprojekt geplant. „Die Probleme waren absehbar, deshalb sind wir nach Kirchdorf gegangen. Leichtgefallen ist uns die Entscheidung nicht.“
Arno Vasilico, Leiter Logistik Holter Bad
„Wir warten seit Jahren darauf, dass bei Unterbürg etwas weitergeht, weil wir uns als Firma und Standort weiterentwickeln müssen und wollen“, bringt es der gebürtige St. Johanner auf den Punkt. Seinen Showroom hat Holter bereits vor Jahren aus Platzgründen in den Koasapark ausgegliedert, nun steht man in der Fieberbrunner Straße wieder an – zu wenig Platz. Seit 60 Jahren ist Holter in St. Johann ansässig, das Unternehmen beschäftigt 45 Mitarbeiter:innen, viele von ihnen seit Jahrzehnten. Ohne Unterbürg müsse das Unternehmen an eine Übersiedlung denken, der überregionale Raum würde sich eventuell anbieten, so Vasilico. Man würde nur ungern gehen, denn St. Johanns geografische Lage und der starke Tourismus in der Region seien ideal für den Betrieb. Auch auf das Know-how der Mitarbeiter:innen möchte man nicht verzichten.
Was das geplante Gewerbegebiet Unterbürg für den Badausstatter ideal macht: „Da baut kein Hotel in der Nachbarschaft, es kommt kein Wohnblock. Das ist wichtig, denn wir fangen um drei Uhr morgens mit der Arbeit an, der letzte LKW kommt um 22 Uhr.“ Früher befand sich der Firmenstandort am Ortsrand, mittlerweile fast im Ortszentrum. „Manche fragen uns, warum wir nicht das Klausner Areal übernehmen. Aber wir verzeichnen täglich viele Zu- und Abfahrten. Sollen die alle durch den Ort fahren?“
Volksbefragung Gewerbegebiet Unterbürg
23. März 2025
Der formale Ablauf erfolgt gleich wie bei einer Wahl:
Stimmberechtigt sind alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die am 23. März 2025 das 16. Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens einem Jahr ihren Hauptwohnsitz in St. Johann in
Tirol haben und deren Aufenthalt offensichtlich nicht nur vorüber-gehend ist. Jede stimmberechtigte Person wird bis Mitte März per Post eine persönlich adressierte amtliche Mitteilung erhalten, in der das Datum der Volksbefragung, der Wahlsprengel und das Wahllokal angeführt sind. Nehmen Sie diese Karte bitte gemeinsam mit einem gültigen Ausweisdokument zur Volksbefragung mit.
Stimmkarten
Stimmkarten können im Meldeamt beantragt werden. Die verschlossenen und unterschriebenen Stimmkarten können bis spät.
Freitag, 21. März, um 14 Uhr im Marktgemeindeamt abgegeben werden. Sollten Sie die Stimmkarte per Post an die Gemeinde senden, ist zu beachten, dass diese bis spätestens Freitag, 21. März, dort einlangt. Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit, die verschlossene und unterschriebene Stimmkarte am Tag der Volksbefragung in jenem Sprengel abzugeben, in dem man stimmberechtigt ist. Für das Abgeben der verschlossenen und unterschriebenen Stimmkarte kann man sich auch eines Boten bedienen.
Die Einteilung der Sprengel und die Uhrzeiten für die Volksbefragung sind gleich wie bei der Nationalratswahl im vergangenen September:
Wahllokal Volksschule Neubauweg:
7–15 Uhr: für die Wahlsprengel I bis VII
Wahllokal Kaisersaal:
7 bis 15 Uhr: für den Wahlsprengel VIII
Wahllokal Volksschule Jodler:
7–13 Uhr für den Wahlsprengel IX
Bitte Ausweis mitnehmen.
Die Sprengelbehörden sind verpflichtet, Ihre Identität festzustellen. Nehmen Sie daher bitte einen Lichtbildausweis mit. Ist Ihre Identität nicht feststellbar, können Sie nicht abstimmen.