Christoph Holz über selbstfahrende Lieferwagen und mehr.

Der St. Johanner Informatiker Christoph Holz befasst sich intensiv mit Künstlicher Intelligenz, er ist gefragter Keynote Speaker und hält zu diesem Thema Vorträge in aller Welt. Es geht ihm dabei auch darum, Menschen die übertriebene Angst vor der neuen Technologie, die bereits Einzug in unser aller Leben hält, zu nehmen. „Natürlich birgt der Einsatz von KI gewisse­ Risiken, das ist nicht von der Hand zu weisen. Aber wir sollten auch die Chancen sehen, die sich uns bieten“, so Christoph. Er zeichnet für uns das Bild einer zukünftigen Welt, in der Künstliche Intelligenz einige große Probleme unserer Gesellschaft löst:
Selbstfahrende Lieferwagen­ bringen in dieser Welt Produkte, die wir im Internet bestellt haben, direkt zu uns nach Hause. „Angesichts der Tatsache, dass in Österreich und Deutschland 100.000 LKW-Fahrer:innen fehlen, sind das gute Aussichten“, so Christoph. Der genaue Zeitpunkt der Zustellung wurde natürlich digital vereinbart, die Lieferung kommt pünktlich auf die Minute – an 24 Stunden am Tag. Auf einem Tablet gibt man einen Code ein, dann geht der Kofferraum auf. Man packt das Bestellte aus und lässt den Müll gleich im Auto, er wird professionell entsorgt. „Dann fällt auch weniger Müll an, weil die Verpackung nicht mehr so stabil sein muss“, so Christoph. Frühlingsmode bestellt? Vielleicht gibt man gleich die Winterklamotten ins Auto, sie werden eingelagert. „Und wer weiß, vielleicht kommt eines Tages ja nicht nur die aktuelle Mode oder die frische Pizza ins Haus, sondern ein selbstfahrendes Speiselokal mit Roboterkoch bei uns vorbei?“
Aber bleiben wir beim Thema Müll: Müllvermeidung und -trennung sind riesengroße­ Themen. „KI kann da bestimmt viel Gutes bewirken“, ist sich der Informatiker sicher. Vielleicht komme auch der autonome Mülltrenn-Wagen vor die Tür mit verschiedenen Boxen zum Einwerfen – zu jeder Tageszeit, wann immer wir uns dafür Zeit nehmen wollen. Die gesammelten Wertstoffe gehen nicht in die Gemeinde, sondern gleich zur Weiterverarbeitung.
Auch die Arbeitsplätze, die in diesem Bereich hinfällig werden, sind wohl kein schwerer Verlust.

Alles läuft mit Strom

Was die Antriebsarten der autonomen Fahrzeuge betrifft, setzt Christoph ganz klar auf Strom:
„Oft wird Wasserstoff als Alternative gehandelt. Für die Produktion von Wasserstoff braucht es aber viel Strom, der Energieverlust ist hoch.“ Der Verbrennungsmotor hingegen sei schon immer Energieverschwendung auf vier Rädern gewesen, so der St. Johanner. „Das liegt in der Natur der Sache: Der Kolbenmotor wandelt eine lineare Bewegung in eine Drehbewegung um. Das geht elektrisch besser.“ Außerdem würden wir keine kraftvollen, lauten Boliden quasi als Potenzmittel für die Männerseele mehr brauchen: „Heute gibt es Viagra“, sagt er lachend.
Aber ist Wasserstoff im Transportbereich nicht sehr zukunftsweisend? Christoph antwortet mit einer Gegenfrage: „Wer braucht sie noch, die großen, schweren LKWs, wenn die kleinen Lieferwagen direkt zum Erzeuger fahren und das Benötigte ins Haus bringen?“ Vor meinem geistigen Auge sehe ich eine ziemlich stark befahrene Autobahn. „Wir haben vielleicht mehr Autos, dafür aber weniger Masse“, sagt Christoph, als könnte er meine Gedanken lesen. Auch das Transportmittel Eisenbahn stellt er in Frage: „Warum wird nicht jetzt schon viel mehr mit dem Zug geliefert? Es liegt am komplizierten und aufwendigen Beladen und Löschen. Die Logistik der Eisenbahn beruht auf völlig veralteten Algorithmen.“
Vor seinem geistigen Auge sieht er kleine, autonom fahrende Transportautos, die dank KI nie leer unterwegs sind. Firmen profitieren von sinkenden Betriebs- und Personalkosten. „Unternehmen, die an alten Strukturen festhalten, sehe ich in der Zukunft nicht mehr, weil sie nicht konkurrenzfähig sind. Die, die Zukunft denken, haben eine Zukunft verdient.“
Das mag progressiv und futuristisch klingen, aber eigentlich war das schon immer so. Christoph nennt als Beispiel alte, mechanische Registrierkassen. „Als Toshiba die ersten digitalen Tischrechner herausbrachte, verwendeten manche die neuen Rechner, um die alten zu überprüfen. Sie kamen nicht auf die Idee, dass sie ersetzt werden würden – und waren dann ziemlich schnell weg vom Markt.“
Ein anderes Beispiel für massive Veränderung, an die viele nicht glaubten, ist der Schiffsverkehr: „Die ersten Dampfschiffe, die eingesetzt wurden, waren unzuverlässig und teuer. Viele waren der Meinung, die Technik werde sich nie durchsetzen, viele gaben auf. Aber dann schaffte irgendwann das erste Dampfschiff die Überquerung des Atlantiks, und alle Werften, die nicht auf moderne Technik setzten, waren bankrott.“ Was Christoph damit sagen will: Vielleicht ist Elektro-Mobilität heute noch nicht auf dem Stand, den wir uns wünschen. Aufzuhalten ist sie seiner Meinung nach aber nicht. „Innovation ist die Zerstörung des Guten durch das Bessere“, sagt er.

Lust auf mehr Bilder aus der Zukunft? In unseren nächsten Ausgaben geht es weiter …
Doris Martinz