Christian Schedler über die schönsten Momente als Nikolaus, über Hoppalas und einen harten Konkurrenzkampf.
Wenn’s adiam a nu so Biffi san, vor dem Nikolaus håms Respekt, und des Glänzen in de Kinderaug’n is scho des Schönste“, sagt Christian „Gigg“ Schedler. Seit über 20 Jahren ist er als der „Heilige Mann von Myra“ unterwegs, am liebsten bei den Kindern daheim. In das kostbare Messgewand schlüpfte er zum ersten Mal, als man einen Nikolaus brauchte für den Einzug in St. Johann. Seine teuflischen Begleiter der „Seinihonsa Koasapass“ waren ihm von Anfang an vertraut, ist er doch Gründungsmitglied der „Schwarz-Roten“. „Dånn måch i des hoit“, sagte er damals, „owa reden tua i nix.“ Als Krampus hatte er viele Jahre lang geknurrt und gefaucht und vorzugsweise Schrecken verbreitet. Er hatte keine Ahnung, was der Nikolaus sagen sollte. Aber er wuchs schnell in seine Rolle hinein und ist seitdem ohne Zweifel ein würdiger „Heiliger“, der in der ganzen Region unterwegs ist. Unzählige schöne Momente habe er in dieser Rolle in den letzten Jahrzehnten erlebt, sagt Gigg ein wenig melancholisch. Heuer sind ja leider alle Auftritte abgesagt.
Im Zweifelsfall lieber daran glauben …
Früher war Gigg mit Mitra und Stab fast zehn Tage lang auf Tour, um alle Kinder und Einrichtungen zu besuchen, die nach dem Nikolaus fragten. Bis zu 80 Auftritte absolvierte er. Das ging, weil er selbständig war und sich die Zeit einteilen konnte. Inzwischen hat er sich beruflich verändert, er ist Lagerleiter bei einer Firma in Going. Sein Chef hat zwar durchaus ein Herz für den Nikolaus, aber ganz so viel Zeit kann sich Gigg nicht mehr nehmen.
Das macht nichts, dafür genießt er seine Auftritte umso mehr. Er lacht unbemerkt in seinen weißen Rauschebart hinein, wenn ihn die Kids von oben bis unten taxieren, um etwas an ihm zu finden, das ihn verraten könnte. Das eine Tattoo am Handgelenk – eine indianische Feder – wird deshalb wohlweislich unter einem Verband versteckt, die anderen sind ohnehin nicht zu sehen. Die Mitra (die Bischofsmütze), der Bischofsstab, der Bart, die Brille, die imposante Größe, sein Umfang im Messgewand und das würdevolle Auftreten – Gigg gibt sich keine Blöße. Selbst jene Buben und Mädchen, die mit zunehmendem Alter zu zweifeln beginnen, wagen es nicht, ihn in Frage zu stellen. Was, wenn er wirklich echt ist? Was ist dann mit den Geschenken? Gigg grinst von einem Ohr zum anderen.
Oft ist er übrigens schon gefragt worden, ob er sein Gewand nicht verleihen könne. Das geht für Gigg gar nicht: „Du kust mi frågn, ob i dir mei Radl leihe, des is koa Problem. Aber’s Nikolaus-Gewånd? Na!“
Viel zu wertvoll ist ihm die Robe, sind ihm Mitra und Stab – es stecken zu viele Erinnerungen drin, die er nicht aus der Hand geben kann und will.
Sieg auf ganzer Linie
Er nimmt sich Zeit für jeden seiner Auftritte, er redet vom Zähneputzen, Schlafengehen, Hausübungen, verteilt seine Sackerl und Geschenke und bekommt dafür auch oft von den Kindern etwas: „An Haufen Zuzl håb i scho kriagt“, lacht er.
Mit seinen Nikolaus-Einsätzen hält Gigg die Tradition in der Region am Leben. Nicht nur das, er verteidigt sie auch gegen „Eindringlinge“: Bei der Eröffnung eines neuen Sportgeschäfts in der Speckbacherstraße war Gigg als Nikolaus im Einsatz. Sehr zu seinem Missfallen musste er feststellen, dass offenbar auch sein „Marktbegleiter“, der Weihnachtsmann, eingeladen war. Die Kinder konnten sich sogar mit ihm gemeinsam fotografieren lassen, der Andrang war gar nicht einmal klein. Was sollte er tun, um den ungeliebten Konkurrenten loszuwerden? Als Nikolaus konnte er unmöglich selbst die Initiative ergreifen und sich „die Hände schmutzig machen“. Zum Glück war er aber nicht alleine. Kurzerhand schickte er die Krampusse, die ihn begleiteten, hinüber zum Weihnachtsmann. Die Kinder fürchteten sich, stoben in alle Richtungen davon und waren nicht mehr zu bewegen, sich mit Santa Claus ablichten zu lassen. Jener packte schließlich frustriert seine Siebensachen zusammen und räumte das Feld. Das Gute siegt (fast) immer!
Gigg amüsiert sich augenscheinlich noch immer sehr, als er von dieser Episode erzählt.
Warum nennen ihn eigentlich alle „Gigg“, wo er doch Christian heißt? „Des fråg’n mi ålle“, sagt er und erzählt, dass es seine Nachbarin war, die ihn schon von ganz klein an „Giggi“ genannt habe, später wurde Gigg daraus.
Zauberhafte Momente
Seinen schönsten Auftritt erlebt Gigg immer in Fieberbrunn auf einem Bergbauernhof. Um dorthin zu gelangen, muss er zuletzt zu Fuß über ein Feld stapfen, Romantik pur. Vor dem Haus brennen dann schon die Kerzen, drinnen in der warmen Stube wartet die ganze Familie auf ihn: Es sind mehrere Generationen, vom Großvater bis zum Wickelkind. Der Nikolaus bekommt seinen Platz direkt am Kachelofen zugewiesen, damit er sich aufwärmen und von seiner Anreise erholen kann, es wird gebetet und gesungen. Jeder in der Familie bekommt dann sein Sackerl. Dabei kommt auch zur Sprache, was Opa oder Oma angestellt haben, wie brav die Kleinsten waren oder was noch besser laufen könnte. Für Gigg ist dieser Nikolaus-Einsatz wie eine Reise in eine zurückliegende Zeit, „so sche, dass ma selber wassrige Augen kriagt.“ Die Menschen und ihre Verbundenheit mit Haus und Hof, die Wertschätzung, die er dort erfährt … das alles macht die Stunde dort ganz besonders für den Nikolaus.
Schmerzhaftes Hoppala
Am Hauptplatz beim Nikolauseinzug in St. Johann ist die Stimmung freilich anders, aber auch sehr schön. Tausend Sackerl verteilen Gigg und seine Helfer, die Engel. Auch bei den Hausbesuchen hat er Schokolade, Lebkuchen und Nüsse dabei, meist liegt vor der Haustür aber noch ein weiteres Geschenk für die Kinder bereit. Manchmal auch mehr. Einmal, erinnert sich Gigg, fand er für zwei Buben zwei große Säcke mit Süßwaren und Spielzeug hergerichtet. Sie waren so schwer, dass er sie einzeln tragen musste. „Wenn die scho vom Nikolaus so viel kriagn, wia is des dånn zu Weihnachten, kimmt dånn da Låstwåg’n?“, fragt sich Gigg.
Natürlich gab es bei der Vielzahl an Auftritten auch Hoppalas. Einmal, ganz am Anfang seiner Nikolaus-Karriere, als er noch nicht so versiert war im Umgang mit dem Stab, blieb er damit bei einem Rundbogen hängen. Verärgert riss er daran, begleitet von einem herzhaften „Kruzifix!“, das ihm spontan über die Lippen kam. „Psst, der Nikolaus fluacht nit!“, flüsterte ihm die Mutter der Kinder zu und musste an sich halten, um nicht selber in lautes Gelächter auszubrechen. Die Kleinen bekamen davon zum Glück nichts mit. Auch ein anderes Hoppala hängt mit dem Bischofsstab zusammen: Ein Engel, der den Nikolaus begleitete, versetzte Gigg beim Ausladen aus dem Auto einen Stoß mit dem Stab – genau „in die edelste Stelle“, wie er selber sagt – eine schmerzvolle Erfahrung. Später, beim Auftritt, sprach Gigg seinen Text, in dem er sich immer auch an den Engel wendet und zu ihm sagt: „Halte meinen Stab, …“, worauf der Engel in Erinnerung des soeben Geschehenen in Gelächter ausbrach, das er beim besten Willen nicht mehr verbergen konnte. Der Nikolaus – selbst um Haltung bemüht – musste ihn schließlich hinausschicken, weil er sich gar nicht mehr beruhigen konnte.
Gigg liebt diese Tage rund um den 6. Dezember, sie sind verbunden mit so vielen schönen Erlebnissen und Erinnerungen. Der einzige Wermutstropfen: Weil er so viel unterwegs ist, hat er – wenn alles „normal“ läuft –, kaum Zeit für seine kleine Tochter Larissa. Aber wenn sie größer ist, vielleicht wird sie den Nikolaus dann als Engel begleiten? Das alles wird sich weisen …
Doris Martinz