Isabell Huter ist die neue „MuKu“-Geschäftsführerin. Warum sie eigentlich wider Willen in der Marktgemeinde „strandete“ und mehr.

Sie hat es mit Sport probiert. Das war auch ganz cool, aber so richtig „zünden“ wollte es einfach nicht. Kultur ist nun einmal der Bereich, in dem sich Isabell Huter wohl fühlt wie ein Fisch im Wasser. Seit Anfang des Jahres ist die 32-Jährige Chefin des Vereins Musik Kultur St. Johann, sie trat damit die Nachfolge des „unbequemen“ Hans Oberlechner an. „Jazz-Håns“, wie ihn viele auch nennen und unbequem deshalb, weil er weder Diskussionen noch Konfrontationen scheute, um St. Johann zu dem zu machen, was es heute ist: die österreichweit viel beachtete „Kulturhauptstadt“ im Tiroler Unterland. Ob Isabell auch in dieser Hinsicht in seine Fußstapfen treten wird? Sie lacht. „Der Diskurs ist schon wichtig, wir streben aber auch die Zusammenarbeit an und suchen einen guten Konsens mit allen Beteiligten“, sagt sie. Jedes Jahr werde der Verein in Zukunft sein Programm in der Gemeinde präsentieren, man hoffe auf eine gute Kooperation. Isabell sagt es mit einem Lächeln, das man nur als absolut bezaubernd bezeichnen kann. Es wird ihr mit Sicherheit die eine oder andere Tür öffnen. Aber auf ihr Lächeln allein muss sich die gebürtige Erpfendorferin nicht verlassen, sie bringt für ihren Job das perfekte Rüstzeug mit:

„Ein ziemlicher Cut“

Nachdem sie an der HAK in Kitzbühel die Matura abgelegt hatte, arbeitete sie in der Gastronomie beziehungsweise Hotellerie und absolvierte berufsbegleitend das Studium „Sport-, Kultur- und Veranstaltungsmanagement“ an der FH Kufstein. Praktika bescherten ihr Einblicke in die faszinierende Welt des FC Red Bull und in jene von „Wings for Life“. Beides jedoch konnte sie nicht fesseln, ihr Herz schlug schon immer für Kunst und Kultur: für Musik, Film, Malerei und mehr.
Nach dem Studium ging sie nach London, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und jobbte dort in einem Hostel. Ein weiteres Praktikum führte sie nach Wien zu einem Unternehmen, das Kongresse veranstaltet. Danach ging es wieder zurück nach London, diesmal für drei Jahre; sie machte erste Erfahrungen im Musikevent-Bereich. Nach einem weiteren Jahr in Australien absolvierte sie in Indien die Ausbildung zur Yogalehrerin, die sie knapp vor der Pandemie abschließen konnte.Sie schaffte es mit viel Glück nach Hause. Nach sechs Jahren, in denen sie in der „Weltgeschichte“ unterwegs gewesen war, landete sie damit wieder daheim bei „Muttern“. „Ein ziemlicher Cut“, sagt sie heute. Die Rückkehr in die Heimat war nicht geplant, eigentlich waren erneut London oder Berlin das Ziel gewesen.

Fasziniert von Kultur

Aber dann bot sich die Möglichkeit, in der Alten Gerberei als Freelancerin im Eventmanagement anzufangen und daneben ein wenig Yoga zu unterrichten – was sie übrigens noch immer macht.
2022 wurde sie fix bei MuKu angestellt. „Ein Traumjob“, sagt Isabell. In den letzten beiden Jahren habe sie mit sich gerungen, ob sie in St. Johann bleiben solle oder doch wieder in eine Metropole wechseln, gesteht sie. Der Job hielt sie in der Heimat. „Die Arbeit in der freien Kulturszene ist genau mein Ding“, strahlt sie.
Isabell liebt es, mit Kunst zu tun zu haben, sie findet es toll, ein Angebot zu schaffen für alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen. Einen Ort, wo man Kunst machen und interagieren kann, sich austauschen. Sie genießt es, interessante Künstler-Persönlichkeiten kennenzulernen und lässt sich gerne von ihnen inspirieren. Ingrid Schmoliner, die letztes Jahr im Rahmen des artacts Festivals das Orgelkonzert in der Pfarrkirche veranstaltete, ist zum Beispiel so eine Persönlichkeit, die Isabell besonders beeindruckt hat. Oder natürlich auch die mutigen Künstlerinnen von „Pussy Riot“, die mehrmals in der Marktgemeinde zu Gast waren. Die neue Muku-Chefin bewundert an Menschen den Mut, mit Konventionen zu brechen, ihre Kreativität, Leidenschaft und Hingabe. Das alles inspiriert sie für ihre Arbeit im Kulturmanagement.
Sie hat in London viele Künstler:innen getroffen und kennengelernt, der Austausch mit Freunden dort ist immer noch rege. Mindestens zweimal im Jahr reist sie in die Hauptstadt Englands, um sich mit ihnen zu treffen – und immer wieder auch das Tate zu besuchen, ihr Lieblingsmuseum. „Ich konsumiere extrem gerne Kunst“, meint sie dazu.
Ihre Arbeit in der Alten Gerberei, die Art der Kulturarbeit, fühle sich für sie auf jeden Fall überaus urban an, meint Isabell. Das Angebot und die Energie, die in der Alten Gerberei herrsche, erinnere sie sehr an die Großstadt. Im Prinzip sei alles möglich, man könne sehr vieles umsetzen. Obwohl es natürlich einen bremsenden Faktor gebe: die finanziellen Möglichkeiten. „Man darf auch nicht müde werden, darüber zu sprechen“, stellt Isabell klar. „Die Finanzierung ist ein Riesenproblem.“

Hingehen hilft

Wie kann man als Privatperson oder Firma die Kulturarbeit in St. Johann unterstützen? Spenden zugunsten der Alten Gerberei sollen in Zukunft von der Steuer absetzbar sein, daran arbeite das Team gerade, so Isabell. Es gebe auch die Möglichkeit, Gutscheine zu kaufen und zu verschenken. „Aber selbst zu den Veranstaltungen zu kommen und vielleicht auch einmal etwas Neues auszuprobieren, das ist natürlich die schönste Art, uns zu unterstützen“, meint sie.
Isabell Huter ist inzwischen – wie zuvor Hans Oberlechner – im Vorstand der Tiroler Kulturinitiativen vertreten und setzt sich dort für die Interessen aller Kulturtreibenden in Tirol ein.
Sie hat viel von Hans gelernt, er wird sie in der Alten Gerberei noch für einige Zeit begleiten und ihr zur Seite stehen. Denn es wartet viel Arbeit auf die neue Chefin, sie hat viel vor: „In erster Linie will ich natürlich das Haus in der Qualität, wie es Hans über 30 Jahre lang getan hat, weiterführen“, erklärt sie. Ziele seien aber auch, das Foyer im Haus neu zu gestalten, die Kooperation mit anderen Kulturbetrieben tirolweit auszubauen und die Jugendkultur zu stärken. Kommen junge Leute nach St. Johann, führe sie ein erster Weg oft in die Alte Gerberei, so Isabell. Es gelte, ein entsprechendes Angebot zu halten und auszubauen. Eines, das man sonst nur in den Landeshauptstädten findet. Lukas Massinger, zuständig für artacts sowie Verena Tkauz (derzeit in Karenz), zuständig für youngstar, werden sie dabei unterstützen. Das tun auch die zirka einhundert Freiwilligen, die verschiedenste Aufgaben übernehmen.„Wir haben eine unfassbar große Zahl von Freiwilligen, davon können andere Kulturbetriebe nur träumen“, so Isabell, sie sei ungemein dankbar dafür.
Dankbarkeit ist ein gutes Stichwort. „Es kommen öfters Freunde aus London zu Besuch, die begeistert sind davon, wie schön wir es hier haben. Ich weiß die Vorzüge der Heimat jetzt mehr zu schätzen als früher“, sagt sie.
Das bedeutet, Isabell wird uns hoffentlich noch lange in der Region erhalten bleiben. Und Orte der Begegnung schaffen, an denen Menschen sich austauschen und verbinden können. An denen sie auch die Möglichkeit bekommen, die Welt aus verschiedensten Blickwinkeln zu erfahren. Denn Kultur ist nicht nur Unterhaltung und „Bespaßung“. Mehr denn je brauchen wir sie, um Toleranz und Offenheit zu üben.

Doris Martinz