Der Club Soroptimist International feiert heuer seinen 100. Geburtstag. Gabi Staffner und Angelika Schmied-Hofinger im Gespräch.

Zugegeben: Es gibt Wörter, die einfacher auszusprechen sind als „Soroptimist“. Leichter geht es, wenn man weiß, was das Wort bedeutet: Der Wortteil „optimist“ weist auf Optimales und damit „Bestes“ hin, das „sor“ davor kommt aus dem Lateinischen für „Schwester“. Die Mitglieder verstehen dies als Maßstab für ihr eigenes Verhalten in Leben und Beruf. Zwei dieser „besten Schwestern“ treffe ich im Café Rainer: die aktuelle Präsidentin des Soroptimist Clubs Kitzbühel, Gabi Staffner, und das langjährige Mitglied Anschi Schmied-Hofinger.
1921 in Kalifornien gegründet, feiert der Serviceclub heuer sein 100-jähriges Bestehen und vereint weltweit zirka 72.000 Damen. Soroptimist Kitzbühel wurde 1979 ins Leben gerufen – von engagierten, berufstätigen Frauen, die sich auch in unserer Region für Frauenrechte einsetzen. Dabei geht es nicht darum, „hier und da ein Loch zu stopfen, wo Bedürftigkeit herrscht“, wie es Gabi ausdrückt, sondern man will als Organisation Frauen im größeren Stil unterstützen und fördern. Vor Ort, aber auch österreichweit und international: Als Non-Profi-Club mit ständigem Sitz in der UNO nimmt Soroptimist dort eine beratende Funktion ein.

Betreiber des Frauenberatungszentrums

Im Fokus der Aktivitäten der Kitzbüheler Soroptimistinnen steht das Mädchen- und Frauenberatungszentrum in St. Johann, das der Club gegründet hat und jährlich mit einer namhaften Summe unterstützt. Ohne seine Zuwendungen könnte das Zentrum gar nicht betrieben werden, denn auf starke Hilfe durch die umliegenden Gemeinden, Land und Bund warten die Obfrau Renate Magerle und ihr Team vergeblich. Eine löbliche Ausnahme bildet die Gemeinde St. Johann, die dem Projekt seit Jahren nicht nur finanziell unter die Arme greift. Die Aufgaben des Beratungsteams sind vielseitig und reichen von der Beratung in Geld- und Jobfragen bis zum Organisieren einer Not-Übergangswohnung für Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. Nein, es passiert nicht nur in den großen Städten, in denen die Menschen anonym leben – sondern mitten unter uns.

Frauensolidarität

Soroptimist International steht auch für Frauensolidarität – etwas nicht Selbstverständliches. Als umso schöner empfinden Gabi und Angelika es, beim Club gemeinsam mit anderen „Schwestern“ ein Ziel zu verfolgen, zusammenzuarbeiten und etwas zu bewegen. Denn: „Wenn Frauen zusammenhelfen, verändern sie die Welt zum Positiven.“
Ein Ziel der Soroptimistinnen ist es, die Einkommensunterschiede zwischen Männer und Frauen zu verringern. Noch heute verdienen weibliche Beschäftigte in manchen Positionen weniger als ihre männlichen Kollegen, die exakt denselben Job machen. Das liegt am System, aber auch an den Frauen selbst: „Wenn ein Mann etwas macht, sagt er: ich mache das gut. Viele Frauen aber zweifeln und sagen: Ich weiß nicht, ob ich gut genug bin“, schildert sie die Situation. Es sei in den Frauen drin, sich ständig in Frage zu stellen. Sie sieht es als Aufgabe des Clubs, ihnen zu sagen: „Du bist gut genug und hast das Recht, etwas zu fordern!“
Eigentlich sei es traurig, dass man im Jahr 2021 immer noch um Frauenrechte kämpfen müsse, dass es überhaupt noch Soroptimistinnen geben müsse, so Gabi. Wenn alle Menschen gleichberechtigt miteinander leben und arbeiten, braucht es keine Serviceclubs mehr. Aber bis dahin ist es wohl noch ein langer Weg, und die Soroptimistinnen setzen sich weiter dafür ein. Auch für Frauen, die erworbene Rechte wie das Wahlrecht (seit 1918), das Berufsrecht (gilt erst seit 1978!) oder das Recht auf Abtreibung als selbstverständlich ansehen.
Dazu kommt: Wenn man sich für Frauenrechte einsetze, werde man gleich als Emanze bezeichnet, und zwar nicht im positiven Sinne, so Angelika. „Aber wir wollen nichts Besseres, wir wollen nur das Gleiche, das ist nichts Verwerfliches!“

Karenz für Mutter und Vater?

Ein großes Thema in der Jobwelt ist für die Soroptimistinnen die Kinderbetreuung – sie selbst sind alle berufstätig (eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft), die meisten auch Mütter. In Skandinavien geht der Vater ganz selbstverständlich in Karenz, bei uns gilt er quasi als „entmannt“, wenn er daheim bei den Kinder bleibt. Ist ein Mann dennoch bereit dazu, werden ihm vom Arbeitgeber vielfach noch Steine in den Weg gelegt. Der Vater darf nicht nur, er muss arbeiten und gilt trotzdem als treusorgend. Dagegen ist jene Frau eine schlechte Mutter, die bald nach dem Mutterschutz wieder an den Arbeitsplatz zurückkehrt. „Aber junge Frauen, die eine gute Ausbildung haben, machen da nicht mehr mit“, meinen Gabi und Angelika unisono.
Je höher die Position im Unternehmen, desto schwieriger wird es für Mütter. „Du sollst im Beruf Vollgas geben, und als Mutter auch. Ein schlechtes Gewissen haben wir ohnehin alle. Wie soll das gehen ohne Konflikte?“ Hier fehle es an Geld, so Gabi, um die Kinderbetreuung sicherzustellen. „Das muss geregelt sein, ohne dass Frauen darum betteln müssen. Wir werden immer in diese Bittstellerrolle hineingedrängt, das ist das Mühsame, man muss immer streiten, um was zu bekommen!“ Beide, Gabi und Angelika, sind der Ansicht, dass es eine Wahlmöglichkeit geben müsse, dass Frauen frei entscheiden sollen, ob sie daheimbleiben oder arbeiten. Es müsse Modelle geben, die es Frauen ermöglichen, Führungspositionen innezuhaben – und zugleich Kinder zu bekommen. „Es darf für den Arbeitgeber einfach keine Rolle spielen, ob er die Top-Position einer Frau oder einem Mann gibt.“ Bis heute geht sie eher an den Mann, denn der geht nicht in Karenz. Aber wenn eines Tages auch die Männer ganz selbstverständlich ihre Ansprüche bei der Kindererziehung geltend machen, wird es anders aussehen. Der Partner, der daheim bleibe, dürfe nicht benachteiligt werden, so die beiden, das sei ganz wichtig.

Es ist noch ein weiter Weg

Die „besten Schwestern“ hatten immer schon und haben noch viel zu tun. Gabi ist seit elf Jahren Mitglied, Angelika seit zirka 25 Jahren – ihre Mutter war Gründungsmitglied des Kitzbüheler Clubs. Beide fühlen sich wohl in einem Club, in dem alle Generationen vertreten sind – die Mitlieder sind zwischen 25 und 85 Jahre alt, denn „Schwester“ bleibt man für gewöhnlich ein Leben lang. Nicht immer sei bei den monatlichen Treffen alles „eitel Wonne“, es prallen schon auch Welten aufeinander. Und genau das macht das Leben im Soroptimist-Club so spannend und bereichernd, man bekommt einen guten Einblick in Lebenssituationen, die einem vielleicht nicht so nahe sind, erfährt, wie die Jungen ticken und lernt von der Lebensweisheit der Älteren.
Das Miteinander zu pflegen, war im letzten Jahr nicht so einfach – es fehlte. Aktivitäten wie der Flohmarkt, die Haupteinnahmequelle des Clubs, bringen nicht nur Geld ein, sondern schweißen auch zusammen. „Ich genieße es, im Club mit tollen Frauen zusammen zu sein und was zu bewegen, die Welt im Kleinen zu verändern“, formuliert es Gabi. Und Angelika sagt: „Es fühlt sich gut an, Teil eines Systems zu sein, in dem man weiß: Wenn man will, geht was weiter.“
Zum 100-jährigen Geburtstag begaben sich die Soroptimistinnen auf GEH-Spräche, auch in der Region. Es soll der Weg zur Gleichberechtigung sein.

Doris Martinz