Der St. Johanner Alexander „Alex“ Hauser ist Co-Trainer bei Red Bull Salzburg. Er verrät, was ihn fordert und glücklich macht.
Er hat Erfahrung im Umgang mit Medienvertreter:innen und wohl viel mit Sportreporter:innen zu tun. Dass ich so wenig über Fußball weiß, wird mir im Laufe des Gesprächs mit Alex Hauser peinlich bewusst – nicht zu ändern, zumindest nicht auf die Schnelle. Alex ist aber ganz geduldig, ein Profi eben: Vor dem Mikro, auf der Trainerbank – und auf dem Fußballplatz. Schon als Kind fiel er im Fußballverein St. Johann als Talent auf. Geboren 1984, ging es für ihn schon mit 14 Jahren nach Innsbruck, wo er die Sporthandelsschule und die Fußballakademie besuchte. Als er 16 Jahre alt war, holten ihn die Glasgow Rangers nach Schottland. Wie war das damals für ihn als Jugendlichen, so weit weg von daheim, unter Leuten, die er anfangs wohl nur schwer verstand? „Das war nicht schlimm, ich wollte das ja – die Profikarriere als Fußballer war mein Traum. Nach ein paar Monaten habe ich die Schotten mit ihrem sehr speziellen Dialekt dann auch verstanden“, erinnert er sich lachend. Im Alter von 18 Jahren kam er zurück nach Österreich und unterschrieb in Bregenz seinen ersten Profivertrag in der österreichischen Bundesliga. Sein erstes Bundesliga-Tor schoss Alex mit Bregenz gegen Kärnten – eine Sternstunde. Es folgten Stationen in den Vereinen Pasching, Kärnten, Wiener Neustadt und schließlich Wacker Innsbruck, wo er sieben Jahre lang spielte – „Mittelfeld, und als ich älter und langsamer wurde dann Verteidiger“, erzählt Alex. Mit 34 hängte er die „Baggi“ an den Nagel, eröffnete in seinem Heimatort eine Fußballschule für den Nachwuchs, trainierte die „U18“ und setzte die Trainerausbildungen fort, die er bereits als aktiver Profi begonnen hatte. Da kam das Angebot von Red Bull Salzburg, als „Scout“ in Tirol junge Talente aufzuspüren – eine spannende Aufgabe, die nicht nur viel Spaß machte, sondern Alex auch die Tür zum FC Liefering, dem Kooperationsverein von Red Bull Salzburg, öffnete. Hier stieg Alex schließlich als Co-Trainer ein. Ein halbes Jahr später wurde Cheftrainer Matthias Jaissle zu den „Bullen“ berufen, er nahm seinen „Stab“ – darunter auch Alex – mit. 2021 fand sich Alex plötzlich auf der Trainerbank eines Profi-Clubs, der Champions League spielt und österreichischer Meister sowie Cup-Sieger ist, wieder. Ein wahr gewordener Traum für jemanden, für den Fußball die Welt bedeutet. Dabei hatte sich Alex einen Job wie diesen nie träumen lassen: „Ich habe nie so groß gedacht, die Position nicht angestrebt. Aber wenn sich die Chance bietet, sagt man natürlich nicht nein, sondern will den Job haben. Ich schätze mich jeden Tag glücklich, das machen zu dürfen.“
Hartes Business
Alex genießt bewusst jeden Tag im „Fußballzirkus“. Denn es kann ganz schnell vorbei sein mit dem Traumjob als Co-Trainer. Bringt die Mannschaft nicht den erwarteten Erfolg, hat meist der Trainer die Konsequenzen zu tragen und wird gekündigt. Auch wenn es natürlich viele Aspekte sind, die eine Mannschaft formen und ihren Erfolg beeinflussen – letztendlich rollt der Kopf des Trainers. Nicht unbedingt – aber oft – bedeutet das auch das Aus für sein Team. Für Alex ist das nichts Neues, auch als Profispieler hat man bald kein „Leiberl“ mehr, wenn die Leistung nicht stimmt. „Wenn man als Trainer einen Vertrag unterschreibt, ist das gleichzeitig die Kündigung, so sagt man“, erklärt Alex. „Die Laufzeit eines Vertrags ist im Durchschnitt eineinhalb Jahre, das weiß man in diesem Geschäft, so ist das Business.“
Noch aber sitzt das Trainerteam bei Red Bull Salzburg fest im Sattel, die Leistungen der Mannschaft passen. Cheftrainer Matthias Jaissle trägt die „Endverantwortung“, wie es Alex ausdrückt. Sein eigener Job ist es, ihm zu helfen und ihn zu unterstützen. Das bedeutet unter anderem auch viel Büroarbeit.
An einem gewöhnlichen Arbeitstag verläßt Alex um halb sieben Uhr morgens sein Zuhause in Oberndorf mit dem Auto in Richtung Salzburg. Meist pendelt er und bleibt nur nach Spielen in der Stadt oder wenn es abends spät wird. In der Früh finden gleich die ersten Sitzungen statt, das Training wird vorbereitet. Um halb zehn Uhr ist Trainingsstart, nach der Einheit ist wieder Büroarbeit angesagt – Alex bereitet weitere Trainings und Spiele vor. Während der Saison spielen die „Bullen“ jeden Mittwoch und Samstag, in dieser Zeit ist Alex viel mit der Mannschaft unterwegs und fliegt mit ihr nach Wien, Rom, London und in viele weitere Städte in ganz Europa. Das klingt cool – aber auch stressig. „Das Reisen ist phasenweise wirklich kräfteraubend. Aber solange der Erfolg passt, solange man das auf einem so hohen Niveau machen kann, macht es Spaß.“
Unvergesslicher Moment
Sightseeing ist für Alex natürlich nicht drin bei den Städtetrips mit den „Bullen“, die Tage sind bis in kleinste Zeiteinheiten „durchgetaktet“. Eines nimmt sich die „Staff“ inklusive Trainer jedoch in jeder Stadt heraus: einen morgendlichen Lauf quer durch die jeweilige Metropole, vorbei an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. So joggte Alex an jenem Tag, als die Queen beerdigt wurde, durch den Hyde Park in London, er drehte eine Runde um den Mailänder Dom und lief in Sevilla an der Stierkampfarena vorbei. In Sevilla, erlebte er einen absolut unvergesslichen Moment seiner Trainerkarriere: das erste Champions League Spiel. Das erste Mal auf der Trainerbank die Hymne zu hören, den Medientrubel mitzuerleben, Teil eines Weltklasse-Sportereignisses zu sein, „das bleibt für immer!“ Obwohl Alex, wie er sagt, bei den ersten CL-Spielen so angespannt war, dass er die Atmosphäre gar nicht genießen konnte. Heute kann er sich zumindest den Augenblicken hingeben, in denen die Hymne gespielt wird. Während des Spiels steht er immer noch sehr unter Spannung, „man will ja einen guten Job machen.“
Das will die ganze Truppe, bestehend aus bis zu 30 Leuten, die bei den Salzburgern für die Mannschaft zuständig sind: Ärzte und Therapeuten, Mentaltrainer, ein Koch, Zuständige für die Integration von neuen Fußballern und weitere mehr. Der Trainer ist unter anderem für die „Teamhygiene“ verantwortlich.
Damit ist nicht das Händewaschen nach dem Toilettenbesuch gemeint, sondern dass ein bunt zusammengewürfelter Haufen an Männern zu einem schlagkräftigen Team zusammenwächst. Er muss aus der Mannschaft und aus jedem einzelnen Spieler das Beste herausholen. Die Profi-Fußballer sind heute Mega-Athleten, die kein Gramm Fett am Leibe haben, so Alex. Bei Gesundheitschecks werden regelmäßig ihre Werte überprüft, „sie sind zu sehr gläsernen Menschen geworden.“ Klar würden Kicker, die auf hohem Niveau spielen, extrem viel Geld verdienen dafür müssen sie ihr Leben aber auch komplett dem Sport unterordnen. Alles dreht sich um das individuelle Optimum an Training, Schlaf, Ernährung. „Wer es nicht ganz so genau nimmt, bleibt auf der Bank, bekommt keinen Vertrag oder schafft den Sprung zum Top-Club nicht“, so Alex. Wer alles will, muss alles geben. Längst nicht jeder kann oder will das.
Wahrscheinlich will auch nicht
jeder Alex’ Job, denn das Trainer-Sein hat auch Schattenseiten: Der Job kennt kein „Nine-To-Five“, in der Saison gibt es auch kaum einen freien Tag. Da bleibt natürlich nicht viel Zeit für anderes, zum Beispiel für die Familie – für Ehefrau Patricia und den gemeinsamen Sohn Max. „Es ist nicht immer fein, wenn man zum Beispiel in London sitzt, und die beiden haben eine Veranstaltung, bei der ich eigentlich gerne dabei wäre“, sagt Alex. „Das ist der Preis, der für dieses Leben zu zahlen ist.“
Und dennoch: Alex weiß, dass er vielleicht nur einmal in seinem Leben die Chance hat, einen Job wie den aktuellen zu machen. Deshalb ist er dankbar für das Privileg, für alles, was er mit Red Bull Salzburg erleben darf. Er will sich persönlich und als Trainer ständig weiterentwickeln. „Man muss jeden Tag an sich arbeiten, das habe ich aus dem aktiven Sport für mich mitgenommen.“
In den beiden Wochen vor Weihnachten, in der Zeit, in der wir uns in St. Johann treffen, machen auch die „Bullen“ Pause, Alex hat Urlaub und genießt die Zeit daheim. Er verbringt so viele Stunden wie möglich mit seinem Sohn, der ebenfalls begeisterter Fußballer ist und beim SK St. Johann spielt. Alex unterstützt ihn in allem, was er tut – egal, ob er Profifußballer werden will, Konditor oder sonstwas. In seinem Alter ging Alex nach Innsbruck, er entschied sich einst für den Leistungssport. Und würde es heute nicht anders machen.
Doris Martinz