Sebastian, „Wåst“ Hauser über seine Obmannschaft bei der Trachtengruppe Hauser, über Glücksmomente und eine schwierige Zeit.
In der November-Ausgabe der St. Johanner Zeitung berichteten wir über Hans Hauser alias „hhanoi“, der die Lederhose an den Nagel hängte, um Rock ’n Roller zu werden. Sein Großvater war es, der im Jahr 1949 gemeinsam mit vier weiteren jungen Männern die Trachtengruppe Hauser gründete, heute ist er Ehrenobmann. Hans’ Großcousin Wast Hauser steht dem Verein seit 15 Jahren als Obmann vor; aktiv im Verein ist Wåst aber eigentlich, so lange er denken kann. Oder, genauer gesagt: Seit dem Zeitpunkt, an dem er bis Fünf zählen konnte, das ist nämlich Voraussetzung für die Plattlerschritte. „I bin hoit a Hauser“, sagt er lächelnd bei unserem Gespräch im Oktober, „vo kloa u dabei.“ Seine ersten Auftritte absolvierte der 51-Jährige mit sieben Jahren, nie stellte er den Verein in Frage, er war ihm immer ein Zuhause. So, wie er es für die ganze Familie war.
Wåst tanzt leidenschaftlich gerne und gut, nicht nur die Schautänze. Polka und Walzer „dess’n tat i scho såg’n, dass i des ku“, sagt er verschmitzt. Bei diesen Tänzen ist er ein absoluter „Dancing Star“.
Lustiges Miteinander
Die Begeisterung für das Tanzen sollte dem Obmann eines Trachtenvereins aber auch in die Wiege gelegt sein, schließlich erfordert seine Leitung einiges an Zeit und Idealismus. „Ma muass’ im Herzen håm“, sagt Wåst und greift sich an die Brust. 50 Mitglieder umfasst die Gruppe derzeit.
Die Zeiten für den Verein sind aufgrund Corona schwierig – es können keine Proben stattfinden, und auch die Geselligkeit darf kaum gepflegt werden. Ein Umstand, der Wåst besonders schmerzt: Für ihn geht es im Verein nämlich nicht nur um den Erhalt von Volkskultur und Brauchtum, sondern auch um das Gesellige, um das Miteinander von jung und alt. Wenn bei den Ausflügen die älteren Vereinsmitglieder Witze und von den „wilden früheren Zeiten“ erzählen und die Jungen damit zum Lachen und Staunen bringen, strahlt Wåst. Er erzählt von Ausflügen, bei denen sich die „Weiberleit’“ und die „Manda“ gegenseitig „Tuk antaten“, also Streiche spielten, davon, wie man sich gegenseitig mit dem Wasserschlauch abspritzte und vom Fensterlngehen. Wobei – bei letzterem weiß Wåst nicht viel zu sagen. „I bin immer a Braver g’wesen“, versichert er. „Des is ma z’håscht, de Kraxlerei!“
Die ganze Familie im Einsatz
Für Wåst sind es Sternstunden, wenn die Jüngsten der Kindergruppe entwachsen und sich eingliedern bei den Großen. Seine Töchter Anna, 23, und Doris, 21 Jahre alt, helfen dabei, ihnen die Schritte und Tänze beizubringen. Wåsts Frau Maria ist wie ihre Kinder natürlich auch Mitglied im Verein, Schautänze absolviert sie aber nicht. Für die Proben war neben den insgesamt drei Kindern (Sohn Christoph ist 28 Jahre alt) zu wenig Zeit. Sie unterstützt Wåst aber als Obmann, tanzt gerne abseits der Bühne und hilft im Verein, wo sie kann.
Die Momente, in denen die Jüngsten in der Gruppe sich zum ersten Mal auf der Bühne in ihrer Tracht drehen oder auf ihre Lederhose klatschen, sind pure Glücksmomente. „Da geht mir des Obmannherz auf“, sagt Wåst, „weil des die Zukunft is für den Verein.“
Gar nicht ungefährlich
Wåst selbst tanzt am liebsten den „Mähertanz“, er mag seinen Rhythmus und die Choreografie. Bis zum März dieses Jahres haben er und die ganze Gruppe diesen und viele weitere Tänze regelmäßig im „Zardinis“ in Waidring gezeigt. Die Auftritte kommen bei den Hotelgästen sehr gut an. „Wir måchn des mit Schmäh und Witz, und die Leit’ unterhalten sich guat.“ Die Gäste bemerken es meist nicht, wenn einmal etwas passiert, und es passierte immer wieder einmal was bei der Trachtengruppe. So ungefährlich, wie man meint, ist das Platteln nämlich gar nicht. Und ich rede hier nicht von Bandscheibenvorfällen oder Bänderzerrungen. Wåsts Vater wurde beispielsweise beim „Holzhackertanz“ ein Zeh abgetrennt. Mit all dem Adrenalin im Blut beim Tanzen auf der Bühne bemerkte er es gar nicht sofort. Bei einem anderen Vorfall schrammte die Axt über ein Knie, aber all das kann einen echten Plattler nicht erschüttern, Verletzungen sind bald vergessen.
Erinnerungen …
Was auch bleibt, sind vor allem die Erinnerungen an gelungene Auftritte. Mit leuchtendem Blick denkt Wåst an die Einsätze der Gruppe im „Musikantenstadl“ zurück, viele Male waren sie in der Musiksendung zu Gast. Er lacht, als er davon erzählt, dass das Format ein Millionenpublikum hatte, es aber trotzdem nie jemand gesehen haben wollte, „weil den Moik anscheinend koana g’schaugt håt, und am Montåg nach dem Auftritt håm mir alle g’sågt, sie håm mi im Fernsehen gesehen.“ Unvergesslich sind auch die Reisen mit der Trachtengruppe nach Amerika, Norwegen, in die Schweiz, nach Deutschland und in weitere Länder. New York beeindruckte ihn als 20-Jährigen so sehr, dass er beschloss, eines Tages wiederzukommen. Letztes Jahr nahm Wåst vier Wochen Urlaub, um sein Vorhaben endlich umzusetzen und die Stadt „als Erwachsener“ zu erkunden. Die Reise fiel aufgrund Corona ins Wasser.
Ganz besondere Momente waren und sind für Wåst und die Gruppe auch die Auftritte beim Musikherbst in Ellmau vor tausenden von Leuten. „Wennst die Anspannung der Gruppe gspiast, ins Publikum schaust und siehst, wia des de Leit’ g’foit, des is einfach super.“
Mehr Wertschätzung
Im „Zivilberuf“ ist Wåst Eisenbahner und für die Soft- und Hardware der Ticketgeräte zuständig, die die Zugbegleiter verwenden – heute sind es Smartphones. Er pendelt von St. Johann nach Innsbruck, legt täglich 210 Eisenbahnkilometer zurück und braucht für die Strecke hin und zurück drei Stunden täglich. Wenigstens kann er die Zeit nutzen, um für den Verein zu planen und organisieren, die Proben zum Beispiel, wenn es welche gibt. Sie finden im Saal des Gasthofs Hauser statt, bei Wåsts Onkel. Das ist praktisch, denn „då håmma nit weit hoam“.
Das Platteln und der Volkstanz allgemein erfahren seit einigen Jahren wieder mehr Wertschätzung seitens der einheimischen Bevölkerung. Vielen Menschen wird bewusst, dass es Sinn macht, das Kulturgut zu bewahren und Traditionen zu leben. Die meisten Neuzugänge kommen über die eigenen Mitglieder, der Verein ist jedoch für alle offen, und zwar nicht nur für die Jungen. Willkommen sind alle, Frauen und Männer, die gerne Polka, Walzer und den „Boarischen“ tanzen, die gerne in ihrer Tracht bei Umzügen ausrücken und den Verein bei Veranstaltungen unterstützen, sobald wieder welche stattfinden. Die Trachtengruppe Hauser, das ist ein Miteinander und Füreinander, das ist Fröhlichkeit und Freude beim Tanzen.
Den 70er feierte der Verein übrigens nicht groß, ein neues Gruppenfoto und „a fesche Jagg’n für die Vereinsmitglieder hot’s ab’geben“ aber das „Dreivierteljahrhundert“ 2024 soll gebührend begangen werden. Mit den Planungen kann sich der Obmann aber noch Zeit lassen. Bleibt zu hoffen, dass sich die Welt für die Trachtengruppe Hauser bis dahin nicht mehr im Corona-, sondern wieder im Walzertakt dreht.
Doris Martinz