Walter Huter erzählt davon, wie er nach St. Johann kam, von der Sängerrunde, einem Riesenfass und mehr.
Wir führen unser Gespräch im Garten, im wunderschönen, riesengroßen Garten der Familie Huter. Üppig blühende Hortensien, ein murmelndes Bächlein, schattiger Waldrand, ein zur Sauna umfunktionierter Heustadl – hier lässt es sich aushalten. Walter Huter nickt: „Ja, wir haben es schön hier“, sagt er. Er hat in Haus und Garten vieles selbst gemacht, war immer ein geschickter und ideenreicher Handwerker.
Seit 1966 lebt er mit seiner Familie in St. Johann, viele kennen den 85-Jährigen als Betreiber der Trafik in der Kaiserstraße. Geboren wurde er allerdings in Landeck. Ins Unterland zog es ihn aus beruflichen Gründen: Er wurde Geschäftsführer des Lagerhauses in St. Johann, das damals noch in der Nähe des Bahnhofs angesiedelt war.
Er hatte in Raumberg in der Steiermark die Höhere Lehranstalt für Alpenländische Landwirtschaft besucht und 1960 maturiert. Als er in St. Jo-
hann eintraf, war er schon mit seiner Gisela verheiratet, und der erste der beiden Söhne, Michael, war bereits geboren. Lukas folgte bald.
Schöne Erinnerungen
Schon kurz nach seiner Ankunft wurde Walter Mitglied in der Sängerrunde St. Johann, deren Obmann er 43 Jahre lang sein sollte. Konzertreisen führten die Sänger in viele Länder, von „Griechenland bis Amerika“, erzählt Walter. Er habe immer leidenschaftlich gerne gesungen und das Reisen mit der Gruppe geliebt. Besonders schön sei immer das Adventsingen in vielen – auch deutschen – Orten und am vierten Adventsonntag in der Pfarrkirche von St. Johann gewesen. „Dafür waren wir bekannt, hiesige Gruppen und die Haller Stadtpfeifer haben uns begleitet. Die Musiker haben gesagt, erst wenn sie in St. Johann spielen, dann ist für sie Weihnachten“, erinnert sich Walter.
Von all dem ist wenig übriggeblieben. Zehn Männer von ursprünglich 30 sind es noch, die sich einmal in der Woche auf ein Gläschen treffen. Geübt wird nur noch, wenn zum Beispiel der Geburtstag eines Mitglieds ansteht. „Wegen Überalterung geschlossen“, sagt Walter, er hat längst resigniert. Man könne junge Männer einfach nicht fürs Singen begeistern, meint er betrübt. Und Damen in den Sängerkreis aufzunehmen, komme nicht in Frage: „Dafür gibt es ja einen anderen Verein. Mit Damen haben wir nix am Hut, ein Männerchor ist ein Männerchor!“
Walter wird ein wenig melancholisch. Man habe viele Ausflüge gemacht mit der Sängerrunde, es lustig gehabt in der Gruppe. Sagenhafte Ausflüge seien es gewesen, meint Gisela mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck. Für sein Engagement wurde Walter Huter übrigens heuer mit dem Kultur-Ehrenzeichen der Gemeinde St. Johann ausgezeichnet.
Ein Riesenfass für Jaggasn
Als Obmann der Sängerrunde war Walter auch bei Jaggasn, dem Fest der Vereine, stets maßgeblich dabei. Vor Jahren bauten die Männer unter Walters Regie ein mobiles Riesenfass – sieben Meter lang, drei Meter hoch und mit 40 Sitzplätzen. Die Idee dazu war zu vorgerückter Stunde beim Zusammensitzen nach einer Probe zustande gekommen. „Singen ist halt gut fürs Gehirn“, meint Walter spitzbübisch. Als er seinen Job beim Lagerhaus aufgegeben und gemeinsam mit Gisela die Trafik übernommen hatte, fehlte die Möglichkeit, das große Ding zu transportieren und unterzubringen. Man verkaufte das Fass an den Tennisclub Kirchberg. Wo es sich heute befindet, kann Walter nicht sagen. „Das würde mich wirklich interessieren.“
Walter organisierte viele Male die jährlichen Sängerbälle und zweimal auch den Faschingsball der Kulturvereine – und dann kam Corona. Die Pandemie änderte einiges in der Familie Huter: Die Apartments, die Gisela bis dahin noch vermietet hatte, wurden nun von den Söhnen bezogen. Michael hatte schon 2014 die Trafik von seinen Eltern übernommen.
„Außenstelle“ in Niederösterreich
Als gebürtige Oberlandler wissen Walter und Gisela die Vorzüge ihrer Wahlheimat sehr zu schätzen: „So eine Lebensqualität findest du sonst nirgends. Es ist alles da, was ein Normalsterblicher braucht“, sagt Walter, und Gisela nickt dazu.
St. Johann hat alles – außer einen Weingarten mit Weinkeller. Deshalb sind die Huters hier schon vor 30 Jahren ausgewichen und haben dank ehemaliger Lagerhaus-Kontakte in Röschitz in Niederösterreich zwei Weinkeller samt Weingärten gekauft. Die Weingärten werden von Winzern der Umgebung bewirtschaftet, die Pacht wird in Wein entrichtet. „Das ist der Grund, warum bei uns nie ein Mangel an Grünem Veltliner herrscht“, sagt Walter augenzwinkernd. Er und seine Söhne haben in den letzten Jahren viel saniert, aus- und umgebaut in Röschitz, die Familie verbringt in der warmen Jahreszeit dort immer wieder gerne ein paar Urlaubstage.
In diesen Urlaubstagen fehlt Walter natürlich in St. Johann. Er fehlt am Mittwochvormittag beim Kaschtler-Stammtisch im Café Rainer und am Nachmittag beim Sängertreffen im Postmarkt. Man kommt um 16 Uhr zusammen, um 18 Uhr sperrt das Lokal zu. „Das soll ja keine ,Huckerei’ werden“, meint Walter. Am Freitag ist der Herrenstammtisch im Huber Turm angesagt, auch hier fehlt Walter nur ungern.
Allerlei Tiere
Die Familie Huter hat nicht nur ein Faible für guten Wein, sondern auch für Tiere. Im Garten, in dem ich mit den Huters zum Gespräch sitze, zog Gisela einmal eine kleine Eule auf, die jemand in Oberndorf gefunden hatte. Als sie in die Freiheit entlassen war, kam sie immer wieder zurück und setzte sich auf Giselas Schulter. Erst als für einige Wochen der Nachbarhund bei ihnen einzog, weil seine Besitzer in den Urlaub fuhren, zog sie sich zurück und ließ sich kaum noch blicken.
Gisela züchtete früher selbst Hunde, die Familie hielt zudem Haflinger, Schafe, Enten, Hühner und irgendwann auch eine eigene Kuh. Mit dem Älterwerden wurden die Tiere weniger, „wie das halt so ist“, meint Walter.
Früher hatten auch die drei Enkelkinder ihre Freude an den Tieren und am Toben im Garten, jetzt kommen sie gerne zum Essen vorbei. Lorenz führt das Sportgeschäft „SpaxXx“ in St. Johann.
Corona hat übrigens für eine weitere Änderung im Haus Huter gesorgt: Da man sich nicht in Innenräumen treffen durfte, plauderten die Huters mit ihren Nachbarn über die Gartenmauer hinweg. Die Gespräche wurden zu einem Fixpunkt und sind es noch heute: Jeden Samstag zur vereinbarten Zeit trifft man sich an der Mauer auf einen „Ratscher“. Walter bekam von seinen Nachbarn sogar ein eigenes Bankerl an der Mauer, damit er nicht so lange stehen muss. Die Nachbarschaft ist ihm wichtig. „Man hilft sich gegenseitig mit Gartengeräten und sonstigem Werkzeug aus, ist füreinander da“, erzählt er. Wie schön zu erfahren, dass die Pandemie auch Gutes zutage brachte. Und dass es Menschen gibt, die das Miteinander pflegen. Dass sie es mit viel Liebe pflegen wie ihren Garten, dieses wunderschöne, große, grüne Idyll in St. Johann.
Doris Martinz