Woher Krankenhaus-Verbandsobmann Paul Sieberer seine Motivation bezieht und mehr.

Es verblüfft mich selbst, dass ich immer wieder neue Ideen habe. Die bringen es mit sich, dass die Arbeit immer mehr wird. Also kann ich nicht aufhören.“ Eine Logik, die be-zwingt. Sie stammt vom amtierenden Bürgermeister von Hopfgarten, der zugleich Ver-bandsobmann* des Bezirkskrankenhauses St. Johann ist. Seit über dreißig Jahren führt Paul Sieberer ersteres Amt aus, seit 16 Jahren das zweite. Von Amtsmüdigkeit keine Spur. Im Gegenteil: Er sprüht vor Tatendrang.
Der heute 66-Jährige wächst als Bauernbub auf „Oberstein“ am Salvenberg auf. Schon früh setzt er sich in den Kopf, Lehrer zu werden. Der Umstieg von der Hauptschule in Hopfgarten ins erzbischöfliche Privatgymnasium Borromäum in Salzburg ist schwierig, aber aufgeben war für Paul noch nie eine Op­tion. Nach der Matura besucht er die Pädagogische Akademie („Pädak“) in Innsbruck, wird Lehrer an der Hauptschule und später an der Polytechnischen Schule in Hopfgarten. Er interessiert sich sehr für das öffentliche Leben, vor allem für den Umgang miteinander, „aber ohne ideologische Scheuklappen“. Er wird zuerst Gemeinderat und dann, 1992, zum ersten Mann in der Gemeinde gewählt. „Ich war viele Jahre lang Bürgermeister und habe daneben unterrichtet. Das war eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte“, erinnert sich Paul Sieberer. Er habe die Arbeit mit den Mädchen und Buben geliebt.

Brisantes Projekt

2008 wird Sieberer Verbands­obmann des Bezirkskrankenhauses St. Johann – als Bür-germeister befasst er sich ja schon seit Jahren mit Gesundheitsthemen. Sein hauptsäch-liches Ziel: Er will sich dafür einsetzen, dass alle Menschen in der Region Zugang zur bestmöglichen Gesundheits-Versorgung haben. Ab dem Beginn seiner Obmannschaft heißt es zunächst jedoch, die Schließung des Krankenhauses Kitzbühel und die Übertragung der Kompetenzen auf das Krankenhaus St. Johann auf Schiene zu bringen – ein politisch hochbrisantes Projekt, das den Verbandsobmann zur Zielscheibe für Anfeindungen macht. „Das hat mich schon persönlich getroffen. Dabei war das natürlich keine Entscheidung, die ich alleine getroffen habe. Inzwischen arbeiten alle zwanzig betroffenen Gemeinden auf einer pragmatischen Ebene sehr gut zusammen“, so Sieberer. Aber die Anfeindungen, die sei er nicht zur Gänze losgeworden. Er lebt damit.
Das Bezirkskrankenhaus
St. Johann habe sich im letzten Jahrzehnt gut entwickelt, so Sieberer. Im Zug der aktuellen Aufstockung entsteht unter anderem eine Angiographie-Einheit zur Untersuchung und Therapie der Gefäße. „Da tut sich eine ganz neue Qualität auf!“ Es gehe in Richtung Herzkatheter: In Zukunft sollen Patientinnen und Patienten dafür nicht mehr nach Innsbruck fahren müssen. „Alles zu zentralisieren, ist nicht gut. Ich setze mich für eine gute Versorgung im Bezirk ein.“
Qualitätssicherung ist ihm wichtig. Und vor allem der Patient, die Patientin – als Mensch. „Das muss auch den Ärzten klar sein, die Kundschaft ist der Patient beziehungsweise die Patientin.“ In diesem Zusammenhang sei auch das Beschwerdemanagement von hoher Bedeutung. „Ziel ist, dass man den Menschen ernst nimmt und ihm dieses Gefühl natürlich auch gibt.“

Zukunftsprojekt Personalwohnungen

In den letzten Jahren hat der Gemeindeverband viel investiert, unter anderem in die Sanierung von Küche und Physiotherapie-Abteilung, in den Neubau des Verwaltungsgebäudes und der Pflegeschule, den Medicubus. Ein großes Thema für die Zukunft sind Personalwohnungen. Zirka hundert Einheiten werde es noch brauchen, so Sieberer. Sollte es finanziell irgendwie machbar sein, will man den bestehenden Dienstwohnungs-Altbau in den nächsten Jahren abreißen, neu errichten und erweitern. „Dann wären wir für die nächsten dreißig Jahre gut aufgestellt“, meint Sieberer. Allerdings haben es auch die Gemeinden in finanzieller Hinsicht momentan schwer, das weiß er als Bürgermeister selbst nur zu gut. Aber er will in seinen Anstrengungen für das Krankenhaus nicht nachlassen. Dienstmüde? Nein, das ist er nicht. „Das wünschen sich vielleicht andere“, sagt er und lacht.
Es ist ihm wichtig, im Bezirk­ eine gewisse Unabhängigkeit von der Uniklinik zu bewahren. „Nicht nur dort wird gute Arbeit geleistet.“ Es brauche die Zusammenarbeit der Gesundheits-einrichtungen. Dem Gedanken einer Holding, unter deren Dach die Klinik in Innsbruck sowie die Bezirkskrankenhäuser vereint sind, kann er aber nichts abgewinnen.

Die Arbeit geht nie aus

Als Paul Sieberer als junger Mann beschloss, Lehrer zu werden, riet man ihm, lieber einen anderen Job zu wählen, bei dem man mehr verdient. Man sah ihn als „Versicherungsmathematiker“. „Aber das war nichts für mich. Geld ist nicht immer das Wichtigste.“ Ihn hätten immer mehr die Menschen interessiert, so Sieberer. Er gründete eine Familie und hat drei Kinder – darunter Sohn Peter, der mit Trisomie 21, also mit dem Down-Syndrom, lebt. Jahrelang setzte er sich unermüdlich dafür ein, dass Menschen mit besonderen Bedürfnissen, wie Peter sie hat, im Ort eine Tagesbetreuung und Wohnmöglichkeiten bekommen. Manchmal war es ein Spießrutenlauf, der ihn durch das ganze Land, von einer Behörde zur anderen, führte. Doch der Einsatz lohnte sich. „Letzten Endes habe ich dabei viel gelernt, dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Sieberer. Die Diakonie, bei der sein Sohn untergebracht ist, übernimmt zweimal wöchentlich im Sozialzentrum den Kaffeedienst. Auch sein Sohn Peter kommt dabei in direkten Kontakt mit den Bewohnerinnen und Bewohnern und profitiert vom Austausch mit ihnen – und umgekehrt. „Solche Projekte sind es, die wir brauchen. Das ist gelebte Integration.“
Letztes Jahr riefen die Gemeinden Hopfgarten, Itter und Wildschönau gemeinsam ein Standortmarketing ins Leben. Eine der ersten Aktionen der neuen Institution waren die Gesundheits- und Vitalitätswochen im März dieses Jahres. Im Zentrum stand heuer die Wirbelsäule, nächstes Jahr soll es das Thema „psychische Gesundheit“ sein. Dazu ist eine Kooperation mit dem Krankenhaus Kufstein geplant. Wieder so ein Projekt, das Hopfgartens Bürgermeister einiges an Arbeit beschert. Aber wie sagt er so schön? „Arbeiten macht Spaß, ein bisschen mehr arbeiten macht noch mehr Spaß.“

Doris Martinz

* Das Bezirkskrankenhaus St. Johann gehört den 20 Gemeinden im Bezirk, vertreten durch den jeweiligen Bürgermeister/die jeweilige Bürgermeisterin. Aus ihrer Mitte wählt man einen Verbandsobmann/eine Verbandsobfrau, der /die als Eigentümervertreter:in agiert.