Hanna Dunkelberg und Ines Putz über ihren Beruf in einer Männerdomäne: in der Baubranche

Als ich zum ersten Mal den Namen Hanna­ Dunkelberg höre, wird sie mir als Bauamtsleiterin der Gemeinde St. Johann genannt. Ich stutze damals. Eine Frau an dieser Stelle? Interessant. Inzwischen hatte ich bereits ein paar Mal mit ihr zu tun, immer ging es dabei direkt oder indirekt um das Thema Bauen. Aktuell gerade zum Beispiel um die Workshops „Architektur für Kinder“ und „Bauen mit Experten“, die sie in der Homebase organisiert. Letztes Jahr ging die Wahl-St. Johannerin in Karenz, um sich gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Thomas Brandtner um Sohn Lenny zu kümmern. Schon vorher, vor zirka drei Jahren, bekam sie im Gemeindebüro eine Kollegin, Ines Putz – die Fieberbrunnerin ist aktuell für die Führung im Bauamt zuständig.

Beide Frauen entschieden sich bereits in jungen Jahren für einen Job in der Baubranche. Beide sind familiär „vorbelastet“: Hannas Vater ist Gartenarchitekt, ihr Großvater war Architekt. Sie studierte Hochbauarchitektur in Darmstadt und Montpellier und arbeitete danach in der Baubranche in vielen Positionen, unter anderem auch als Bauleiterin.
Der Vater von Ines betrieb eine Tischlerei, auch Großvater und Urgroßvater waren Tischler. Ines wollte in ihre Fußstapfen treten und eine Tischlerlehre machen, aber: „Damals waren die Betriebe noch nicht auf weibliche Lehrlinge ausgerichtet, dafür mussten beispielsweise erst entsprechende Sanitäranlagen geschaffen werden“, erzählt sie. Also besuchte sie die HTL für Möbelbau und Innenausbau in Imst. Bereits ein Drittel aller Schüler:innen in der Klasse waren damals schon Mädchen. Später absolvierte Ines – gemeinsam mit vielen anderen jungen Frauen – das Studium der Innenarchitektur an der Fachhochschule in Rosenheim und befasste sich dabei schwerpunktmäßig mit dem Hochbau. „Ich bin dann in der Architektur hängengeblieben“, erzählt sie. Nach Jobs in diversen Architekturbüros im In- und Ausland war sie in der Gemeinde Hochfilzen tätig, bevor sie in das Bauamt nach St. Johann wechselte. Sie habe es noch keine Sekunde bereut, sich für die Baubranche entschieden zu haben, meint Ines. „Architektur ist inzwischen weiblich“, so Hanna. „Vielleicht ist es das Künstlerische, das Krea­tive, das Frauen so anzieht“, mutmaßt sie. Sie selbst fühle sich allerdings eher in jenen Bereichen wohl, die greifbarer seien.

Wer Leistung bringt, wird akzeptiert

Frauen sind also auch in der Baubranche auf dem Vormarsch, immer mehr weibliche Fachkräfte bevölkern das Berufsfeld. Wie fühlte es sich für Hanna und Ines an, in eine Männerdomäne vorzudringen? Ihre Hauptaufgabe in der Gemeinde war die raumordnungsfachliche Leitung für die bauliche Entwicklung der Gemeinde. Zweifel an ihrer Kompetenz habe es nicht gegeben. „Aber man muss als Frau besser sein, sich mehr beweisen als ein Mann“, so Ines. „Bei männlichen Kollegen wird vielleicht nicht so viel hinterfragt“, bestätigt Hanna. „Aber vielleicht empfindet man das als Frau auch nur so.“
Beweise man Kompetenz, habe man aber keine Probleme mit männlichen Kollegen, sind sich beide einig. Selbst auf der Baustelle gebe es mittlerweile keine großen Augen mehr, wenn Frauen vom Fach vertreten sind. „Akzeptanz basiert auf Leistung“, formuliert es Ines. „Männer sind da fair.“
Hanna hat allerdings als sehr junge Frau auf Baustellen in Deutschland auch andere Erfahrungen gemacht. „Klar, ich war sehr unerfahren damals. Aber ich denke, einem jungen Mann hätte man in derselben Situation vielleicht mehr Chancen eingeräumt.“ Und doch sagt auch sie: „Wenn Mädchen und Frauen sich für die Baubranche interessieren, sollen sie den Weg unbedingt gehen. Die Branche ist abwechslungsreich, vielfältig und bunt.“ Ein nicht unwesentlicher Punkt sei auch das Gehalt: „Die Bezahlung in der Baubranche, in einem Männerberuf, ist um einiges besser als in den klassischen Frauenberufen!“

Männer sind einfacher „gestrickt“

Sie würden gerne mit Männern arbeiten, so Hanna und Ines unisono. Männliche Kollegen seien „straight“, also geradlinig, sie würden schnell auf den Punkt kommen. „Ich schätze das“, sagt Hanna. Sie war in der Vergangenheit in einigen Baufirmen angestellt, in unterschiedlichen Positionen. Sie arbeitete auch in Teams mit vielen Frauen – eine Mischung aus Kolleginnen und Kollegen sei ihr aber lieber, sagt sie.
Ines meint dazu: „Männer werden vielleicht einmal laut, aber am nächsten Tag ist alles vergessen.“ Ganz empfindlich sollte man halt nicht sein, räumt sie ein. Auf der anderen Seite empfinde sie es als wohltuend, dass Männer nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. „Sie sind einfacher gestrickt“, bringt sie es auf den Punkt. Das sei aber nicht negativ gemeint, ganz im Gegenteil. „Man schaut sich ein bissl was ab von den Männern.“
Am erfolgreichsten seien gemischte Teams, auch in diesem Punkt sind sich Hanna und Ines einig: Jeder bringe seine Kompetenzen mit, Männer und Frauen würden sich gut ergänzen. Männer würden bessere Manieren zeigen, wenn auch Frauen im Team sind. Und Frauen würden lernen, schneller zur Sache zu kommen. Klingt alles ganz einfach. „Ist es auch“, bestätigt Ines. „Man darf halt nicht kompliziert sein.“ Sondern, sie drückt es so aus: „Ein bisschen resistent.“ Dann klappt es mit den Männern – auch auf dem Bau.
Doris Martinz