Simon Aschaber über die Zeit als Gemeinderat, über Erde, die nach Wald duftet und einen besonderen Wunsch.

„Schreiben kannst du besser als navigieren!“, mit diesen Worten empfängt mich Simon bei sich zuhause. Pfff! Ich war ja schon einmal bei ihm daheim beziehungsweise bei seiner Frau Bärbel, aber die Einfahrt machte sich an diesem Tag unsichtbar. Jedes Mal wenn ich vorbeifuhr – schwups, weg. Simon hat leicht reden: Er kennt St. Johann wie seine Westentasche, tuckert er mit seinem Traktor doch schon seit Jahren quasi von Haus zu Haus, um Biomüll und Grünschnitt einzusammeln. Dafür und für sein Engagement als Gemeinde­rat wurde er heuer beim Ehrenabend der Gemeinde ausgezeichnet.
Die Gemeindepolitik habe ihn zwar immer interessiert, Gemeinderat und zugleich Landwirtschafts-Referent sei er aber auf Drängen der St. Johhanner Bauern geworden, erzählt Simon bei unserem Gespräch am Küchentisch, bei dem sich auch Bärbel dann und wann „einschaltet“. Er blieb drei Perioden, das heißt 18 Jahre lang. Gemeinsam mit Sachbearbeiter Stefan Brandtner sorgte er in dieser Zeit dafür, dass fast alle Güterwege in der Gemeinde saniert wurden. „Das war eine gewaltige Herausforderung“, erinnert er sich. „Die Vorbereitungen für manche Projekte dauerten viele Jahre lang.“ Der Grund dafür: Es brauchte selbstverständlich immer einen Beschluss, der die Interessen aller Beteiligten, also der Weggemeinschaften und damit der Grundbesitzer:innen, sowie der Gemeinde berücksichtigte. Und natürlich ging es ums Geld. „Aber wir haben immer eine Lösung gefunden.“ Simon arbeitete oft „auf Vorrat“: Er bereitete Projekte vor, und wenn das Land Tirol dann zweckgebundene Mittel freigab, schnappt er zu. So sicherte er sich die Finanzierungsbeteiligung bei der Unterführung „Mühlbach-Egg“ unter dem Titel der Verkehrssicherheit und den Bau des Radwegs nach Fieberbrunn. Bei letzterem waren, als das Geld in Aussicht gestellt wurde, noch die Gespräche mit den Grundeigentümer:innen zu führen. In 14 Tagen brachten er und Verkehrsreferent Alexander Hronek alles unter Dach und Fach. „Aber das war alles nur möglich, weil auch der Bürgermeister immer mitzog“, stellt Simon klar. So konnte kurz vor Ende seiner dritten Periode als Gemeinderat auch noch die Mühlbachbrücke saniert werden.
Fleißig, lösungsorientiert, bauernschlau: Mit diesen Eigenschaften ausgestattet, bewegte Simon Aschaber viel. Und er tut es noch.

Ein starkes Team

Da sein Vater um 50 Jahre älter war als er selbst, wurde Simon schon mit 19 Jahren Bauer auf „Notheggen“. Im Alter von 25 Jahren erbaute er auf der gegenüberliegenden Straßenseite den neuen, größeren Hof. Damals gab es in seinem Leben schon Bärbel und Michael, ihren Erstgeborenen. Aber verheiratet war das Paar noch nicht. Simon und Bärbel hatten sich beim Tanzen bei der Trachtengruppe Hauser kennengelernt. „Bei so viel Körperkontakt funkt es früher oder später“, meint Simon verschmitzt. Weiterer Nachwuchs sei für Bärbel erst nach der Hochzeit in Frage gekommen, plaudert Simon aus dem Nähkästchen. „Also stand für mich die Sache mit dem Kniefall auf dem Programm.“ Rosen gab es keine dazu. „Bei uns geht es ein wenig ,sper’ zu“, sagt Barbara augenzwinkernd über den Küchentresen hinweg. Wie auch immer: Auf Michael folgten Andreas und David. Michael ist heute mit seiner Firma „Holzbau Michl“ selbständig, Andreas ist der Bauer geworden, David als Schlosser beschäftigt.
Als Simon und Bärbel noch selbst die Bauersleute auf „Notheggen“ waren, managte Bärbel Haus und Kinder und betrieb den Ab-Hof-Verkauf von Milchprodukten. Man kennt sie auch vom Wochenmarkt in St. Johann, wo sie noch heute ihre Ware anbietet. Simon kümmerte sich um das Vieh, bot Transportleistungen an und baute eine Kompostieranlage. Und er betreute die Kompostieranlage der Gemeinde neben der Tierkörpersammelstelle im Ortsteil Winkl.
Kompostieren – das ist für Simon und Bärbel mehr als ein Hobby oder ein Beruf. Es ist eine Lebenseinstellung. „Abfälle in etwas Wertvolles zu verwandeln, das ist richtig und macht Sinn“, so Simon. Als im Winkl auch noch Küchenabfälle verwertet wurden, klaubten er, seine Mutter, Bärbel und fallweise auch die Buben Fleisch und Fleischprodukte, die unsachgemäß mitentsorgt wurden, aus den angelieferten Küchenabfällen.Ein fast unmenschlicher, unzumutbarer Job, besonders im Sommer. Der Gestank sei geradezu bestialisch gewesen, erinnert sich Simon. Warum tut man sich so etwas an? „Weil’s wichtig und nachhaltig ist, weil etwas Gutes dabei herauskommt“, sagt Simon. Bärbel nimmt nach unserem Gespräch eine Handvoll Erde aus dem Trog, in dem sie eine Melone zieht – sie ist fast schwarz und duftet herrlich nach Wald. „Wenn man Essen produziert, muss die Erde passen“, meint sie. Seine eigene Anlage musste Simon schon vor Jahren schließen, weil keine Betriebsanlagengenehmigung zu bekommen war.
Seit 2016 wird im Winkl nur mehr Grün- und Strauchschnitt verarbeitet, die Küchenabfälle sammelt Simon gemeinsam mit seinem Bruder Michael und Sohn An­dreas jeden Montag ein und bringt sie nach Erpfendorf, wo sie für die Herstellung von Biogas verwendet werden. Am Dienstag ist das „Grünzeug“ dran, am Mittwoch wird in der Kompostierung gearbeitet. Auch wenn Simon also inzwischen als Bauer das Zepter an Sohn Andreas weitergegeben und sich auf „Alt-Notheggen“, dem ursprünglichen Bauernhof der Eltern, ein neues Zuhause geschaffen hat: Er ist immer noch an drei Tagen in der Woche im Einsatz. „Das mache ich noch bis zu meinem 65. Lebensjahr, ich arbeite ja gerne“, sagt Simon. Im Juli wird er 61.

Gesundheit und Zufriedenheit

Fein sei es, so Simon, dass er sich nun – seitdem er nicht mehr Gemeinderat ist – seine Zeit besser einteilen könne. „Niemand schafft mir mehr etwas an“, sagt er. „Außer die Bärbel“, räumt er ein. Es komme jetzt vor, dass er nicht nur am Wochenende, sondern auch unter der Woche Radtouren unternehme. Er ist nämlich begeisterter „Bio-Biker“, also auf seinem Mountainbike ohne elektrische Unterstützung unterwegs. Mit seinem Freund Hans Hauser unternahm er schon öfter mehrtägige Touren: In zwei Tagen radelten die beiden nach Wien, ein anderes Mal umrundeten sie in vier Tagen Tirol, Südtirol und Osttirol. Seit Bärbel zum 50. Geburtstag ein E-Bike geschenkt bekam, begleitet auch sie ihn gerne. Die beiden haben den Mozart-Radweg bezwungen und viele andere Touren unternommen. Im Winter verbindet sie die Liebe zum Skifahren: Bis zu 40 mal sind sie in einer Saison auf den Pisten in Tirol und Salzburg anzutreffen. Wow!
„Ich bin ein total zufriedener Mensch“, meint Simon und bezieht das nicht nur auf das Skifahren. Nein, es gehe ihm rundum gut, meint er. Er habe alles, was er zum Glücklichsein brauche. „Gesund und zufrieden sein, wenn du beides hast, bist du perfekt. Alles andere geht vorüber“, so lautet sein Lebensmotto. Weder er noch­ seine Frau haben große Wünsche.
Na ja, Bärbel möchte gerne einmal eine Donauschifffahrt machen. Und das Matterhorn mit eigenen Augen sehen. Und hin und wieder eine Musical-Aufführung in Kufstein besuchen. „Das arbeiten wir alles ab“, so Simon mit einem breiten Lächeln. Größere Wünsche wie zum Beispiel eine Fernreise haben die beiden aber nicht mehr. Fliegen komme ohnehin nicht mehr in Frage – wegen des Klimas.
Da fällt Simon doch noch ein Wunsch ein: Bärbel und er haben bislang fünf Enkelkinder, er hätte gerne sieben. Gut, dass er damit keinen Druck ausübt auf David, der noch zwei Kinder „beizusteuern“ hat … 😉
Doris Martinz