Knödelfest: Ein Gespräch mit drei „Knödelschupfer/innen“, die sich intensiv auf den „Tag X“ vorbereiten.
Zum 40. Mal findet heuer das Knödelfest statt. Anneliese Schober, die Wirtin des Berggasthauses Grander Schupf, kann sich noch daran erinnern, wie sie ihren Opa beim Almabtrieb begleitete und die Kühe aus Fieberbrunn kommend mitten durch den Ort trieb. „Links und rechts haben schon ungeduldig die Standbetreiber gewartet, dass die letzte Kuh vorbeigeht, denn danach wurde alles gleich für den Knödeltisch hergerichtet.“ Kühe durch den Ort, mitten durch das Knödelfest zu treiben – heute völlig undenkbar. Denn aus der kleinen Veranstaltung, die zur Belebung der Nachsaison ins Leben gerufen wurde, ist ein richtiges Volksfest geworden. „Manche unserer Gäste sagen, sie fahren lieber zum Knödelfest als zum Münchner Oktoberfest, weil das bei uns authentischer, echter, traditioneller ist“, so Anneliese.
Das Grander Schupf-Team nahm erst vor acht oder neun Jahren zum ersten Mal teil. „Wir waren die ersten Wirte vom Berg!“ Schon Monate zuvor tüftelten ihr Mann und Annelieses Mutter in vielen Stunden des Probierens und Verkostens gemeinsam an ihrer Kreation, dem Apfel-Mohn-Knödel im Topfenteig, einer köstlich-süßen Verführung. Noch heute fängt man im Juli mit den Vorbereitungen an, die Füllmasse muss vorbereitet und tiefgekühlt werden. Um jene hüllt sich dann der Topfenteig. „Das ist im Prinzip wie bei einer Mozartkugel“, beschreibt es Anneliese. Sie und ihr Team bieten beim Fest auch Bärlauchknödel mit Ei an. Die Veranstaltung bedeutet einen enormen Aufwand, da Knödel, Geschirr und das ganze Drum und Dran ja vom Berg zum Ort des Geschehens geliefert werden müssen. 25 Leute sind bei der Grander Schupf insgesamt im Einsatz, um die vielen Knödel an die BesucherInnen zu bringen. Eine Stunde dauert eine Fahrt, wenn Geschirr zu spülen ist oder Nachschub benötigt wird. Es muss also auch logistisch alles gut geplant sein. Dennoch meint Anneliese: „Es ist ein super Fest, und wir sind stolz darauf, dabei zu sein!“
Knödelfest ist, wenn alle zusammenhalten
„Semmelknödel mit Schwammerlsauce“ steuert das Hotel Park in St. Johann zum Knödelfest bei. Die Familie Grander gehört zu jenen Wirten, die von Anfang an mit dabei waren. Seppi Grander erinnert sich: „Der erste Knödeltisch fing um 14 Uhr an, und es kamen an die 3.000 Besucherinnen und Besucher. Mit den Jahren und Jahrzehnten wurden es mehr, aber der richtige „Run“ setzte mit der Bewerbung der Veranstaltung im Internet und durch Social Media ein.“ Auch aufgrund der Pandemie musste die Bremse gezogen werden – heuer werden die Karten erstmals ausschließlich online vergeben, insgesamt 12.000 Stück sind verfügbar. Im August ist bereits mehr als die Hälfte der Karten verkauft. Seppi ist mit den Maßnahmen völlig einverstanden: „Wir müssen das Niveau halten, das die Veranstaltung erreicht hat, und das geht nur mit einer Deckelung der Besucherzahlen.“ Der Aufwand sei auch für ihn und sein Team groß („man braucht schon ein, zwei Jahre, bis man logistisch alles im Griff hat), aber grundsätzlich sei das Event „für die Wirte a bärige G’schicht“.
Wie viele Knödel er in den letzten Jahren verkauft hat, will Seppi nicht verraten. „Du wirst keinen finden, der dir das genau sagt“, meint er und lacht. Es hänge auch davon ab, wo man platziert ist. Auch er und sein Team fangen bereits einige Wochen vor der Veranstaltung mit dem Knödeldrehen an. Fertig-Produkte kommen dem Wirt nicht in die Küche: „Wir machen alles selber, vom Knödel bis zum Schwammerlgulasch!“ Seppi hofft, dass ihn wieder viele Leute unterstützen: „Wir sind heuer nach der Coronapause ein wenig ,rostig’, es fehlt die Routine, das wird spannend. Hoffentlich kommen wieder alle Helfer, ich muss eh gleich einmal nachfragen …“ Er spannt Familie und Freunde ein, „15 bis 20 Leute, man könnte nie genug haben!“
Das Coolste am Knödeltisch ist für Seppi die Transformation, die die Veranstaltung in den Jahrzehnten hingelegt hat – von der einfachen Nachsaisonsbelebung über das Event, bei dem die „Flüssignahrung“ eine übergeordnete Rolle spielte, bis hin zum „hippen Fest“, das in puncto Stimmung den Vergleich mit dem Herbstfest in Rosenheim oder gar dem Oktoberfest in München nicht scheuen muss. „Mir taugt die Stimmung, das hat einfach Stil – die Musik, das Bier, die Kulinarik und die vielen jungen Leute, die sich alle herausputzen und in Dirndl oder Lederhose kommen.“
Bei aller Freude schlagen doch zwei Herzen in Seppis Brust: Jenes des Wirts kann das Fest kaum erwarten. Jenes des TVB-Obmanns, der er ja auch ist, ist immer froh, wenn die Veranstaltung vorbei und alles gut gegangen ist – ohne Raufereien oder Unfälle. Worin sich beide Herzen einig sind: „Das Schöne ist, dass wir in St. Johann über so viele Jahre schon alle gut zusammenarbeiten: der TVB, die Gemeinde, die Wirte. Wir halten zusammen. Nur so kann eine Veranstaltung überhaupt ein vierzigjähriges Jubiläum feiern.“
Exotik am Knödeltisch
Fünfzig Kilogramm Kartoffeln schälte Küchenchefin Michelle höchstpersönlich und eigenhändig für das Knödelfest 2019 – das erste, an dem die „Rockbar“ teilnahm. Der Kartoffelteig für die Knödelvariation aus Michelles Heimat Brasilien ist eine eigene Kreation, die Füllung ein Geheimnis. Rindfleisch, Zwiebeln, Frischkäse und Koriander sind drin, soviel verrät sie. Zum exotischen Genuss bietet die Rockbar einen süßen Grieß-Topfen-Knödel an, dessen Rezept im Internet auf der Knödelfest-Seite nachzulesen ist (www.knoedelfest.at). Michelle Da Silva Reis freut sich sehr, dass die Rockbar heuer zum zweiten Mal beim Knödelfest teilnehmen darf – das Restaurant bei den Eichenhof-Liften ist das jüngste Mitglied der „Knödelrunde“. „Ich bin froh, dass wir auf diese Weise im Dorf präsent sein können und uns die Leute nicht vergessen. Im Sommer müssen wir um jeden Gast kämpfen“, sagt Michelle.
Sie ist begeisterte Anhängerin der Veranstaltung – auch wenn sie vom Kartoffelpressen ein paar Tage lang Muskelkater hatte und die Organisation für sie und ihr Team auch heuer keine kleine Herausforderung bedeutet. Die exotischen Knödel fanden vor drei Jahren viel Anklang. „Die Leute sind neugierig. Speckknödel und die anderen Klassiker kennt man ja, aber unsere Knödel mit der besonderen Würze, eben brasilianisch, die kennt man noch nicht“, sagt Michelle mit glänzenden Augen. Zu den geheimnisvollen Latino-Knödeln kam sie übrigens durch das Abwandeln einer bekannten einheimischen Spezialität, des Selchfleischknödels. „Das passiert bei uns oft so“, erzählt sie. „Ich nehme ein einheimisches Gericht und lege es neu auf mit einem brasilianischen Touch. Das zeichnet meinen Kochstil aus, er macht aus Gewohntem etwas ganz Besonderes. Auf diese Weise haben wir schon viele Fans gewonnen.“
Das wird ohne jeden Zweifel auch beim Knödelfest 2022 so sein. Fast 600 Meter lang ist der Knödeltisch heuer – so lang wie noch nie. 17 Gastwirte geben zirka 26.000 Knödel in insgesamt 22 Varianten aus. Findet euren Lieblingsknödel!
Doris Martinz
Knödelfest: 3-Tages-Programm
Freitag, 23. September, 20 Uhr
Sommerkonzert der Musikkapelle St. Johann mit Stargast MARKUS WOLFAHRT
Samstag, 24. September
40. St. Johanner Jubiläums-Knödelfest
11 Uhr: Eröffnung mit Einzug der Musikkapelle St. Johann in Tirol und den Festwirten
bis 20 Uhr: Live-Musik mit 8 Musikgruppen
Sonntag, 25. September, ab 11 Uhr
Knödelfest-Frühschoppen mit Marc Pircher im Duo
Eintritt: Euro 10,- (inkl. gratis Rezeptbuch und Anstecknadel)
ACHTUNG:
Die Eintrittskarten werden ausschließlich online auf www.knoedelfest.at oder im Infobüro des Tourismusverbandes St. Johann in Tirol verkauft (solange es ein Kartenkontingent gibt). Bitte beachtet, dass es vor Ort am Tag des Knödelfests
wahrscheinlich keine Möglichkeit geben wird, um noch Tickets zu kaufen.