Wie Schana Gobeljic zu uns in die Region kam, über unbändigen Willen und Glück in kleinen Amphoren.
Eigentlich habe ich mir auf Google-Maps angesehen, wo Schanas Geschäft in Kirchberg zu finden ist. Trotzdem laufe ich am Dorfplatz daran vorbei, bevor Schana winkend aus der Tür tritt. Der Laden ist nicht wirklich groß, aber auf seine Art wohl einzigartig: Noch nie wurde ich beim Betreten eines Geschäfts von einer so herrlichen Wolke aus Düften und Aromen eingehüllt. Ich habe Lavendel in der Nase, und Rose. Ein paar Schritte weiter duftet es nach Zitrone und Orange, und ist das Eukalyptus? Schana lacht und bejaht. Doch bevor sie mir ihre Schätze zeigt und erklärt, erzählt sie mir, wie sie zu diesem Geschäft, wie sie überhaupt von ihrer Heimat Istrien nach Österreich kam:
Geboren und aufgewachsen ist Schana nämlich in Pula, der größten Stadt in Istrien. Sie erinnert sich daran, wie sie schon als Fünfjährige einen Verkaufsstand bastelt, um Erdbeeren und andere Früchte aus dem Garten der Eltern an Passanten zu verkaufen – den ganzen Tag spielen und schwimmen ist ihr zu langweilig. Sie hat große Ziele, von Anfang an. „Nach meinem Schulabschluss habe ich bald gesehen, dass ich zuhause auch mit viel Arbeit nicht viel schaffen kann“, sagt Schana. Sie geht ins Gastgewerbe. Und weiß, dass sie das nicht ihr Leben lang machen will. Schana träumt von der eigenen Firma. In welchem Bereich diese Firma tätig sein soll, darüber macht sie sich (noch) wenig Gedanken.
Für einen Winter nach Kirchberg
Ihr damaliger Freund Gordan arbeitet im Winter in einem Hotel in Kirchberg, ebenfalls im Service. Als man dort Unterstützung braucht, fragt er Schana, ob sie nachkommen will. Die damals 20-Jährige will und kommt 1991 für ein paar Monate nach Österreich – um Geld zu verdienen und dann wieder nach Hause zurückzukehren. Denn das Heimweh ist groß. Doch Schana lebt sich ein und erlernt unsere Sprache. Mit ihrem Deutsch sei sie zufrieden, aber der Tiroler Dialekt wolle einfach nicht hinein in ihren Kopf. Ich finde, das stört überhaupt nicht. Ihre herzliche Art macht jede etwaige sprachliche Unsicherheit tausendmal wett.
Schana und Gordan bleiben in Kirchberg, heiraten 1995 und gründen eine Familie. Die beiden Söhne Marco (heute 23) und Luca (19) sind ihr ganzer Stolz. „Sie sind so brave Jungs, sie machen uns viel Freude.“ Gordan arbeitet nach wie vor gerne im Gastgewerbe. Das tut Schana jahrelang auch, doch die Freude geht ihr irgendwann verloren. Sie träumt nach wie vor davon, sich irgendwann selbständig zu machen. Aber womit? Diese Frage ist immer noch offen. 2008 verbringt sie die Abende über Wochen und Monate vor dem Computer, um im Internet eine Antwort zu finden. Sie sieht sich tausende Internetseiten an, informiert sich über Branchen, interessiert sich für die unterschiedlichsten Produkte. Keines von ihnen berührt sie, keines entfacht Begeisterung. Aber dann stößt sie auf eine Seite mit Badesalz und Seifen, angeboten von jener Firma, bei der ihre Schwester einst arbeitete. Sofort ist Schana wie elektrifiziert. Das ist es! Obwohl ihre Familie anfangs nicht sehr begeistert ist von ihrer Idee, bleibt sie dabei. Denn das Bauchgefühl ist stärker als alle Bedenken. Als Schana eines sonnigen Tages von einer Laufrunde zurückkommt, weiß sie, dass der Zeitpunkt nun gekommen ist: Sie meldet noch am selben Tag ihre Firma „Nature Adria“ an. „Das war 2009. Und dann hat das große Kämpfen angefangen.“
Enttäuschung und Erfolg
Zuerst begann aber die Produktion: Schana stellt selber Seifen her und verwendet dafür hochwertige Öle aus der Heimat. Manche Seifen kauft sie auch in Kroatien ein, zerteilt die großen Stücke in kleinere und verpackt sie selber. Sie versetzt Salz aus der Heimat mit kostbaren Ölen und bietet es als Badesalz an, fertigt Duftsäckchen und mehr. Und zieht dann mit ihrer duftenden Ware von Geschäft zu Geschäft, von Hotel zu Hotel. Voller Enthusiasmus und der Zuversicht, dass alle ihre so sorgfältig wie liebevoll hergestellten Produkte haben wollen. „Aber das war nicht so“, erinnert sich Schana. Sie erlebt in dieser Zeit viel Freude, aber auch viele Enttäuschungen. Was vor allem schmerzt, ist die fehlende Wertschätzung. Es sind wichtige Erfahrungen, die sie macht. Sie bringen auch die Erkenntnis, dass sie ihre Ware selbst verkaufen muss.
Über einen Hinweis erfährt sie davon, dass das kleine Geschäft am Dorfplatz zu haben ist und kann es mieten. Aber der Anfang ist auch hier sehr, sehr schwer. „Ich habe um das Vertrauen der Menschen erst kämpfen müssen, darum, eine Chance zu bekommen, ihnen meine Produkte vorzustellen.“ Statt hinter der Theke zu stehen, wirbt Schana oft vor der Geschäftstür um Kundschaft, spricht auf dem Dorfplatz Leute an.
Ganz in ihrem Element
2009 betreibt Schana zum ersten Mal ihren Stand am Wochenmarkt in St. Johann – wieder auf einen Tipp hin, für den sie heute noch dankbar ist. Der Markt erweist sich nämlich als goldrichtig, als wichtiger Vertriebsort. Hier ist Schana ganz in ihrem Element, wie sie es schon als Fünfjährige in der Heimat war. Sie liebt es, viele Leute kennenzulernen und ihnen ihre Produkte zu präsentieren und natürlich auch zu verkaufen. „Wenn ich immer nur im Warmen sitze und nicht bei jedem Wind und Wetter hinter dem Stand stehen würde, wäre es nicht gut für mich ausgegangen“, gesteht Schana. Sie besucht inzwischen auch andere Märkte wie jenen in Kirchberg, beim Stanglwirt oder den Christkindlmarkt in Going. Sie liebt, was sie tut. Sie steht voll und ganz hinter ihren Produkten, die sie mit viel Sorgfalt herstellt und verpackt – und das sieht, riecht, erlebt man. Im Laufe der Jahre sind viele KundInnen zu lieben FreundInnen geworden. „Meine Arbeit mit den Leuten macht mich sehr glücklich“. Man sieht es ihr an – Schanas dunkle Augen leuchten, ihr Lächeln kommt von Herzen, sie strahlt.
Schanas Lieblingsprodukt aus dem eigenen Sortiment sind die Körperöle, die sie gemeinsam mit ihrer Schwester entwickelt hat und in verschiedenen Duftrichtungen anbietet. Die Öle werden bei einer Firma in Salzburg auf ihre Qualität hin geprüft und abgefüllt – in kleine Amphoren aus Glas, die jenen antiken nachempfunden sind, die in Pula gefunden wurden. Schana dekoriert die Amphoren selbst und ist mit den Gedanken dabei meist in ihrer Heimat Pula. Alle Produkte aus ihrer kleinen Werkstatt enthalten wertvolle Öle und andere Zutaten und kommen ohne chemische Konservierungsstoffe aus.
„Es hat sich gelohnt, zu riskieren und zu kämpfen ohne Ende“. Sie habe die Sympathie so vieler Menschen gewonnen, das sei ein riesengroßes Geschenk.
Schana hat ihren Traum nie aufgegeben, auch im Lockdown nicht. Stattdessen hat sie sich gegen ihre Ängste gestellt und, unterstützt von ihrer Familie, ihr Geschäft renoviert. Sie lebt ihren Traum. Träume und Ziele brauche jeder Mensch, meint sie. Nur so könne man Krisen überwinden. „Das ist das einzige Medikament“, ist sich Schana sicher. Sie hat sich mittlerweile ein neues Ziel gesetzt, sie will einen weiteren Traum wahr machen. Welcher das ist, darüber will sie (noch) nichts verraten …
Doris Martinz