Über einen Schatz, ein Gedicht und eine wunderbare Tradition.

Still und friedlich ruht Jesus in seinem Grab, ganz in weißes Linnen gehüllt. Hinter ihm ist eine Landschaft mit Zypressen erkennbar, über dem Geschehen schweben die Engel. In der Mitte der Szenerie befindet sich ein Ring, auf dem große, farbig leuchtenden Kugeln befestigt sind, kleinere umrahmen auch das Grab selbst. Geheimnisvoll schimmert das Grab im Halbdunkel der Kirche – Ehrfurcht gebietend in seiner Größe.
Ostergräber gibt es seit dem frühen Mittelalter, erzählt Hannes Hofinger. „Wahrscheinlich haben sie die Kreuzritter aus dem Orient mitgebracht zur Erbauung der Gläubigen“, mutmaßt er. Sie sollten dem Volk das Geheimnis des Osterfests sichtbar machen, den Tod Christi und vor allem seine Auferstehung.
In St. Johann machte man sich das Ostergrab, mit zwölf Metern Höhe eines der größten in ganz Tirol, im Jahr 1832 anlässlich der 100-Jahr-Feier der Pfarrkirche selbst zum Geschenk. In Auftrag gegeben hatte man es einige Jahre zuvor bei Arnold dem Älteren, einem Künstler aus Stans – er war einer der besten Maler seiner Zeit. Bis 1855 wurde das Ostergrab jährlich aufgebaut, dann verbot Kaiser Josef II diesen Brauch. Nach seinem Tod kamen die Ostergräber jedoch schnell wieder „in Mode“, bevor man sie in den 70er Jahren für „unzeitgemäß“ erklärte und sie, achtlos verstaut in Schuppen und Kellern, ihrem Schicksal überließ. So auch in St. Johann. Bis zu jenem Tag im Jahr 2001 an dem Carl Hofinger den Mesner Soyer Mich’ fragte: „Du, haben wir gar nichts mehr da vom alten Ostergrab?“ „Doch, oben in der Empore müsste noch etwas liegen“, war dessen Antwort. Man hielt Nachschau und fand einige Teile. Gemeinsam mit den Mitarbeitern des Marktbauhofs wurden sie geborgen und im großen Dachboden der Volksschule aufgelegt. Nach einer Besprechung im Pfarrhof wurde Carl vom Herrn Dekan Dr. Johannes Trausnitz ersucht, das Projekt Ostergrab in Angriff zu nehmen. Vorerst musste geklärt werden, von wem die noch erhaltenen Teile stammen und ob eine Restaurierung überhaupt möglich und sinnvoll ist. Dazu wurde der Restaurator Prof. Ghezzi um Hilfe gebeten. Dieser stellte schließlich fest, dass es sich bei den einzelnen Tafeln tatsächlich um Originale von Arnold dem Älteren handelte, um einen wahren Schatz also. Es fehlten zwar viele Teile, die wichtigsten aber waren vorhanden. Dass das Grab restauriert werden sollte, war bald beschlossene Sache. Für die Finanzierung (insgesamt wurden über 80.000,– Euro investiert) kamen Bund, Land und Gemeinde auf, die Restaurierung übernahm Professor Ghezzi – nachdem die Spedition Huber das Grab in seinen Einzelteilen kostenlos nach Salzburg transportiert hatte.
Für den Museums- und Kulturverein, dem die Durchführung übertragen wurde, war das Projekt eine Verpflichtung und zugleich Herausforderung.
Damit sind wir beim Kern der Geschichte: Das Ostergrab könnte heuer nämlich nicht zum 15. Mal aufgebaut werden, wenn es nicht viele Menschen gäbe, die gerne ihren Beitrag dazu leisten. „Der Geist des Zusammenhaltens war von Anfang an das Wichtigste“, sagt Carl.

Mühselige Anfänge

Als man das restaurierte Ostergrab zum ersten Mal aufbaute, waren mehr als zwanzig Mann dabei im Einsatz, die meisten von ihnen Zimmerer. Fünf Tage lang arbeiteten sie am Gerüst und an der Installation des zwölf Meter hohen Schaubilds.
Da anfangs noch kein Flaschenzug vorhanden war, gestalteten sich die Arbeiten sehr mühselig. 2017 wurde dann von Horst Pali auf einem wackeligen Holzgestell ganz oben an der Decke ein Haken für den Flaschenzug angebracht, was den Aufbau wesentlich erleichterte. Dank des Einsatzes von Fachleuten wie Stefan Pletzenauer oder Andi Lackner, die für alle Probleme eine Lösung parat haben, verlaufen die Arbeiten von Jahr zu Jahr besser und effektiver.
Mittlerweile ist das Ostergrab von weniger Leuten innerhalb eines Tages aufgestellt. Sichtlich berührt erzählt Carl davon, dass sich immer genug Freiwillige für die Arbeiten finden. „Das ist nicht selbstverständlich, schließlich investieren sie zwei volle Tage!“. Auch dass die Schützen vom Karsamstag bis zum Auferstehungsgottesdienst die Grabwache übernehmen, darf nicht unerwähnt bleiben. Es braucht viele helfende Hände, um den schönen, alten Brauch am Leben zu erhalten.

Entscheidend ist die Begeisterung für die Sache!

Carl übergab die Leitung der Arbeiten im Jahr 2012 an Brauerei-Chef Günther Huber – gemeinsam mit einem selbst verfassten Gedicht. Carl ist nämlich der Meinung, manche Dinge lassen sich am besten durch einen Reim oder in einem Lied ausdrücken: (siehe unten)
Ist das Grab am Dienstag in der Karwoche aufgestellt, treffen sich die Helfer nach getaner Arbeit im Bierturm und genießen ein wohlverdientes Gläschen oder auch zwei. Am Dienstag nach Ostern bauen sie oder andere Helfer es wieder ab und verstauen seine Einzelteile in der „Dechant Geign“.
Viele Menschen aus St. Johann haben jedes Jahr ihre Freude am Ostergrab, an den bunten Lichtern und der ganz eigenen Stimmung, die es in der Kirche erzeugt. Sie möchten einen Besuch in der Kirche in den Ostertagen nicht missen.
Die Tradition des Ostergrab-Aufstellens, sie fehlte in den letzten beiden Jahren. Wie so vieles Zwischenmenschliche fehlte. Denn im Prinzip geht es bei der Pflege unseres (kirchlichen) Brauchtums ja auch um das Miteinander, darum, gemeinsam etwas zu schaffen und erleben. Das Ostergrab ist eines der vielen kleinen Dinge und Geschehnisse, die das Zusammengehörigkeitsgefühl im Ort stärken, die uns das Gefühl von Heimat geben, von Sicherheit und Geborgenheit. Weil wir gemeinsam vieles erreichen.

Doris Martinz

Spendenkonto „Ostergrab“ bei der Raiffeisenbank Kitzbühel – St. Johann, Bankstelle Fieberbrunn, IBAN: AT17 3626 3000 0514 3227

 

7 x AUFGSTOIT – ÅBAUT und VARAMB

I hus soiwa nit glab, oiwei wida na’chzoit,
7x ham mia jetzt scho’ mitanånd des Grab aufgstoit.
Und 7x hammas a ada Geign in varamb,
danåch no schen zfried’n ghuckt an Turm mitanånd.

Mit an bissl an Stolz, auf des wås ma håm tu’,
fi die gånz Gmoa is g’wes’n, aba mia håm a wås davu.
Dass si 30 Manda fi des neman die Zeit,
zoag, dass no nit so weit feit bei insere Leit’.

Und a jeda is wichtig, a wenn mas nit moant,
es miassn scho’ d’Leit sein, bis ois richtig loant.
Aufglegt, ummigfiascht, zubråcht und aufbaut.
Es braucht Zeit und Årbeit, bis ois wås gleischaut.

Wenn i kåt a des Gwrig vo die ersten Moi denk,
wo ma ins woaß Gott wia plag håm und schiaga ois is gwen zwenk.
Mit Stapler und Seilzug die Tram installiert,
bis ma endlich håm den Flaschenzug montiert.

Aba mit jedem Moi semma bessa wån,
es send die vuin kloan Såch’n, wo mas tuat gwåhn.
Wann ins mit a Podestl in Gei kimb, semma in 6 Stund beim Broi,
und auf des gfrein mia ins oi, des valang scho die Troi.

So mecht i heit jedem danken fi ois wås er tu håt fürs Gråb.
Der Herrgott sein Segn gebn håt bei insera Tåt.
De ganz Zeit unfallsfrei gwesen send,
er iba ins schützend ghoitn hat seine Händ.

Und des i jetzt stoiz derf nema mein Huat,
den Geignschlüssel an Günther geben derf, ders nach mir tuat,
macht mi zfried’n, weil då is ma ums Gråb nit load,
insan neichn Gråbchef wünscht ois Guade …. da Woad.

Carl Hofinger, 12. März 2012