Alexander Heinzel und sein Sohn Laurin Plattner über die Faszination „Go Kart“.
Auf den ersten, flüchtigen Blick könnte man meinen, es handle sich um ein Formel-1-Rennen. Erst bei näherem Hinsehen wird klar: Die Rennfahrer sind klein, und sie haben riesige Köpfe – oder tragen zumindest große Helme mit spiegelnden Visieren auf den Schultern. Auch ihre „Autos“, ihre Go Karts, sind klein. Aber ganz schön laut und knallbunt – und schnell, viel zu schnell für mein Empfinden.
Nachdem ich mit Alexander und seinem elfjährigen Sohn Laurin gesprochen habe, sehe ich mir ein Video an, um einen noch besseren Eindruck von den Go-Kart-Rennen zu bekommen, von denen sie erzählt haben. 2017 schauten sich die beiden auf dem Klausner-Parkplatz in St. Johann als Zuseher ein Firmen-Go-Kart-Rennen an, bei dem Niklas Schaufler, damals sieben Jahre alt, einen Showauftritt hinlegte. Vater und Sohn waren fasziniert und kamen mit dem jungen Rennfahrer und dessen Vater Daniel ins Gespräch. Bald schon fuhren sie ins Bayerische Ampfing zu den Schauflers, damit Laurin sich auf der Rennstrecke dort selbst einmal im Go Kart versuchen konnte. Das Ergebnis: „Bitte, bitte, bitte Papa, kauf mir so ein Go Kart, ich will auch Rennen fahren!“ So fing es an.
Der Papa ließ sich erweichen – auch, weil ihm Go Karts und Rennstrecke und das ganze Drumherum selber so gut gefielen. Laurin übernahm das gebrauchte Gefährt von Niklas, und sein Vater begann, sich mit der „Schrauberei“ auseinanderzusetzen. Während sich Laurin bei Niklas Tipps zum Fahren holte, lernte Alexander viel von Daniel Schaufler, der zuerst für die beiden St. Johanner auch noch den Transport des Karts zum Rennen übernahm. Als Alexander sich dann selber auch eines anschaffte, musste auch ein entsprechend großes Fahrzeug – ein gebrauchter Lieferbus – her, um die Karts zum Training oder Rennen zu bringen. In Österreich gibt es nur in Bruck an der Leitha und in Graz Rennstrecken für Karts. Da liegen Ampfing in Bayern mit eineinhalb Stunden, Ala (I) mit drei und Lontano (I) mit vier Stunden Anfahrt zum Teil näher. Aber im Prinzip war es egal, wie lange die Anfahrt dauerte, und wohin es ging. Hauptsache, die Fahrt endete im Kart auf der Rennstrecke.
Sicherheit geht vor
Auch Laurins „Bolide“, mit dem er Rennen der „DAI Trophy“ bestreitet (einer Rennserie mit Events in Österreich, Deutschland und Italien), darf nur auf einer Rennstrecke gefahren werden. Er hat 60 cm3, mit rund 12 PS und fährt bis zu 110 km/h schnell. „Die Maximalgeschwindigkeit ist nicht so wichtig, auf die Beschleunigung kommt es an,“ erklärt Alexander. Er hat keine Angst, wenn sein Sohn im Rennen das Gaspedal durchdrückt und mit voller Geschwindigkeit auf die Kurve zurast, nur ein paar Zentimeter über dem Asphalt schwebend. Nur einmal, gesteht er, sei er dann doch nervös geworden: Als Laurin in Ala in einer Kurve ins Rutschen kam und rückwärts gegen die Reifenwand donnerte. Sein Kopf wurde dabei so heftig nach hinten geschleudert, dass das Visier in die Brüche ging. Da blieb dem Papa schon kurz das Herz stehen, aber Laurin war schnell auf den Füßen – und unverletzt. Er trägt beim Rennen einen Helm, einen feuerfesten Rennanzug, Rippen- und Brustschutz, Genickschutz, Handschuhe und spezielle Schuhe. Die Vollständigkeit der Ausrüstung wird vor jedem Start penibel kontrolliert. Man checkt nach dem Rennen auch das Kart – wenn man unter den ersten Drei ist. 2018 und 2019 bestritt Laurin jeweils neun Rennen und belegte im Gesamtergebnis der Trophpy Rang Drei beziehungsweise Fünf. Wahnsinn für den Vater, denn: „Laurin trainiert nicht gerne, er braucht den Fight mit den bis zu 25 anderen Fahrern im Feld. Ein Trainingslauf vor dem Rennen muss manchmal genügen.“ Wenn man bedenke, wie intensiv viele von Laurins Konkurrenten trainieren, sei das wirklich beachtlich. Für Alexander zählt aber nur, dass Laurin Spaß hat beim Fahren.
Männer unter sich
Nach dem Crash war das Kart „komplett hin“, erzählt Laurin. Um den Rahmen geradezubiegen, legte Alexander schließlich – weil alle anderen Bemühungen umsonst waren – ein Holzbrett drauf und fuhr mit dem Auto drüber. Es klappte.
Die Spannung bei den Rennen und der Spaß am Richten und Tunen sind nur ein Teil der „Faszination Go Kart“. Der andere ist der gesellige: Die Starter und ihre Begleiter sind vor Ort bei den Rennen wie eine große Familie. Eine, in der die Männer dominieren. Es gibt zwar auch Mädchen, die starten und auch richtig gut fahren, aber meist bleiben die Väter und Söhne unter sich. Man schläft im Bus, grillt, chillt, tauscht sich mit den anderen aus. Bei Laurin ist das nicht anders: Nur manchmal ist Mama Caroline Plattner bei Rennen mit dabei. „Die Mamas können teilweise gar nicht zuschauen“, lacht Laurin. Das kann ich nur zu gut nachvollziehen.
Nichts geht ohne „Zaster“
Aber wer einmal ein richtiger Rennfahrer werden will, der muss Gas geben. Die Go Kart Rennen sind der Einstieg in die Welt des Formel-Sports. Selbst Größen wie Lewis Hamilton haben im Go Kart ihre ersten Runden gedreht. Was es neben Talent und Mut noch braucht, ist allerdings das nötige Kleingeld. Für Motoren, Reifen, neue Chassis (Fahrgestelle) und so weiter und am besten auch noch für einen richtig guten Mechaniker, der für den Feinschliff sorgt, kann man sehr viel Geld ausgeben. Solange sich wie bei Laurin noch alles im Freizeit- und Spaßbereich abspielt, ist das Rennenfahren leistbar. Wenn es dann jedoch in die höheren Klassen geht, wenn es sozusagen „ernster“ wird, braucht man einen Sponsor. Laurins Freund Niklas Schaufler wird inzwischen vom Unternehmen „BWT“ gesponsert und düst in Rosa durch den Parcours, von Erfolg zu Erfolg.
Die nächste Klasse
Laurin ist groß geworden und seinem Kart inzwischen fast schon entwachsen. Das nächste mit 125 cm3 steht schon bereit. Nachdem die Saison 2020 fast komplett ausfiel, bleibt zu hoffen, dass heuer einige Rennen durchgeführt werden können. Zuerst aber muss sich Laurin mit seinem neuen Kart anfreunden, ein Gespür dafür bekommen. „Es ist schon geil, wenn man so knapp über dem Boden Vollgas gibt“, erzählt er, und seine Augen strahlen dabei. Alexander nickt. Sein Sohn fahre mit einem neuen Kart für gewöhnlich etwas zögerlich, aber dann wie ein Gestörter“, sagt er und lacht. Es sei faszinierend zu sehen, wie locker die Jungs und die wenigen Mädchen ihre Fahrzeuge steuern. „Die sitzen ganz relaxt und locker und lenken mit zwei Fingern“, erzählt Alexander. Er selbst reiße fast das Lenkrad aus, wenn er fahre, und sei nach ein paar Runde völlig durchgeschwitzt. Laurin lacht laut auf, als sein Vater das sagt. Er geht mit Geschwindigkeit ganz anders um. „Wenn du im Kart am Boden sitzt und du fährst 50 km/h, fühlt sich das wie 100 km/h an. Wenn du 100 fährst, meinst du, du fährst 200.“ Auch diese Aussage Alexanders entlockt ihm nur ein breites Grinsen.
Schnee statt Asphalt
Laurin will aber gar nicht Auto-, sondern Skirennfahrer werden. Dafür trainiert er auch viel mehr und steht im Winter fast täglich auf den „Bretteln“. Er besucht die Skimittelschule in Saalfelden und fährt für den Skiclub St. Johann i.T.. Letztes Jahr hat er bei der Bezirkswertung den zweiten Platz belegt. Nächstes Jahr darf er dann endlich auch Super-G trainieren – genau das Richtige für den jungen Speed-Freak. „Man kann alles erreichen, wenn man will“, sagt sein Vater. Er sieht sich am Handy die Fotos von den Rennen an, von den Camps, den Grill-Abenden an der Rennstrecke mit den anderen Vätern und Söhnen. „Das war schon eine sehr schöne Zeit, das schweißt zusammen. Ich möchte das nicht missen“, sagt er. Mit 50 Jahren ist er noch einmal Vater geworden, der kleine Luis ist jetzt neun Monate alt. Wenn Laurin kommt, lacht der Kleine über das ganze Gesicht. Alexander und Caroline, Laurins Eltern, können auch nach ihrer Trennung gut miteinander. Wir sind eine tolle „Quetschback-Familie“, scherzt Alexander. Er freut sich gemeinsam mit Laurin auf die kommende Kart-Saison und darauf, wieder richtig Gas zu geben.
Doris Martinz