Langjähriger Obmann und Gründer vom Verein Ballonsportfreunde TIROL aktiv „Großfürst“ Walter Seibl über die faszinierende Welt der Ballonfahrt.
Seit 1783 der erste Heißluftballon, die sogenannte Montgolfière, spektakulär bei offener Flamme, die mit Stroh gefüttert wurde, Paris überfuhr, sind wir Menschen von der Ballonfahrt fasziniert. Zu Ehren der historischen ersten Luftfahrt mit einem Gefährt, das leichter als die Luft selbst ist, wurde sogar bei den kürzlich stattfindenden Olympischen Spielen 2024 ein Gasballon symbolisch mit dem olympischen Feuer entzündet.
Wie wunderschön und unvergleichlich eine Ballonfahrt auch hier bei uns in den Bergen sein kann, konnte sich vor dem Einsatz von Walter Seibl und den Mitgliedern der Ballonsportfreunde TIROL aktiv nur wenige vorstellen. Walter, mittlerweile stolzer Opa von fünf Enkelkindern, sitzt mir in seinem Garten gegenüber, in dem viele kunterbunte Deko-Ballone aufblitzen.
Pioniere der Lüfte
Walter erzählt mir, dass er seit jeher in der „Fliegerei“ zu Hause war und in den 90er Jahren zur Ballonfahrt kam. Mit dabei war sein guter Freund Lothar Theis, der mit ihm den Ballonschein – damals noch über England – erwarb, was von vielen beschmunzelt wurde. „Man konnte sich damals einfach nicht vorstellen, dass man mit den Ballonen in den Bergen durchkommt,“ erklärt er mir. Doch schon bald folgten den beiden „Jungballönern“ Gleichgesinnte, und Mithilfe von Richard Schlemaier und Walter Innerbichler wurde der Ballonsportclub St. Johann gegründet. Heute umfasst der Verein ca. 30 Mitglieder, mit dabei sind auch Walters Söhne und die Pilotin Irmgard Moser, worauf er sehr stolz ist.
Meetings der besonderen Art
Wer einst schmunzelte, war spätestens bei den heute international bekannten, sogenannten Ballonmeetings begeistert – bei denen bis zu 40 Stück der bunten Flugobjekte in den Himmel steigen, um in den Genuss unserer herrlichen Region aus der Vogelperspektive zu kommen.
„Wir hatten die Idee, das Jännerloch zu füllen, außerdem sind Ballonfahrten im Winter aufgrund der Temperaturen leichter durchzuführen, da der Ballon nicht so schnell überhitzt,“ so Walter. Die ersten Meetings wurden in St.Johann in Tirol und Kitzbühel veranstaltet, seit 1995 steigen in den Tourismusregionen Kaiserwinkl sowie Brixental zahlreiche internationale Teams mit ihren runden Flugobjekten in die Höhe –
ein Anblick, dem ein besonderer Zauber innewohnt.
Leichter als Luft
Walter erklärt, wie man es schafft, die ca. vier Tonnen schweren Geräte in den Himmel zu bringen: „Zunächst wird der Ballon mit kalter Luft aufgeblasen und mit Gas eingeheizt.“ Ein Ballon benötigt etwa 1.500 Quadratmeter Stoff aus einem besonderen Material, dem Temperaturen bis zu 140 °C nichts anhaben können – aber um nicht zu überhitzen, sind Sommerausfahrten nur in der Morgendämmerung möglich. „Ein Ballon wird vom Wind gesteuert, du landest, wo es dich hin bläst.“ Was Walter so romantisch sagt, ist in der Praxis natürlich kein Kinderspiel – selbst wenn das Handling noch so einfach aussieht. Als Pilot muss man wissen, dass die Windrichtungen im Tal und in der Höhe oft unterschiedlich sind und dann muss man die Höhe mit viel Fingerspitzengefühl anpassen, das heißt: Wird weniger geheizt, sinkt der Ballon und umgekehrt.
Sicherheit wird in der Ballonfahrt großgeschrieben. So muss jeder Pilot jährlich eine Fliegerärztlichn Tauglichkeitsuntersuchung machen. Und auch die Ballone werden jährlich von der Behörde sicherheitstechnisch überprüft.
Neben der Fachexpertise die man beim Ballonschein erlangt, bedarf es aber tatsächlich extrem viel an Erfahrung, um in das Vergnügen einer Ballonfahrt in unserer Region mit seinem eindrucksvollen Hoch- und Flachland zu kommen. Walter selbst hat unzählige Flugstunden hinter sich und kennt die Region mit seinen Besonderheiten mittlerweile wie seine Westentasche. Mit seiner Kenntnis sind sogar spektakuläre Ausfahrten wie eine Alpenüberquerung möglich. „Von St. Johann in Tirol nach Venedig in zwei bis drei Stunden – kein Problem.“ Über die Berge im Ballon auf vier- bis fünftausend Meter Höhe zu fahren sind für Walter kein Problem – hinaufwandern würde er aber aufgrund seiner Höhenangst nie.
Interessant finde ich auch die Info von Walter, dass man eine Ballonfahrt bei den zuständigen Flughäfen anmelden muss und man während der Fahrt per Funk verbunden ist. Im Falle des Falles hat der Ballon Vorrang und rechtlich darf er überall landen – für etwaige Schäden muss man aber aufkommen.
Euer Gnaden
Eine Ballonfahrt ist ein Erlebnis für sich – kein Wunder, dass man als Pilot des Öfteren Zeuge eines romantischen Heiratsantrages in luftiger Höhe wird. „Das ist natürlich immer sehr rührend,“ so Walter aus Erfahrung. Kleiner Spoiler-Alarm – selbst wenn man sich auf einer Ballonfahrt nicht verlobt, kann es sein, dass man einen neuen Namen erhält – vielleicht sogar einen Adelstitel. Die Ballontaufe hat seit jeher Tradition und ist ein fröhlicher Ausklang einer schönen Ausfahrt. Ich bedanke mich auf jeden Fall bei „Großfürst“ Walter Seibl für diesen schönen Ausflug in die magische Welt der Ballonfahrt!
Viktoria Defrancq-Klabischnig