Monika Petschar über ihre Arbeit für den Weltladen und die Eindrücke, die sie auf ihrer Reise gewann.
Wenn vor sechs Jahren jemand zu Monika Petschar gesagt hätte, dass sie einmal Obfrau des Vereins AEW – Aktion für eine Welt sein würde, hätte sie gefragt: „Was? Welchen Vereins?“ Wie das meiste in ihrem Leben, hat sich auch das einfach irgendwie so ergeben. Und zwar, als sie vor einigen Jahren nach einer Möglichkeit suchte, etwas Sinnvolles zu tun. Die Kinder waren da nachmittags schon „verräumt“, also mit Schule und Ausbildung beschäftigt, „und oiwei nur an Berg aufispringa woit i a nit“. Beim Gespräch mit Christiane Pürstl, einer Nachbarin und Gründungsmitglied des Vereins AEW, kamen die beiden auf die Möglichkeit der ehrenamtlichen Mitarbeit im Weltladen, und eines ergab das andere.
Monika, die neue Obfrau
Gut ist es, dass es so gekommen ist, Monika strahlt, weil sie die Philosophie, die hinter dem Weltladen steht, als sinnstiftend und bereichernd erlebt. Erst letztes Jahr im Oktober wurde sie im Verein Aktion für eine Welt in die Funktion der Obfrau gewählt. Der Verein wurde vor 35 Jahren von einer Gruppe sehr engagierter junger Leute rund um Manfred Wimmer sowie Christiane und Sigi Pürstl gegründet, um die Menschen des globalen Südens zu unterstützen. In den letzten Jahren betrieben sie nicht nur viele wichtige Verkaufs- und Infostände, sondern organisierten auch zahlreiche hochwertige Kulturveranstaltungen wie Konzerte, Lesungen, Aktionstheater und Filme. Mit der Versteigerung von Kunstobjekten namhafter Künstler unterstützten sie unter anderem auch zwei Projekte in Nicaragua und El Salvador.
Monika folgt nun Manfred Wimmer nach, der das Amt viele Jahre innehatte und mit einem tollen Team im Verein, aber auch im Weltladen Aufbau-, Informations- und Bildungsarbeit leistete. Er legte dabei viel Energie und Herzblut hinein, und wird das hoffentlich auch in Zukunft noch tun, auch wenn er nicht mehr Obmann ist. Manfred hat in den vergangenen Jahren mit und auch für den Hauptlieferanten des Weltladen, die EZA (Fairer Handel GmbH), insgesamt 17 Reisen zu den Produzenten und Kooperativen in den Süden unternommen und dabei mit seinem geschulten Auge hochwertige Fotos und Kurzfilme von den Menschen und Kooperativen gemacht. Alle gemeinsam verfolgen das Ziel: Uns Konsumenten im globalen Norden Produkte aus dem globalen Süden zugänglich zu machen, die nach den Kriterien des fairen Handels produziert werden. Das heißt biologisch angebaut, fair gehandelt und in höchster Qualität – Prämienprodukte mit Mehrwert.
Die St. Johannerin machte sich vor gut zwei Jahren mit Manfred und einer Gruppe von 20 weiteren Weltladen-Mitarbeitern aus ganz Österreich auf eine „Welt“-Reise nach Indien. Es war ihre erste große Reise. Die Kosten bestreiten bei solchen Reisen alle Teilnehmer selbst, das Programm wird von der EZA gestaltet, es ist alles organisiert. Monika nützte diese einmalige Chance und gelangte während der Tour an Orte, die Indien-Besuchern für gewöhnlich verborgen bleiben. Sie sah sich Städte wie Mumbai und Kalkutta an, kam aber auch in Dörfer und erlebte dort das wahre Indien abseits aller Klischees. Die Kooperativen zeigten ihren Gästen aus Europa, wie Textilien aus Biobaumwolle, Ökoledertaschen und vieles mehr entstehen, die in den Weltläden verkauft werden – angefangen von der Ernte der Biobaumwolle bei den „Chetna Farmers“ bis zum fertigen T-Shirt. Die St. Johannerin sah sich an, wie Baumwolle entkernt wird, war in einer Färberei mit eigener Wasserkläranlage zu Besuch, in einer Gerberei, die ökologisches Leder herstellt und hat verfolgt, wie Stoffe bedruckt werden. Monika kann sich noch gut an die Aussage einer Bäuerin erinnern: „Seit wir Biobaumwolle produzieren, geht es uns und auch unseren Ziegen viel besser. Wir werden nicht so oft krank.“
Mehr Lebensqualität
Die Kooperative Creative Handicrafts in Mumbai beschäftigen zum einen Frauen, die aus den Slums kommen, die keine Ausbildung haben und keine Perspektiven. Sie werden an den Nähmaschinen eingeschult, haben Anspruch auf Sozialleistungen und erhalten den Mindestlohn oder mehr. Zum anderen gibt es auch die Möglichkeit in der Küche mit zu arbeiten, in der hunderte Lunchboxen für Angestellte in den umliegenden Büro’s befüllt werden. Ihre Kinder besuchen inzwischen den Kindergarten und sind dort gut aufgehoben. Selbstverständlich für uns, der pure Luxus für „Leute der unteren Schicht“ in Indien.
Monika ist es wichtig, etwas zu tun für jene Menschen, die in Gegenden leben, in denen das Leben weit mehr Herausforderungen bereit hält als bei uns. Mit dem Verkauf von fair gehandelten Produkten im Weltladen kann sie helfen, mit dem Kauf der Produkte können wir alle helfen. Vor allem können wir den Produzenten auf Augenhöhe begegnen und ihre Arbeit wertschätzen. In Österreich gibt es zirka 90 Weltläden, die mehrheitlich, wie auch in St. Johann, von Vereinen geführt werden. Die Weltläden vernetzen sich in Österreich im Dachverband der Arbeitsgemeinschaft Weltläden, kurz ARGE Weltläden. Damit verpflichten sie sich zur Einhaltung der WFTO-Kriterien (World Fair Trade Organisation) und der selbstgegebenen Kriterien des Fairen Handels.
In St. Johann arbeiten zwei bezahlte und bis zu sechs ehrenamtliche Mitarbeiterinnen in einem sehr engagierten Team. „Für mi is Beatrice, di seit mehr ois 10 Jahr den Weltladen führt, die gute Seele.“ meint Monika. Aber auch Cecile, Jeany, Angela und Eleonore sind fleißig im Einsatz und helfen im Weltladen mit. Beim jährlich stattfindenden Weltladen-Informationstag im Mai wird fleißig Kuchen gebacken und alle, auch die Vereinsmitglieder, helfen zusammen. Aber auch bei Bildungs- und Informationsveranstaltungen wie zuletzt beim Besuch von Josinta aus Uganda, die in der LLA Weitau einiges über den Anbau und die Verarbeitung des „Coffee for Future“ erzählte, wird zusammengehalten. Für gewöhnlich ist Monika am Dienstagnachmittag selber im Geschäft. Sie mag die Stunden sehr: „Mir taugt des, weil då so viele unterschiedliche Leit’ kemman und so nette Gespräche g’führt werden und wir auch so ein tolles Team sind.“
Beste Qualität
Die Produkte – Tee, Kaffee, Schokolade, Gewürze, Bekleidung, Schmuck, Dekorationsartikel und vieles mehr – entsprechen höchsten Qualitätsstandards, die Einnahmen aus dem Verkauf gehen direkt und zu 100 % in den fairen Handel zurück. So kommen wir zu exotischen Waren, die es bei uns nicht gibt, und die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen mit ihren Familien im globalen Süden profitieren von unserer Kaufkraft.
Die Realität ist anders als im TV
Von unbedachten Spontankäufen hält Monika nichts, auch beim Schenken nicht. „I überleg, wia wås herg’stellt wird, wer davon wirklich profitiert, ob die Ware an Mehrwert håt oder ob’s nur a schneller Kauf is und schnell g’schenkt und dånn irgendwo liegt.“ Natürlich denkt Monika manchmal auch laut über all das nach. Deshalb muss sie sich von ihren Mädels Theresa, 19, und Christina, 17, sowie ihrem Mann Thomas mitunter als „Öko-Tante“ bezeichnen lassen. Das immer mit einem Augenzwinkern, denn die drei stehen voll hinter ihr und ihrem Tun. Außerdem steht die 46-jährige, echte „Sainihånserin“ zu ihren Ansichten. „Vor zehn Jåhr’ war ma des ois noch nit so wichtig, aber ma werd bewusster und kritischer.“
Durchaus kritisch sieht sie es auch, wie wir uns in der heutigen Zeit anziehen. „Fast Fashion“ nennt sie es, wenn „geshoppt“ wird und das Kleidungsstück nach kurzer Zeit wieder entsorgt wird. Jeans, T-Shirts und vieles mehr werden dabei oft von Menschen hergestellt, die für ihre Arbeit kaum Lohn erhalten und zu menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen.
Monika sah, wie die Menschen am Gehsteig wohnen und sich an öffentlichen Wasserhydranten mitten in der Stadt waschen. Besonders berührt haben Monika aber die Kinder, die sie auf den Müllhalden spielen und nach Essen suchen sah – vollkommen verwahrlost, schmutzig, auf sich selbst gestellt. Ein Anblick, der mitten ins Herz traf. Monika beobachtete sie auf der Anfahrt zu einer Textilfabrik. Nur wenige Meter trennten sie von den Kindern, und doch waren es Welten.
„Des wår wia in einer Doku im Fernsehen. Nur dass es gånz real wår und plötzlich nimma weit weg, sondern direkt vor meine Augen. Und des verändert alles.“
Nach 14 intensiven Tagen in Indien war Monika froh, wieder nach Hause zu fahren. Wenn sie heute im Weltladen-Geschäft ein T-Shirt zur Hand nimmt und über den Stoff streicht, denkt sie daran, wo es herkommt und an die Menschen, die es genäht haben. Sie sieht die Näherinnen wieder vor sich und das Lachen in ihren Gesichtern. Sie weiß: Wenn sie dieses T-Shirt verkauft, geht das Geld in die richtigen Hände. Und das macht auch sie zufrieden.
Tipp:
Der Weltladen freut sich nicht nur über KundInnen, sondern auch über Mitglieder, die mit ihrem jährlichen Beitrag von Euro 15,- die Arbeit des Vereins unterstützen. DANKE.
(AT43 1637 0001 3704 4854)
Kinoabend in der Alten Gerberei
Fr., 21.2.2020, 20 Uhr
Der Weltladen St. Johann i.T. lädt zum neuen Kinofilm von Erwin Wagenhofer
BUT BEAUTIFUL
Ein Film über das Gemeinsame, das uns verbindet, über den Mut zur Veränderung und über die Freiheit,
glücklich zu sein.
Eintritt: Euro 9,–
Kartenreservierung im Weltladen möglich