Barbara Buter-Lindner über ihr Leben voller Gastfreundschaft, Menschen und Begegnungen.

Barbara kenne ich noch als „Godi“ – so nennen sie nämlich nicht nur Familienmitglieder, sondern auch die Mitarbeiter des Penzinghofs – zu denen ich, vor rund 15 Jahren, im Rahmen eines Sommerpraktikums im Service ebenfalls gehörte. Was mich damals an ihr schon so inspirierte, strahlt sie selbst noch in ihrem wohlverdienten Ruhestand aus: eine unbändige Freude und Begeisterung für die echte Gastfreundschaft. Sie lädt mich für unser Gespräch zu sich nach Hause ein, wo sie mir mit ihrem charakteristisch roten Haar und fesch gekleidet, bei einer duftenden Tasse Kaffee, ein wenig aus ihrem Leben erzählt.

Fremder, frischer Wind

Geboren ist Barbara 1956 im Schörgererhof, als jüngstes von vier Geschwistern. Sie erzählt von einer schönen Kindheit, in der sie, wie sie sagt, sehr behütet aufgewachsen ist. „Ich war eine Nachzüglerin und meine Geschwister haben immer sehr gut auf mich geschaut.“ Vor allem der große Bruder „Steff“ war wie ein jüngerer Vater für sie. Noch heute kann sie sich an das schöne Bauernhaus erinnern, worauf sie und ihre Familie sehr stolz waren und nach wie vor sind –
hatten sie es immerhin mit viel Arbeit und Liebe dazu gemacht, was es war. Der Vater war ein bekannter Viehzüchter, wodurch die Familie mehrere Ausflüge ins Salzburger Land und in Tirol machte und dabei Land und Leute kennen lernten. Generell war Stefan sen., der im Krieg die Nottierarztprüfung gemacht hatte, ein sehr gefragter Mann: „Ich habe noch im Ohr, wie uns damals in der Nacht Leute weckten, wenn eine Kuh beim Kalben war,“ so Barbara lachend und ergänzt: „Der Vater hat deshalb auch gesagt, dass er nie einen Führerschein machen wird, sonst ist er nur noch unterwegs und nie am Hof zu Hause zum Arbeiten.“
In den 60er Jahren begrüßte der Schörgererhof seine ersten Gäste. Den Anfang machten Touristen, die von Deutschland kommend einen Zwischenstopp in Oberndorf einlegten, um sich für die Weiterfahrt nach Italien auszuruhen. Für die einen hieß es „Die Fremden kommen“ für Barbara jedoch, dass ein frischer Wind in die Stube geweht kommt. Sie sog mit Begeisterung alles Neue auf, was die Menschen aus der Ferne mitbrachten: Spiele wie Monopoly, Themen die sie in ihrer Heimat beschäftigten, Fahrzeuge wie den VW Käfer und vieles mehr.
Dort, wo heute noch die Schnapsbrennerei steht, wurde 1968 ein Lift gebaut, in dessen Gebäude ein kleiner Ausschank, der vom Schörgerer betrieben wurde, Platz fand. Barbara kann sich noch gut erinnern, wie sie vor lauter Qualm von den Rauchern, die damals ja sehr en vogue waren, kaum ihre Hände sehen konnte. Nichtsdestotrotz war sie enthusiastisch mit dabei und half, wo sie konnte. Im August 1969 beschloss die Familie Lindner, ein Hotel zu bauen. „Noch während des Baus wurde kurzerhand entschieden, statt einem Stockwerk zwei zu errichten,“ erzählt Barbara schmunzelnd. „Wir waren die ersten, die Zimmer mit Bad und WC hatten – die Leute haben gesagt: Der Schörgerer spinnt!“ Eröffnet wurde zu Silvester – zwar war noch längst nicht alles fertig, aber die Gäste waren froh, dass es Leckeres zu Essen und Trinken gab, und so wurde der Penzinghof sukzessive weiter ausgebaut, bis es im Sommer 1970 zur Fertigstellung kam.

Vom Dorf in die weite Welt

In den 70er Jahren begann für Barbara ein besonders wichtiger Lebensabschnitt, der sie nachhaltig prägen sollte: Die Ausbildung an der Villa Blanka in Innsbruck. „Damals war es ein Privileg, die Hotelfachschule an dieser teuren Privatschule machen zu dürfen. Es waren zwar nur drei Jahre, aber es wurde gehandelt wie ein Studium,“ erinnert sich Barbara. Für die damals 14-Jährige war die Schule ein Sprungbrett vom Dorf in die große weite Welt. Sie traf auf einmal auf viele neue Schulkameraden aus anderen Regionen, lernte unter anderem Französisch und den Weitblick beim Praktikum im 5-Sterne-Schulhotel. Die Sommer-Praktika verbrachte sie stets im Penzinghof, denn dort gab es genug zu tun – und sie kam, wie sie selbst sagt, wieder aus dem Nobelhimmel „auf den Boden“ zurück.
Als einen weiteren wichtigen Schritt in ihrer Karriere beschreibt Barbara den Rhetorikkurs in Innsbruck, zu dem sie durch Zufall kam: „Es war 1974 um die Weihnachtszeit – ich hatte mir den Fuß gebrochen und war im Betrieb „nicht zu gebrauchen“. Plötzlich meinte meine Schwester, die Ortsleiterin der Landjugend war, ob ich nicht statt ihr zu dem Rhetorikkurs nach Innsbruck fahren möchte.“ Barbara nutzte die Gelegenheit und fuhr in die Landeshauptstadt zu dem Kurs, der für die damaligen Verhältnisse sehr professionell aufgezogen wurde. Sie hatte in der Hotelfachschule gelernt, sich gepflegt auszudrücken und brillierte mit dem neu Erlernten vom Kurs – das fiel auf. „Ich kam wie die Jungfrau zum Kind – hatte ich vorher mit der Landjugend nicht viel zu tun, machte ich plötzlich Karriere – anfangs als Ortsleiterin, später als Gebiets-, Bezirks- bis zur Landesleiterin.“ Mit einem Mal war Barbara im ganzen Land bekannt und lernte namhafte Politiker wie Wallnöfer oder Fischler persönlich kennen. Barbara meint lachend: „Das ist mir bis heute geblieben – mir macht es nichts aus, vor vielen Menschen zu stehen und zu reden.“ Ab einem gewissen Punkt war für Barbara aber Schluss – nämlich, als sie nicht mehr garantieren konnte, dass das, was sie vortrug, von Herzen kam. Sie ist für die Erfahrungen jener Zeit aber sehr dankbar und denkt noch gerne an die tollen Reisen und wichtigen Versammlungen, die sie mit der Politik erleben durfte, zurück.

Das Leben schreibt die schönsten Geschichten

Heiraten oder Kinder bekommen war für Barbara nie ein Thema. Sie war stets beschäftigt und unterwegs und liebte es, Neues zu lernen und zu erleben. Durch ihre Ausbildung zur Weinkennerin kam sie zu ihrer wahren Passion, die sie noch heute begleitet. Sie gehörte zu den ersten geprüften Sommeliers in Österreich und leistete viel Pio­nierarbeit hinsichtlich der Prüfungsfragen und gab für viele Weinkarten Österreichs einen positiven Anstoß zur Weiterentwicklung.
Sie spricht auch hervorragend Italienisch, dessen Grundstein sie mit einem 14-tägigen Intensivkurs in Florenz gelegt hatte. Durch ihre Sprachkenntnisse ebnete sich plötzlich auch der Weg für die italienischen Gäste, die sich nun verstanden und wohl fühlten. „Seitdem hieß es im Hotel ständig, wenn die Italiener kamen – Dov’è Barbara (Wo ist Barbara?)“, so Barbara fröhlich.
Das Leben schreibt seine eigenen Gesetze, und auch wenn Barbara es nie geplant hätte, war eines Tages zur Weihnachtszeit 1996 im Restaurant des Penzinghofs ihr zukünftiger Ehemann zu Gast. Noch heute schlägt ihr Herz höher, wenn sie die Geschichte erzählt: „Johan war mit einem holländischen Ski­club zur Weihnachtszeit in Oberndorf und da er für den Zeitraum kein Zimmer mehr fand, kam er bei uns unter. Am Abend, als er mich beim Arbeiten sah, frage er nach mir – denn er war sich sicher, die Frau gefunden zu haben, die er heiraten möchte.“ Barbara und Johan lebten über 15 Jahre in einer Fernbeziehung, pendelten regelmäßig zwischen Österreich und Holland hin und her, bis es 2000 zur romantischen Hochzeit kam. Heute nennen die beiden Oberndorf ihr zu Hause.

Aufhören, wenn es am Schönsten ist

Barbara hat im Laufe ihrer Berufskarriere zahlreiche Epochen des Tourismus mitgemacht und miterlebt, wie sich sowohl der Beruf in der Gastronomie als auch die Gäste sich verändern. Sie erzählt von der Dankbarkeit der langjährigen deutschen Gäste, und wie sie damals über zehn verschiedene Schnitzelgerichte und Sachen wie „Appetitbrot“ auf der Speisekarte hatten – Gerichte, wofür es ganz normal war, auch mal anzustehen. Wenn sie sich etwas wünschen könnte, dann, dass die Freude an der echten Gastfreundschaft wieder zurückkommt. Man gibt viel, es ist oft harte Arbeit, aber am Ende des Tages bekommt man sehr viel zurück. Dadurch, dass der Penzinghof immer schon ein Familienbetrieb war, gab Barbara stets ihr ganzes Herz. Sie war unter den Mitarbeitern bekannt, viel zu fordern – nämlich immer das, was sie auch von sich selbst forderte –
wodurch sie aber auch viel förderte. Im Dezember 2023 war es so weit, und Barbara wusste – jetzt, mit 67 Jahren, nach 50 Jahren Arbeit im Penzinghof, ist es an der Zeit, aufzuhören. „Ich konnte viel bewirken, hatte immer freie Hand. Der Familienzusammenhalt brachte uns immer nach vorne.“
Sie freut sich nun auf viele schöne Reisen mit ihrem lieben Johan. Ein Privileg, das sie sich hart erarbeitet hat, aber stets mit Demut entgegentritt. „Mein Leitspruch stammt aus einer Predigt von unserem Oberndorfer Pfarrer Dollmann, der später Johan und mich auch getraut hat: Weniger Hass, weniger Neid, weniger Hochmut und etwas mehr Demut.“
Wir danken dir, liebe Barbara, für das inspirierende Gespräch und wünschen dir einen wundervollen, bunten und herrlichen, mehr als wohlverdienten Ruhestand!

Viktoria Defrancq-Klabischnig