Gabi Staffner über ihre ehrenamtliche Tätigkeit, bewegende Momente und den Umgang mit dem Tod.

2015 machte die St. Johannerin Gabi Staffner die Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizbegleiterin. Die Thematik interessierte sie schon länger. Weil sie selbst erlebt hatte, wie hilflos man ist, wenn im Familien- oder Verwandtenkreis jemand erkrankt und man die betroffene Person in der letzten Phase bis zum Lebensende begleitet. Damals habe sie jene selbst mitbetreut und erst im Nachhinein gesehen, wie wertvoll eine Unterstützung – auch für die Angehörigen – gewesen wäre. Diese Unterstützung will sie anderen nun geben. „Weil man sich Außenstehenden oft auch viel leichter anvertraut als dem engsten Kreis“, weiß sie. Während die Sterbenden palliativmedizinisch meist gut versorgt seien, seien die Angehörigen oft dankbar für Hilfe. Sie entlaste sie für ein paar Stunden, führe Gespräche, sei einfach da, so Gabi.

Es kommt viel zurück

Manchmal übernimmt Gabi die Langzeitbetreuungen Schwer­­kranker. „Das ist schön, weil man den Menschen gut kennenlernt und eine Beziehung aufbauen kann.“ Seit einem Dreivierteljahr, erzählt sie, begleite sie einen schwerkranken Klienten, dem sie ein wenig Normalität verschaffe. Sie plaudert mit ihm, leistet ihm Gesellschaft und spielt mit ihm „Rummikub“. Sie lasse ihn nicht gewinnen, denn er sei ein guter Spieler. „Das wird alles ausgekämpft!“, sagt sie und lacht.
Auf der anderen Seite gibt es auch Einsätze, die sich auf wenige Male beschränken. Wie auch immer: Sie gibt viel, aber sie bekommt von den Menschen auch viel zurück: Vertrauen, Dankbarkeit und die Gewissheit, etwas Sinnvolles zu tun und gebraucht zu werden. Obwohl es beim letzten Punkt wichtig ist, Grenzen zu ziehen. Gabi: „Ein Leitspruch in der Hospizarbeit lautet ,Es kommt auf mich an, aber es hängt nicht von mir ab.’“ Diese Freiheit brauche es für die Betreuenden.
Die Gespräche mit den Klient:innen sind manchmal von Trauer und Melancholie getragen, manchmal aber auch von Fröhlichkeit. Sie scherze­ und lache auch mit den Patient:innen, erzählt Gabi. „Das erhellt den ganzen Tag, auch meinen.“

Der Tod macht das Leben reicher

Gabi befasst sich in ihrer Freizeit freiwillig mit den Themen Tod und Sterben. Sie setzt sich aus freien Stücken der Trauer aus, die sie natürlich verspürt, wenn die Betreuung mit dem Tod der Klientin/des Klienten endet. Dennoch zieht sie Kraft aus dem, was sie tut. „Die Beschäftigung mit dem Tod macht das Leben reicher, sie macht mich lebendiger. Und empfänglicher für alles Schöne im Leben. Weil sie mir vor Augen führt, wie kostbar das Leben ist, wie gut es mir geht und wie unwichtig manche Dinge sind.“
Gibt es für Gabi ein Leben nach dem Tod? „Ja, ganz klar ja. Aber ich habe keine Vorstellung davon, wie es aussehen kann. Ich denke, dass es eine unsterbliche Seele gibt, das ist für mich eine tröstliche Vorstellung.“ Dem Gedanken, dass mit dem Tod alles aus und vorbei ist, könne sie nichts abgewinnen, so Gabi. „Ich lebe total gerne!“
Freilich gebe es aber auch schwierigere Momente – eine gewisse Hilflosigkeit, der sich Gabi ausgesetzt fühlt in Momenten, in denen sie gerne helfen würde und doch nicht kann. Speziell bei jungen Leuten, die gehen müssen, sei das so. Man empfinde die Ungerechtigkeit und hadere mit der Situation. „Mich beschäftigt das, aber es belastet mich nicht. Wenn es so wäre, könnte ich keine Betreuung machen.“

Ein Mysterium

Ihre ehrenamtliche Tätigkeit bringt viele schöne und bewegende Momente. Unvergessen bleibt die Stunde, in der man eine Bettlägerige mit einem speziellen Rollstuhl ins Freie fuhr, damit sie sich von ihrem geliebten Hund verabschieden konnte. Die Szenerie sei herzergreifend gewesen, erzählt Gabi, das Tier habe sich zu ihren Füßen gelegt und wollte von dort gar nicht mehr weg. Für die Klientin war es der Abschied von einem geliebten Wesen und der Abschied aus dem Leben, sie starb zwei Tage später.
Viele Sterbende, so Gabi, spüren das Bedürfnis, Unstimmigkeiten aus der Welt zu schaffen, sich mit Menschen auszusprechen, alles ins Reine bringen. „Man geht leichter, wenn man Frieden geschaffen hat. Es ist schon ein Mysterium.“
Wenn die Klientin oder der Klient verstorben ist, betreut das Hospiz-Team manchmal die Angehörigen noch weiter. So geht Sterbebegleitung in Trauerbegleitung über.
In der Gruppe, in der sie ausgebildet wurde, waren keine Männer dabei – das männliche Geschlecht ist in diesem Bereich sehr unterrepräsentiert. „Schade, denn Männer würden sich mit Sicherheit manchmal männliche Begleitung wünschen“, sagt Gabi.
Sie findet den Begriff „Sterbebegleitung“ übrigens nicht passend. Vielmehr ist das, was sie macht, für sie eine Lebensbegleitung. „Es geht um das Leben bis zum Sterben. Das Sterben ist Teil des Lebens.“ Wer diese Tatsache in sein Leben integriert, für den lebt es sich leichter.
Es lohnt sich auf jeden Fall, sich mit dem Gedanken auseinanderzusetzen … 

Doris Martinz