Melanie Hutter leitet das Freiwilligenzentrum in unserer Region Pillerseetal-Leukental. Sie weiß, warum es das Ehrenamt braucht, und warum es uns glücklich macht.

Viele übernehmen es einfach, ohne groß darüber nachzudenken oder darüber zu reden. Sie trainieren die Jugend im Sportverein, helfen bei Konzerten beim Ausschank, reißen im Sommer das ungeliebte „Springkraut“ aus. Andere hingegen ziehen die Augenbrauen hoch und sagen: Was, ich soll das ehrenamtlich machen, ganz umsonst?“ Nein, umsonst ist das Ehrenamt nie. Es gibt zwar kein Geld, dafür aber etwas, was man für Geld nicht kaufen kann: das Gefühl, etwas Sinnvolles getan, einen wertvollen Beitrag geleistet, andere Menschen glücklich gemacht zu haben. Und das fühlt sich einfach gut an.

Der Grund, warum das so ist, hängt mit der Evolutionsgeschichte des Menschen zusammen: Gemeinsam war der Mensch immer schon stärker als alleine, unsere Fähigkeit zur Kooperation und gegenseitigen Unterstützung machte uns zum überlegenen „Säugetier“. Für die Erhaltung unserer Art war es also schon immer von Vorteil, wenn wir sozial waren. Deshalb belohnt uns die Evolution, wenn wir etwas „richtig“ machen: Wenn ein Mensch einem anderen hilft, werden Regionen im Gehirn aktiviert, die Belohnungen verarbeiten. Freundlich zu sein macht also zufrieden – selbst dann, wenn es etwa für ein Geschenk keine direkte Gegenleistung gibt. (Siehe dazu auch den Artikel auf Seiten 18 und 19 über den Urmenschen).
Ganz abgesehen davon, dass uns das Ehrenamt selbst gut tut, „funktioniert unsere Gesellschaft ohne Freiwillige nicht mehr“, so Melanie. Weil ganze Systeme zusammenbrechen würden – beispielsweise der Rettungsdienst. Jede(r) Vierte in der Rettungs-Uniform arbeitet unentgeltlich mit und bekommt dafür das gute Gefühl, in Notsituationen helfen zu können. Ein Danke, ein Händedruck, ein Lächeln entschädigt für durchwachte Nächte und mitunter belastende Situationen. So funktionieren wir Menschen nun einmal, zumindest die meisten von uns (Ausnahmen bestätigen die Regel). Mit diesem Wissen sollte es uns leicht fallen, uns für andere zu engagieren.

70 Einrichtungen und Vereine stehen zur Wahl

Möglichkeiten, Gutes zu tun, gibt es genug. Niemand weiß das besser als Melanie Hutter vom Freiwilligenzentrum Pillerseetal-Leukental, das 2015 gegründet wurde und an das Regionalmanagement angegliedert ist. Melanie koordiniert die Freiwilligenarbeit im Pillerseetal und im Leukental (von Kirchdorf bis Jochberg). Was das bedeutet, ist schnell erklärt: „Menschen, die gerne ein Ehrenamt übernehmen würden, melden sich bei mir“, so Melanie. „Ich führe zuerst ein Erstgespräch mit ihnen, um herauszufinden, in welche Richtung es gehen soll, welches Projekt oder welche Institution zu den Neigungen und Interessen passt“, so Melanie. Dann checkt sie, wer von den insgesamt 70 registrierten Einrichtungen und Vereinen gerade Hilfe braucht, und wo es Übereinstimmungen gibt. Melanie berät und organisiert auch gerne Schnuppertage. Ist die passende Institution gefunden, wird der Freiwillige direkt von der Einrichtung betreut. „Die Leute melden sich dann erst wieder bei mir, wenn sie etwas Anderes versuchen oder pausieren wollen. Wir sind da total flexibel, auch, was den Zeitumfang betrifft.“ An Private wird die Leistung der Freiwilligen nicht vermittelt.

„Wunsch-Großeltern“, Computeria und mehr

Alle HelferInnen sind unfall- und haftpflichtversichert. 277 Ehrenamtliche führt Melanie derzeit in ihren Listen, 214 davon sind aktiv im Einsatz. An den unterschiedlichsten Stellen: Nicht nur die Alten- und Pflegeheime brauchen immer wieder Unterstützung, sondern auch Kulturvereine wie die „MUKU“ in St. Johann, die Lebenshilfe, die Bergwacht, das Mädchen- und Frauenberatungszentrum, das Repair Café und viele mehr.
Das Repair Café ist übrigens eines der Projekte, die Melanie für das Freiwilligenzentrum ins Leben rief. Ein anderes trägt den Titel „Wunsch-Großeltern“, bei dem Familien mit Kindern mit älteren Menschen zusammengebracht werden. Die „Wunsch-Oma“ oder der „Wunsch-Opa“ holt die Kinder von der Schule ab, spielt mit ihnen und ersetzt damit die „richtigen“ Großeltern, die vielleicht weit entfernt wohnen, wenig Zeit haben oder schon verstorben sind. „Da sind schon die wunderbarsten Freundschaften und Verbindungen entstanden“, erzählt Melanie mit leuchtenden Augen.
Ein weiteres Projekt des Freiwilligenzentrums ist die „Computeria“: Fünf Freiwillige helfen gut 20 Menschen im Alter von „55 plus“ mit ihrem Handy, Laptop oder Computer weiter.
Auch das „Zeitpolster“ (wir haben in der letzten November-Ausgabe berichtet), das Handarbeitsstübchen, die „Glücksmomente“, ein Weihnachtsbasar und eine Inforeihe für pflegende Angehörige werden über das Freiwilligenzentrum koordiniert. Auch Schulungen für Vereinsmitglieder fallen in Melanies Zuständigkeit, sie ist auch in das Projekt „St. Johann 2030–2050“ eingebunden.

Auf der Suche nach dem Glück

Melanie selbst empfindet ihre Arbeit im Freiwilligenzentrum als überaus erfüllend. Beruflich war sie nicht immer so glücklich: „Ich war in der Projekt-Organisation und Koordinierung tätig, aber nach der Geburt meiner beiden Töchter wollte ich mich einer neuen beruflichen Herausforderung im sozialen Umfeld stellen. Denn irgendwas fehlte mir.“ Sie absolvierte schließlich die Ausbildung zur Freiwilligenkoordinatorin und übernahm die Leitung des neu gegründeten Zentrums. Der Halbtages-Job lässt sich mit der Familie gut vereinbaren. Finanziert wird das Zentrum vom Land Tirol und den Sponsoren.

Was mich beim Gespräch mit Melanie erstaunt, ist die Tatsache, dass längst nicht nur PensionistInnen als ehrenamtliche Helfer im Einsatz sind. Nein, auch immer mehr junge Menschen widmen einen Teil ihrer Freizeit der guten Sache. Es ist die Generation, die in materieller Hinsicht so viel besitzt wie noch keine vor ihr. Und die dennoch auf der Suche nach dem ist, was uns wirklich glücklich macht: das Miteinander, das Gefühl, etwas beitragen zu können und Sinnvolles zu tun.

 

Lust, es einfach einmal zu probieren?
Meldet euch bei Melanie im Freiwilligenzentrum,
Tel: +43 5359 905011300
freiwilligenzentrum@regio3.at

Doris Martinz