Victoria Gschnaller und Alexander Bliem über ihr Start-Up-Unternehmen „smavi“, über Schock, Freude und mehr.
Was machst du mit Visitenkarten?“, wollte Alexander an einem Herbsttag vor zwei Jahren wissen. Seine Freundin Victoria zuckte mit den Schultern. „Die landen in der Handtasche und später irgendwann im Müll“, meinte sie darauf. Ihre Antwort brachte Alexander zum Grübeln. Denn ihm erging es nicht besser: Als Elektrotechniker war er viel auf Baustellen unterwegs, knüpfte Kontakte – und verlor die Visitenkarte manchmal schon auf dem Weg zum Auto. Was, wenn er und Victoria eine digitale Lösung für das Visitenkarten-Schlamassel und ein Start-up-Unternehmen dafür gründen würden? Victoria war von Alexanders Idee angetan.
Schock und Erkenntnis
Ein Jahr lang tüftelten sie an Handyhüllen mit integriertem NFC-Chip, der Informationen über Elektrowellen von einem Handy auf das andere überträgt – einfach, indem man die Handys zusammenhält. Im Dezember 2023 gründeten sie ihr eigenes Unternehmen mit dem Namen „smavi“ für „smarte Visitenkarte“. Sie entwickelten auch eine App, über die kontaktlos weitere Informationen wie das Logo, Fotos oder gar Dokumente übertragen werden. Ganz unabhängig von der Handymarke.
Und hat man nach einem Gespräch den Namen des Gegenübers vergessen, die Visitenkarten aber auf digitalem Weg getauscht, kann man über Berufsbezeichnung und Ort nach der Person suchen.
Inzwischen sind die beiden hauptberuflich damit beschäftigt, ihre junge Firma zum Erfolg zu führen; Victoria, 28 Jahre alt, schloss heuer daneben noch den Bachelor in Marketing und Kommunikationswissenschaft an der Fachhochschule in Kufstein ab.
Als der Apple-Konzern vor einiger Zeit ein sehr ähnliches Feature, wie „smavi“ es anbietet, präsentierte, waren die beiden zuerst geschockt. „Aber dann waren wir begeistert. Dass Apple das Thema aufgreift, beweist nämlich, dass der Bedarf da ist und es viel Potential gibt. Apple wird das Feature nie für andere Geräte freischalten, damit kommen wir ins Spiel“, so Alexander.
„Grünes“ Unternehmen
„smavi“ ist ein „grünes“ Unternehmen: Die Handyhülle besteht aus landwirtschaftlichen Abfällen, vorwiegend aus Weizenstrohabfällen und Bambus. Sie kommt – wie auch der Chip – noch aus China. „Ziel ist es, dass wir irgendwann in Europa produzieren lassen, mal schauen“, sagt Victoria. Mit jeder Handyhülle, die „smavi“ verkauft, geht ein Teil der Einnahmen an ein Aufforstungsprojekt in Österreich.
Wenn Firmen ihr Logo auf die Handyhülle gedruckt haben wollen, übernehmen Victoria und Alexander das selbst. Insgesamt zirka 500 Hüllen haben sie bislang verkauft und selbst verschickt.
Im Frühjahr dieses Jahres stellten sie ihr Produkt auf einer Messe in Frankfurt vor und verschenkten dort Hüllen zu Werbezwecken. Es gab enorm viel positives Feedback, viele wollten die „smavi“ für sich bestellen. „Es war schon cool, die Begeisterung der Leute zu spüren“, schildert Victoria das Erlebte. Man habe sie und Alexander als Gründer angesprochen, das habe sich einfach genial angefühlt. „Weil daheim im Lager, wenn man Pakete herrichtet, fühlt man sich nicht als Gründer, sondern als Arbeiter“, sagt Alexander, 30, lachend.
Es sei ein weiter Weg gewesen bis zur Messe in Frankfurt, ein Weg voller Berg- und Talfahrten. Mehrmals seien sie drauf und dran gewesen, alles hinzuwerfen, erzählt Victoria. „Aber das ist das Coole, wenn man zu zweit ist: Einer sieht es immer positiver, und man bleibt dran.“
Große Träume
Victoria und Alexander haben große Träume. „Träumen darf und muss man ja“, sagt Victoria augenzwinkernd. In ihrem Traum wird „smavi“ auf der ganzen Welt verwendet, man feiert sie und Alexander als DIE Erfinder aus St. Johann. Dass der große Durchbruch möglich ist, beweisen Firmen in den unterschiedlichsten Branchen immer wieder. Auf der Messe haben sie viele Vorbilder getroffen. „Einmal zu denen zu gehören, wäre cool“, so Alexander.
Aber was, wenn nicht? „Wir sind beide so gestrickt, dass wir immer eine Notlösung parat haben“, antwortet Victoria. Sie hat eine Werbeagentur angemeldet und würde ihr Geld wohl damit verdienen. Alexander hat viel Gespür für Design, er würde sie unterstützen. Aber all das ist Theorie. Jetzt geht es um ihr gemeinsames „Baby“, um „smavi“. Hochzeit und Familiengründung wurden übrigens auf unbestimmte Zeit nach hinten geschoben …
Inzwischen haben sie „smavi“ auf mehreren Messen und Events präsentiert, die Reaktionen waren immer sehr positiv. „Jede Verwendung ist eine Empfehlung“, weiß Victoria. Wenn einmal eine gewisse Anzahl an Nutzer:innen „smavi“ verwendet, sollten die Verkäufe rasant nach oben gehen, damit rechnen die beiden Jungunternehmenden.
Mit Unterstützung eines Profis arbeiten sie weiter an der App, die noch viele weitere Features bekommen soll. Die beiden arbeiten auch an einem Papiervisitenkarten-Scanner, der die Daten direkt in die App übernimmt. Vieles ist noch möglich. Vieles wird noch kommen.
Doris Martinz