JAN SCHÄFER IST EIN KRITISCHER MARKETINGEXPERTE – VOR ALLEM GEGENÜBER DER EIGENEN BRANCHE.

Er kommt in einem blauweiß gestreiften T-Shirt und einer blauen, sportlichen Hose daher und trägt dazu ein sympathisches, offenes Lächeln. Er könnte vieles sein, vielleicht ein Handwerker oder Bergführer. Aber Marketingexperte? Er redet auch nicht Hochdeutsch, wie sein Name vermuten lässt. Das liegt an seinen österreichischen Wurzeln: Der heute 59-Jährige verbrachte die ersten Jahre seiner Kindheit in Klein Walsertal, der Heimat seines Vaters, bevor die Familie nach Hamburg übersiedelte. Nach Jahrzehnten,­ die er unter anderem in Deutschland verbrachte, zog er vor zwölf Jahren nach Osttirol und spricht breitesten Dia­lekt – wenn es für das Gegenüber und in der Situation passt.
Jan Schäfer fällt mit seiner Bodenständigkeit aus dem Rahmen. Auf eine sehr wohltuende Art. „Die Marketingbranche ist oft mehr Schein als Sein“, meint er kritisch. Und doch ist sie seit über zwanzig Jahren sein Metier. Warum ist das so, was fasziniert ihn dann doch wieder? „Dass man mit Marketing und Kommunikation Großes bewirken kann. Und dass man in meinem Job Einblicke in viele andere Branchen gewinnt“, erklärt er. Außerdem erlebe er es als sehr sinnstiftend, Unternehmen voranzubringen. Denn: „Marketing ist der entscheidende Faktor für nachhaltiges Wachstum und den Erfolg von Unternehmen. Durch zielgerichtete Marketingmaßnahmen kann man eine Marke stärken, Mehrwerte betonen, neue Kund:innen gewinnen und bestehende Kund:innen langfristig binden.“
Der Zugang zur Kommunikation habe sich ihm über die Marktforschung eröffnet, erzählt er. Zur Marktforschung kam er, weil er als Holzwirt keine Arbeit fand. Holzwirt wurde er, weil er sich als Jus-Student in einer Gartenbau-Firma ein Taschengeld verdient hatte und der Chef dort meinte, die „Juristerei“ sei nichts für ihn. Und weil für die Fortsetzung des Studiums der Soziologie, das er nach Abbruch des Jus-Studiums in den USA angefangen hatte, das nötige Kleingeld fehlte. Und so fort … Jan Schäfers Lebensweg ist voll unerwarteter Wendungen, gespickt mit Tiefen und Höhen.

Das Leben – eine Achterbahn

In seinem Leben sei im Prinzip immer alles anders gelaufen als geplant, gesteht Jan Schäfer lächelnd. Dank der Umwege sammelte er in den Jahren viel Lebenserfahrung und enorm viel Fachwissen. Er absolvierte Lehrgänge und Ausbildungen zum Marktforscher, wurde strategischer Marketingplaner, er betreute­ einen sehr großen Kunden in Norwegen und lebte ein Jahr lang dort, erlitt ein Burnout und kehrte zurück in den Gartenlandschaftsbau. Er kam über alte Kontakte nach Schweden, traf dort auf Leute aus der Holzwirtschaft, geriet als Experte für Aufforstung im afrikanischen Guinea in den Bürgerkrieg, musste sich wochenlang im Busch verstecken, kam mit viel Glück unbeschadet zurück nach Deutschland und arbeitete in der Folge auf selbständiger Basis in einer Marketingfirma. Er wurde zum ersten Mal als Ghostwriter engagiert, wechselte in eine „Spezial Kommunikationsagentur“, konnte sich mit den dort geltenden moralischen Grundsätzen nicht identifizieren und beschloss 2012, gemeinsam mit seiner Frau und zwei Kindern nach Osttirol zu übersiedeln – an den Ort, den er in all den Jahre so oft mit dem Vater besucht hatte. Die Verbindung zur Heimat oder doch zu Tirol war nie abgerissen. „Ich habe immer die Sehnsucht gehabt. Die Übersiedlung vom Norden Deutschlands nach Osttirol war wie eine Erlösung.“

Werbung ist Information

In zwei Jahrzehnten schrieb Jan Schäfer als Ghostwriter 25 Bücher, vor allem Fachbücher. Doch seine Leidenschaft gilt weiterhin dem Marketing. Sein Zugang ist ein pragmatischer: „Marketing ist ein Baustein aus dem Gebäude der Betriebswirtschaft und wird zur Förderung des Verkaufs eingesetzt. Nicht mehr und nicht weniger.“ Ein Teilbereich des Marketings ist die Werbung. „Wer nicht wirbt, stirbt. Dieses Sprichwort stimmt schon“, sagt Jan. Schließlich sei Werbung auch Information. „Selbst wenn jemand Geld zu verschenken hätte, müsste er sagen, wo und wann man es sich abholen kann. Sonst bleibt man darauf sitzen.“
Marketing soll die Verkäufe­ ankurbeln und Geld bringen. Aber es kostet natürlich auch Geld – wobei der Nutzen nicht so leicht greifbar ist wie zum Beispiel bei einem Werkzeug, das man für die Produktion­ einsetzt. „Wir bekommen quasi treuhänderisch das Geld vom Kunden und arbeiten damit wirksam, das darf man erwarten.“
Es tummeln sich viele „Experten“ auf dem Marketing-Feld; nicht alles, was angeboten wird, hat Hand und Fuß, so Jan. Manche würden einfach nur Logos oder Design verkaufen: „Mit einem Logo anzufangen bedeutet, das Pferd von hinten aufzuzäumen“, weiß Jan. Basis für das Schaffen einer (neuen) Wort-Bild-Marke ist ein Marketingkonzept, das die Richtung vorgibt. Solche Konzepte arbeitet er für seine Kundschaft aus.

Säen, damit man ernten kann

Jan Schäfer arbeitet am liebsten für kleine und mittelständische Unternehmen, denn: „Die haben so viele Geschichten, vor allem, wenn sie inhabergeführt sind.“ Die besten Storys würden dort entstehen, wo gearbeitet wird, also in den Werkstätten, Büros und Praxen. Deshalb ist es Jan so wichtig, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen. „Der Kundschaft ist es oft gar nicht bewusst, dass sie das beste Werkzeug für die Kommunikation und damit den viel gesuchten USP, das Alleinstellungsmerkmal, bereits im Haus hat. Hier entstehen Geschichten, die faszinieren und begeistern, man muss sie nur herausarbeiten.“
Was Kundinnen und Kunden an Jan Schäfer besonders schätzen, ist sein breites Wissen und die Fähigkeit, schnell die Probleme und Möglichkeiten seiner Kundschaft zu erfassen – in allen Bereichen des Marketings, nicht nur betreffend Werbung.
„Kleine und mittelständische Unternehmen handeln jedoch oft erst, wenn das Kind im Brunnen liegt“, meint er anschaulich. Dabei sei es gerade jetzt wichtig, sich mit strategischer Planung zu befassen, so Jan. Sein Tipp: „Mach es in Zeiten, in denen­ es dir gut geht, in denen du die Mittel und Zeit zum Überlegen hast. Damit das, was du säst, gedeihen kann.“ Dann sei man in schwierigeren Zeiten gut aufgestellt, so der Marketingexperte.
In Workshops erarbeitet Jan mit seinen Kundinnen und Kunden die Stärken und Schwächen des Betriebs, und auch die Chancen und Möglichkeiten. Er macht das gerne auch bei einer gemeinsamen Bergtour, wenn das für die Kundschaft in Frage kommt.
Jan ist keiner, der sich über seine Kreativität definiert. „Klar sind Ideen und Fantasie im Marketing gefragt. Aber am Ende des Tages bewegen wir uns alle auf dem Boden der Tatsachen.“ Kommunikation muss für ihn superschnell erfassbar und verständlich sein, sonst kommt die Botschaft nicht an. Ästhetik sei wichtig, sagt Jan, aber sie dürfe dem Produkt oder Unternehmen nicht die Show stehlen. „Wer in Schönheit stirbt, ist trotzdem tot“, bringt er es auf den Punkt. Dass es auch anders geht, beweisen die Strategien, die er für seine Kund:innen erarbeitet hat – in Tirol, Osttirol, Kärnten und weit darüber hinaus. Am besten unterhaltet ihr euch einfach einmal unverbindlich mit ihm!
Doris Martinz