Hannes Mitterweissacher über seine Laufbahn bei EGGER, über Auslandserfahrungen und den Wert der Familie.

Seit dem Jahr 2022 hat die EGGER-Gruppenleitung ein neues Gesicht, ein einheimisches: Hannes Mitterweissacher zeichnet für die Bereiche Technik und Produktion verantwortlich. Der gebürtige Fieberbrunner wohnt heute mit seiner Familie in Hochfilzen. „Bei  ­EGGER schlug ich 1992 ganz unbedarft auf“, erzählt er bei unserem Gespräch in seinem Büro. Er hatte die HTL in Saalfelden besucht und sich aufgrund eines Inserats beworben, über welches man einen CAT-Zeichner für Elektropläne suchte.
Er startet damals also in der Elektroabteilung und lernt das Metier von der Pike auf. CAT-Zeichnen gehört zu seinen Aufgaben, aber auch Kabel ziehen, Schweißen und vieles mehr. Als Maschinenprogrammierer geht er für EGGER nach Deutschland und baut dort eine Anlage auf. Als 1998 das Werk in Barony errichtet wird, zieht er mit seiner Frau Beatrix nach Schottland. „Wir machten uns mit unserem 45 PS starken VW Polo auf den Weg“, erinnert er sich schmunzelnd. In Schottland habe er viel gelernt, unter anderem auch die englische Sprache. „BBC war mein Englischtrainer.“ Nach 2,5 Jahren kehrt Hannes zurück nach St. Johann und wird mit immer größeren Projekten und mehr Verantwortung betraut. 2002 kommt dann eine Wirtschaftskrise, man schraubt die Investitionen zurück. Hannes stößt auf das Inserat eines österreichischen Unternehmens, das einen Instandhaltungs-Leiter in Shanghai sucht. Er verlässt EGGER und geht, gemeinsam mit seiner Frau, nach China. „Unsere Tochter kam mit 3 Monaten nach Shanghai, hat dort den Kindergarten besucht und hat Chinesisch verstanden. Ihre Eltern jedoch kein Wort“, berichtet Hannes. In Asien habe sich für ihn eine völlig andere Welt aufgetan, so der 52-Jährige. Die Leute, die er kennenlernte, seien sehr gebildet und motiviert gewesen. Und sehr herzlich: „Die chinesische Kultur ist eine Familienkultur; Warmherzigkeit und Hilfsbereitschaft sind enorm. Allerdings muss man sich das Vertrauen erst verdienen.“ Bei Hannes ist das der Fall: „Ich habe dort eine total positive Zeit erlebt.“
Nach vier Jahren kommt Walter Schiegl von EGGER auf Hannes zu: Man braucht einen Projektleiter für das neue Werk in Hexham, Großbritannien; Hannes kehrt zurück ins Unternehmen. Mit im Gepäck hat er eine Menge neue Eindrücke und viel Offenheit für Menschen und deren Leben in völlig anderen Kulturen.

Herzensprojekt

Das Hab und Gut der Familie wird mit dem Containerschiff von Shanghai direkt nach Hexham geliefert; nach vier Jahren in England kehrt die Familie zurück nach Österreich. Nun steht ein ganz besonderes Projekt für Hannes an, es sollte sein „Herzens­projekt“ werden: der Aufbau des Fernwärmewerks samt Gründung der Fernwärmegesellschaft. „Ich bin immer noch stolz auf dieses Erfolgsprojekt, an dem mittlerweile zirka 1.800 Haushalte und öffentliche Einrichtungen angeschlossen sind“, so Hannes Mitterweissacher. Es versorgt nicht nur die Region mit Energie, es nimmt auch einen großen Teil der Emissionen aus dem Talkessel: Im Windschatten der Fernwärme wird in den Jahren 2007 bis 2009 bei EGGER in großem Stil in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit investiert.
Die Fernwärme ist das letzte Projekt, dessen Leitung Hannes Mitterweissacher übernimmt, danach steigt er in das operative Geschäft ein – als Geschäftsführer der deutschen Werke. Inzwischen kommt sein Sohn zur Welt. Wie schafft er es in jener Zeit, den fordernden Job und die wachsende Familie unter einen Hut zu bekommen? „An den Wochenenden war ich meistens daheim, das war mir immer wichtig. Zuhause muss es Rückhalt und eine starke Beziehung geben. Ohne die Unterstützung meiner Frau wären die vielen Auslandseinsätze nicht möglich gewesen.“
Später werden bei EGGER Divisionen gegründet, Hannes Mitterweissacher übernimmt die technische Führung für Österreich, Deutschland und das Werk in der Türkei. Das Team in Istanbul vom türkischen Standard, von starker Hierarchie, auf westliche Maßstäbe und hin zu moderner Führung zu bringen, sei eine „Mega-Aufgabe“ gewesen. Eine, die er meisterte: Heute gilt das Werk in der Türkei für EGGER als Vorzeigeunternehmen. Dass Hannes Mitterweissacher viel interkulturelle Erfahrung mitbrachte und große Freude daran hat, mit Menschen aus anderen Ländern zusammenzuarbeiten, dürfte Teil des Erfolgs sein.

Hauptaufgabe Mensch

Seit Mai 2022 gehört der Wahl-Hochfilzner nun der vierköpfigen Gruppenleitung, der obersten Geschäftsführung des Unternehmens, an. Der Ruf ereilte ihn nicht überraschend. „Dass damit allerdings doch um einiges mehr an Medienarbeit auf mich zukommt, war mir nicht so bewusst“, sagt Hannes und lacht. „Das ist nicht meine Spezialität.“
Er ist glücklich darüber, dass der Gruppenleitung mit Michael Egger jun. wieder ein Familienmitglied angehört. „Wir brauchen diesen Spirit. Für ein Familienunternehmen zu arbeiten, macht Spaß. Man kommt zusammen, schaut sich in die Augen und setzt das Ruder; das bringt schnelle Entscheidungen und Flexibilität – ein großer Vorteil am Markt.“
Das letzte Jahr sei unterm Strich das herausforderndste gewesen, seit er bei EGGER beschäftigt ist. Die Schwankungen bei Preisen, Verfügbarkeiten und weiteren Parametern seien schwierig gewesen. „Für gewöhnlich plant man für Monate, im letzten Jahr mussten wir Woche für Woche neu entscheiden.“ Die Situation habe jedoch auch Positives zutage gebracht: „Wir haben gesehen, dass wir als Team wirklich gut funktionieren.“
Standen früher technische Aufgaben auf der Tagesordnung, beschäftigt sich Hannes dieser Tage vorwiegend mit – Menschen: mit jenen Teams, die im technischen Bereich arbeiten. „Ich muss ein Umfeld schaffen, in dem sie sich wohlfühlen und ihre Stärken entfalten können. Das ist, was man heute unter Führung versteht.“ In seinem Job brauche man ein gutes Gespür für Leute, „man muss Menschen mögen.“ Ohne jeden Zweifel erfüllt Hannes diese Voraussetzung.
Dass er sich einst vier Jahre „Auszeit“ von EGGER nahm, bereut er nicht: „Es hat mir gutgetan, einmal weg zu sein, es braucht frisches Know-how von auswärts. Deshalb arbeiten unsere Führungskräfte in den EGGER-Werken auf der ganzen Welt.“
Hannes Mitterweissacher ist dankbar dafür, dass er in seiner Position viel gestalten und bewirken kann. Er freut sich auf das, was noch kommt. Nur auf die Unberechenbarkeiten der letzten Jahre würde er gerne verzichten. „Hoffentlich müssen wir nicht mehr lange Achterbahn fahren“, meint er. Das wünschen wir uns alle. Eng zusammenzurücken und beängstigend rasante Talfahrten gemeinsam zu überstehen, mag lustig sein. Aber nur auf der „Wies’n“ oder im Prater. 

Doris Martinz