Karina Plattner ist ausgebildete Gesundheitsmediatorin. Wie sie auf diesen noch jungen Bereich stieß, wem sie helfen kann und mehr.
Seit dreißig Jahren schon führe sie ihre Praxis als Physiotherapeutin, erzählt die 54-jährige St. Johannerin. In der Praxis ihres Mannes, niedergelassener praktischer Arzt in Jochberg, hat sie ein weiteres Standbein. Seit Jahrzehnten dreht sich bei Karina Plattner also alles um Gesundheitsthemen, sie begleitete bereits viele Menschen bei traumatischen Heilungsprozessen.
Als sie sich vor vier Jahren eine schwere Verletzung zuzog, stand jedoch zu befürchten, dass sie ihren Beruf nicht weiter ausüben können würde. Auf der Suche nach Alternativen stieß sie auf das Thema Mediation. Man kennt den Begriff vor allem im Zusammenhang mit Scheidungen oder anderen Konflikten, in denen ein Mediator zwischen den Parteien vermittelt. Dass ein Mediator auch Einzelberatungen vornehmen kann, und zwar ganz speziell im Gesundheitsbereich, war für Karina Plattner neu – und das ist es nicht nur für sie. Sie entschloss sich, in Wien eine entsprechende Ausbildung zu absolvieren und betreut seit zwei Jahren Klientinnen und Klienten, die mit den verschiedensten Anliegen im Gesundheitsbereich zu ihr kommen – zusätzlich zu ihrer Tätigkeit als Physiotherapeutin, die sie zum Glück wieder aufnehmen konnte. „Eigentlich ist der Bereich für mich ja gar nicht so neu“, erklärt sie. „Auch bei der Physiotherapie spreche ich mit meinen PatientInnen über ihre Verletzungen, die Therapie, Perspektiven und mehr. Die Gesundheitsmediation ist im Prinzip eine Erweiterung dessen.“ Vor allem aber befasst sich die Gesundheitsmediation mit den inneren Konflikten, mit denen sich Kranke und ihre Angehörigen oft auseinandersetzen müssen.
Rat bei schweren Erkrankungen
In Anspruch genommen wird Plattners mediatorisches Talent unter anderem bei Krebsdiagnosen. „So eine Nachricht betrifft ja nicht nur die Erkrankten selber, sondern ihr ganzes Umfeld: Partner, Kinder, Eltern, Freunde. Während die PatientInnen meist gut aufgehoben sind mit Untersuchungen, Therapien und auch psychologischer Betreuung, fühlen sich die Angehörigen manchmal hilflos und alleine gelassen.“ Nicht selten sei es so, dass Frauen mit Brustkrebs nicht nur für sich selber stark sein müssen, sondern auch für ihren Mann, die Familie. „Die Angehörigen brauchen mitunter jemanden, der sie in dieser schwierigen Situation auffängt, wo sie Ballast abwerfen und ihre Sorgen loswerden können.“ Den Schritt zum Psychologen wollen viele nicht machen, hier sei die Hemmschwelle noch sehr groß, meint Plattner.
In solchen Fällen greift die Gesundheitsmediation: PatientInnen oder auch nur ihre Angehörigen finden einen geschützten Raum, die Inhalte der Gespräche unterliegen der Verschwiegenheitspflicht. „Wenn sich Kranke auf sich selber konzentrieren können, unterstützt das den Heilungsprozess“, so Plattner.
Mediation in der Altenpflege
Auch in der Pflege alter und betreuungsbedürftiger Menschen bewährt sich die Gesundheitsmediation. Plattner
erklärt, warum das so ist: „Zwischen dem pflegebedürftigen und pflegenden Partner kann es zu Spannungen kommen. Ein Mediator/eine Mediatorin kann gesundheitlich aufklären und begleiten, Mut geben, Perspektiven aufzeigen.“ Aus ihrer Erfahrung weiß Plattner, dass Frauen ihre Männer nicht selten bis zur Selbstaufgabe daheim pflegen und begleiten. Das, was sie tun, geht manchmal weit über ihre physischen und psychischen Kräfte hinaus. Weil sie ihren Partner lieben, für ihn da sein wollen und sich vielleicht sogar schuldig fühlen, wenn sie Hilfe in Anspruch nehmen würden. Dabei brauchen auch sie manchmal jemanden zum Dampf ablassen, eine starke Schulter, an die sie sich lehnen können.
Jemanden, der ihnen sagt, dass sie nicht immer perfekt sein müssen, dass sie sich helfen lassen dürfen, und auch einmal weinen. Dafür ist Karin Plattner als Mediatorin da. Sie erarbeitet auch Möglichkeiten, wie Pflegende entlastet werden können.
Hilfe in der Pandemie
Auch in der aktuellen Situation fühlen sich manche Menschen alleine gelassen, hilflos und unsicher. Karina Plattner macht sie vertraut mit dem politischen Regelwerk, informiert über berufliche Angelegenheiten, gibt ihnen Sicherheit und Information. „Der größte Stress für die Leute ist oft der Kontrollverlust“, so Plattner. „Wenn man die Sorgen einmal abgeben kann, wenn es jemanden gibt, der mit einem das durchgeht, einen Ort, an dem man sich Kraft und Selbstvertrauen holen kann, dann schaut die Welt schon wieder ganz anders aus.“ Gerade in Bezug auf Covid-19 sei es wichtig, die Fakten „auseinander zu dividieren“, negative Medienberichte zu relativieren und so den Druck zu nehmen. Mit professioneller Unterstützung können sich Betroffene Klarheit und einen Überblick über weitere Wege oder Entscheidungen verschaffen.
Die Gespräche zwischen der Mediatorin und ihren KlientInnen sind meist sehr emotional, man baut Vertrautheit und Bindung auf. „Das ist für mich das Schönste, wenn man sich auf einer Ebene trifft, ganz ohne Angst und Vorurteile, wenn man sozusagen von Herz zu Herz spricht und gemeinsam eine schwierige Situation durchtaucht“, erzählt Karina. Sie selber lerne immer wieder Neues dazu bei den Sitzungen. Dass sie schwere Erkrankungen nicht heilen kann, sondern die Menschen nur begleiten, setzt ihr manchmal zu. Aber für sie da zu ein, mit offenem Ohr und Herzen, sei erfüllend, auch für sie selbst.
Anfragen und Termine auf www.karina-plattner.at
Doris Martinz