Zirka 130 ukrainische Flüchtlinge sind in St. Johann untergebracht. Maßnahmen der Politik und private Initiativen greifen ineinander, um ihnen das Leben im Exil zu erleichtern.

Sie kommen in Bussen oder – in seltenen Fällen – mit dem eigenen Auto. Es sind vor allem Frauen und Kinder, die in St. Johann Schutz suchen. Ihren Männern, Brüdern, Vätern und Söhnen ist die Ausreise aus der Ukraine untersagt, viele von ihnen kämpfen für ihr Vaterland. Manche der Geflüchteten sind in Panik aufgebrochen und haben nichts bei sich, als das, was sie am Leibe tragen. Andere konnten zumindest noch einen Koffer oder einen Rucksack packen, bevor sie sich mit den Kindern auf einen gefährlichen Weg machten. Das hohe Maß an Hilfsbereitschaft, auf das sie in St. Johann stoßen, beschämt einige von ihnen richtiggehend. Weil sie niemals geglaubt hätten, dass das Entgegenkommen in der Fremde so groß sein könnte. Es nimmt ihnen etwas Last von den Schultern.
Für das Team der Homebase­ rund um Thomas Brandtner steht es außer Frage, dass derzeit alles unternommen wird, um den ukrainischen Flüchtlingen zu helfen. Thomas steht in engem Austausch mit dem Freiwilligenzentrum Pillerseetal – Leukental und der Gemeinde, es geht alles Hand in Hand.
Von den insgesamt zirka 130 Menschen aus der Ukraine, die derzeit (Stand 20.4.22) in St. Johann untergebracht sind, wurden 90 vom Land Tirol zugewiesen. Äußerst kurzfristig, wie Bürgermeister Stefan Seiwald bei unserem Gespräch in der Homebase anmerkt. „Wir hätten uns etwas mehr Vorlauf gewünscht, um entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Die Aktivitäten seitens des Landes beschränkten sich nämlich darauf, die Flüchtlinge in Bussen zu uns zu bringen und die Unterkunft im St. Johanner Hof zu organisieren.“ Seiwald bringt aber auch Verständnis auf für überforderte Verantwortliche bei den Tiroler Sozialen Diensten: „Die haben ihre Wege einzuhalten, Behörden sind nun einmal nicht so flexibel, wie es private Initiativen sein können.“ Zum Glück gibt es solche in St. Johann. Sie kümmerten sich um die Menschen, kauften für sie ein, versorgten sie mit dem Notwendigsten. Bei der Verpflegung sprang das Krankenhaus St. Johann ein. „Das Team dort kocht für die Flüchtlinge mit, das läuft sehr gut“, so Seiwald.

Sprachkurse und Jobvermittlung

Im St. Johanner Hof finden inzwischen Sprachkurse statt. Für die zirka 40 Personen, die privat im Ort untergebracht sind, werden die Kurse zweimal wöchentlich in der Homebase abgehalten.
Das Homebase-Team und viele Freiwillige helfen bei der Integration. So wird zum Beispiel ein Yogakurs im Koasastadion durchgeführt, es gibt Bastelnachmittage für die Kinder und Jugendlichen, gemeinsam wurde am 24. April das Osterfest nach orthodoxem Ritus gefeiert. Einheimische begleiten Flüchtlinge zu Arztbesuchen, andere stellen sich als Fußballtrainer für die Kinder zur Verfügung oder helfen beim Einkaufen. Wenn die Verständigung zu schwierig ist, helfen die Sprachkundigen im Ort und übersetzen. Ortsmarketing, AMS und die Homebase unterstützen die Flüchtlinge bei der Jobvermittlung, denn viele Ukrainer haben inzwischen eine „blaue Karte“ erhalten und dürfen arbeiten.
Die WhatsApp-Gruppe „Ho­me­base für Ukraine“ (wir haben in der April-Ausgabe darüber berichtet) zählt inzwischen 200 Mitglieder aus dem ganzen Bezirk, sie alle bringen sich in irgendeiner Form ein und helfen nach ihren Möglichkeiten. Thomas Brandtner ist sichtlich berührt von dieser Welle der Hilfsbereitschaft. „In St. Johann tut sich von der ersten Stunde an sehr viel, es zeigt sich eine starke Solidarität. Es gibt viele Leute im Ort, die etwas Gutes tun wollen, das zeichnet den Ort aus. Darauf darf der Bürgermeister stolz sein.“ Stefan Seiwald nickt. „Auch die Vereine sind in diesem Zusammenhang wichtig, da passiert viel Positives.“

Die Menschen wollen sich erkenntlich zeigen

Zweimal lud man inzwischen die Flüchtlinge ein, bei der Flurreinigung im Ort zu helfen – die Beteiligung war überaus groß. „Die Listen, in denen man sich eintragen konnte, waren im Nu voll“, erzählt Thomas. „Die Leute wollen sich einbringen, sie wollen sich nützlich machen und für unsere Unterstützung erkenntlich zeigen“, so Thomas Brandtner. „Sie wissen das, was wir für sie tun, sehr zu schätzen.“

Am 25. Juni wird in der Kaiserstraße ein Tag der Gemeinschaft stattfinden, ein Fest der Begegnung. Nähere Infos dazu gibt’s in unserer nächsten Ausgabe. Wer sich den Helfenden anschließen und seinen Beitrag leisten will, ist herzlich willkommen. Es gibt unzählige Möglichkeiten, Gutes zu tun. Meldet euch einfach im Freiwilligenzentrum bei Melanie Hutter,
freiwilligenzentrum@regio3.at oder bei der Homebase www.cafe-homebase.at

Doris Martinz