Das EKIZ veranstaltet mit der Mädchen- und Frauenberatung einen Alleinerziehenden-Treff und bietet somit einen Rahmen für Austausch und Information

Christine Samselnig und Töchterchen Yuna haben ihre Picknickdecke mit dem Gänseblümchen-Muster geschnappt und es sich im Park gemütlich gemacht. Die beiden genießen sichtbar den angenehmen Abend und laden mich ein, mich zu ihnen zu setzen. Yuna stellt mir ihren Kuschelbären vor und saust kurz darauf freudig zum Springbrunnen gegenüber. Voller Konzentration versucht sie, möglichst viele der glitzernden Wassertropfen in ihr Gießkännchen zu sammeln. In der Zwischenzeit erzählt mir Christine aus ihrem Leben zu zweit mit der Zweijährigen – wie viele erzieht sie ihren Sprössling allein. Auf meine Frage, wie sie ihren Alltag meistert, meint sie lächelnd: „Die Liebe zu einem Kind ist unbeschreiblich – man kann dadurch alles schaffen.“

Wenn der beste gemeinsame Weg die Trennung ist

Als die Beziehung zu ihrem Partner kurz vor Yunas Geburt in die Brüche ging, platzte Christines Traum von einem Familienbild, das sie sich so sehr für sich und ihr Kind gewünscht hatte. Mit Yunas Geburt war Christine nicht nur mit der neuen Rolle als Mutter konfrontiert, sondern musste auch mit der tiefen Traurigkeit über die Trennung leben lernen und sich plötzlich mit großen finanziellen Hürden auseinandersetzen. Die erste Zeit mit Yuna war besonders intensiv und zum Schlafmangel gesellten sich bald Versagens- und Minderwertigkeitsgefühle sowie der Gedanke „Ich bin es nicht fähig, Mutter zu sein. Mir ging es damals nicht gut, das hat Yuna natürlich gespürt, sie war oft krank und weinte viel. Mir war klar, dass ich etwas ändern musste.“ Sie entschloss sich, zur Familienberatung zu gehen, wo sie sich mit verschiedenen Themen und Geisteshaltungen auseinandersetzte und diese nach und nach aufarbeitete. „Ich habe gelernt, dass wenn man in einem negativen Gedankenkreis ist, es sich immer lohnt, an sich zu arbeiten, und dass man da rauskommen kann.“ Die Gespräche bei den Beratungen haben Christine viel dabei geholfen, sich in ihrer Identität als Mutter zu finden und auch die Beziehung zur Yunas Papa auf einer elterlichen Ebene zu sehen. Der Austausch in einer Whatsapp-Gruppe mit Gleichgesinnten und zu erfahren – sie ist nicht alleine, es geht vielen so oder so ähnlich, wie ihr, hat ihr gutgetan und wieder Aufwind gegeben. „Kinder kosten viel Kraft, aber sie geben einem auch sehr viel Kraft zurück. Man lernt durch sie, dass es immer weitergeht,“ so die junge Mama.

Austausch mit Gleichgesinnten & Wanted: Wunsch Omas/Opas/Tanten/Onkel

Miriam vom EKIZ weiß, dass es viele alleinerziehende Mamas und Papas gibt, die ähnliches wie Christine erlebt haben. Aus diesem Grund hat sie zusammen mit der Mädchen- und Frauenberatung den „Alleinerziehenden-Treff“ ins Leben gerufen, der jeden Monat in der Mediathek St. Johann in Tirol stattfindet. Ich treffe sie in ihrem Büro im „Weltraum“, wo sie mir erklärt: „Jeder ist herzlich zu den Treffs eingeladen, auch ohne Anmeldung und vielleicht auch einfach nur auf einen Sprung, vorbeizuschauen.“ Die Treffs geben den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich in einem angenehmen und sicheren Rahmen auszutauschen und sich auch Tipps und Ratschläge zu holen, wie zum Beispiel welche für finanzielle Unterstützungen und Entlastungen angesucht werden können. Es ist auch genug Raum vorhanden, sich auch mal etwas von derSeele reden zu können. Das professionelle Team achtet darauf, dass die Atmosphäre angenehm bleibt und dass trotz der vielen schweren Erlebnisse Positives mitgenommen werden kann.
Miriam ist es wichtig, dass die Kinder zu den Treffs mitgenommen werden können. Damit die alleinerziehenden Mamas und Papas sich in Ruhe unterhalten können, hat sie sich etwas Besonderes überlegt: „Wir sind auf der Suche nach Wunsch Omas/Opas/Tanten/Onkel, die während der Treffs mit den Kindern basteln oder ihnen vorlesen.“ Dadurch könnten sich Bekanntschaften ergeben, die automatisch zur Entlastung alleinerziehende Eltern führen und die Kinder in den Mittelpunkt rücken, denn nicht jeder hat ein großes Netzwerk innerhalb der Familie. Wer sich angesprochen fühlt, kann sich gerne unter kurs@ekiz-st-johann.tirol oder 0676/67 790 41 melden.
„Trennungen beschäftigen einen selbst natürlich sehr und man schafft es vielleicht als Elternteil in der Phase nicht immer, die Bedürfnisse der Kinder zu 100 % zu decken,“ weiß Miriam. Da tut es Kindern gut, in ein glückliches Gesicht blicken zu können und einfach Spaß zu haben, während sich die Mamas und Papas kurz Zeit für sich nehmen können. Miriam rät auch, dass wenn es im Bekanntenkreis zur Trennung von Familien kommt, man offen fragt, ob und wie man helfen kann. „Man ist in der Zeit sehr empfindlich und viele gut gemeinte Ratschläge wie – wollt ihr es nicht doch noch mal probieren oder was glaubt ihr, wie sich das auf die Kinder auswirkt etc. – schmerzen sehr.“
Die Eltern von Christine Samselnig leben leider nicht mehr, sie ist dankbar, dass die Beziehung zu ihrem Ex-Partner gut ist und er regelmäßig Zeit mit der Zweijährigen verbringt. Anfangs hatte Christine ein schlechtes Gewissen, dass sie die kleine Yuna während der Zeit, in der sie arbeitet in die Kinderkrippe gibt, doch mittlerweile sieht sie es positiv:“ „Die große Auswahl an Spielen, die sie dort hat und die vielen Dinge, die sie schon jetzt lernt, könnte ich ihr gar nicht bieten.“ Dank Christines Arbeit hat sich ihre finanzielle Situation gebessert. Für viele alleinerziehenden Eltern ist es schwer, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen, da sie sich oft frei nehmen müssen, wenn das Kind krank ist oder der Babysitter ausfällt. Blickt Christine an die erste Zeit mit Yuna zurück ist sie stolz, wie sie alles geschafft hat. Sie wünscht allen, die in der gleichen oder ähnlichen Situation sind wie sie, sich auch Hilfe zu holen, mittlerweile gibt es sehr viele verschiedene Angebote.
Die kleine Yuna kommt freudestrahlend wieder zu uns zurück auf die Picknickdecke. Christine nimmt sie liebevoll in den Arm und sagt abschließend: „Alle Mamas und Papas geben ihr Bestes, und wenn man zusammen hilft, geht es ein bisschen leichter.“

Viktoria Defrancq-Klabischnig

Die nächsten Termine der Alleinerziehenden-Treffs in der Mediathek St. Johann in Tirol sind:

18. September 2024
16. Oktober 2024
20. November 2024
18. Dezember 2024 und
15. Jänner 2025
Uhrzeit: zwischen 16 und 18 Uhr
(Mittwoch)