Der Versuch einer Antwort im Gespräch mit den Power-Ladies Renate, Brigitte und Hildegard.
IImmer mehr gut ausgebildete Frauen beklagen sich darüber, so las ich in einem Journal, dass es schwierig für sie sei, einen Partner zu finden. Diese Nachricht passt zur Erfahrung, die ich in meinem eigenen, persönlichen Umfeld mache: Ich kenne mittlerweile viele intelligente Single-Damen, besonders viele jüngere. Was ist da los? In diesem Zusammenhang drängen sich gleich mehrere Fragen auf. Zum Beispiel jene: Ich bin verheiratet. Bin ich blöd?
Um der Sache auf den Grund zu gehen, lade ich drei hoch gebildete Power-Frauen aus der Region zum Gespräch: Renate Magerle, Obfrau des Mädchen- und Frauenberatungszentrums in St. Johann, unermüdliche Kämpferin für Frauenbelange; weiters Brigitte Hoy, St. Johann, Unternehmerin; sowie Hildegard Wolf, ebenfalls aus St. Johann und Unternehmerin – alle drei sind deklarierte Feministinnen, aber immerhin zwei davon – Brigitte und Hildegard – verheiratet. Wir treffen uns in der „Weinkiste“, die Hildegard mit ihrem Mann Josef führt, und verziehen uns in den hinteren Bereich, ins „Separee“. Renate, Hildegard und ich sind schon seit ein paar Minuten da und unterhalten uns angeregt, als Brigitte zur Tür hereinkommt. „Gehörst du auch zu ,denen‘?“, fragt sie ein Gast mit einem gewissen Unterton. Genau. Auch darum geht es.
Unterschiedliche Erfahrungen
Zu Anfang unseres Gesprächs formuliere ich nochmal das Thema unseres Treffens: Haben es kluge, gut ausgebildete Frauen schwerer, den Mann fürs Leben zu finden? Hildegard winkt gleich ab: Sie ist mit zwei Brüdern aufgewachsen, hatte in ihrer Heimat, der Steiermark, in einem von Männern dominierten Konzern die kaufmännische Leitung über und nie das Gefühl, als Frau für die Männerwelt deshalb weniger attraktiv zu sein.
Brigitte hingegen machte bereits einschlägige Erfahrung mit der Thematik: Eine Beziehung in jungen Jahren zerbrach, weil sie sich beruflich sehr gut entwickelte und entsprechend stark und selbstbewusst auftrat. „Das war so, damit ist mein damaliger Freund einfach nicht klargekommen“, sagt sie. Danach sei es schwierig gewesen, einen ebenbürtigen Partner zu finden. Schließlich traf sie ihren Mann – ihm sei es egal gewesen, ob sie erfolgreich war oder nicht. Für Brigitte steht fest: „Viele Männer fühlen sich nicht wohl an der Seite einer starken, erfolgreichen Frau. Das gibt ihnen das Gefühl, geringer und weniger wert zu sein.“ Hildegard kennt diese Erfahrung nicht. Wiewohl sie meint: „Meinen Mann nannte man einen ,Frauenversteher‘. So richtig wertschätzend war und ist das wohl nicht gemeint.“ Auch Renate hat am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn sich Frauen bilden: „Als ich mein Studium begann, war mir klar, dass es mich meine Ehe kosten würde. So war es dann auch.“
Frauen an der Spitze?
Frauen sind inzwischen also oft besser ausgebildet als Männer. In den Führungsetagen der Unternehmen spiegelt sich dieser Umstand nicht, hier dominieren immer noch die Männer. Woran liegt’s? „Auch an den Frauen“, meint Brigitte. „Weil sie weniger Selbstvertrauen und keine Lust und Zeit auf Machtkämpfe an der männerdominierten Spitze haben.“ Frauen sind auch keine schlechteren Netzwerkerinnen, ihnen fehlt schlicht und ergreifend die Zeit durch die Doppelbelastung von Beruf und Familie. „Aber wenn sie sich durchsetzen und einmal harte Töne anschlagen oder sogar jemanden verbal angreifen, dann sind sie für die Öffentlichkeit gleich ein Monster“, weiß Renate. Wenn eine Frau dominant – eben wie ein Mann – auftrete, werde sie oft als unsympathisch und anstrengend abgestempelt. „Mit der möchte ich nicht verheiratet sein, hört man dann.“ „Viele Männer mögen keine Frauen, die auch einmal laut und selbstbewusst sind. Da heißt es gleich: Diese Weiber …,“ so Brigitte.
„Es ist aber zu einfach gefasst, allein die Männer für alles verantwortlich zu machen“, ist Hildegards Meinung. „Es liegt an der Gesellschaft, und dazu gehören nun einmal zu 50 Prozent auch die Frauen.“ Sie bekomme aber einen dicken Hals, wenn sie lese, dass in Bayern das Gendern wieder verboten sei, so die Wahl-St. Johannerin. „Es geht um gedankenbildendes Lesen, wir brauchen das. Schlimm, dass auch der österreichische Kanzler laut über ein Verbot nachdenkt. Und dass wir eine Frauenministerin haben, die keine Feministin ist.“ Brigitte und Renate stimmen ihr zu.
Brigitte erzählt, dass sie von ihrer Tochter, 20 Jahre alt, immer wieder TikTok-Videos zu sehen bekomme, in denen junge Frauen in Rollenmuster wie in den 50er Jahren zurückfallen: Sie präsentieren sich als glückliches Hausmütterchen inmitten einer Kinderschar – auf den Mann und Ernährer wartend, der abends rechtschaffen müde vom Job nach Hause kommt. „Ist das noch immer nicht durchgedrungen, dass diese glücklichen Weibchen keine Pension bekommen, wenn sie nicht arbeiten gehen?“, fragt Renate. Warum fallen junge Frauen zurück in überwunden geglaubte Rollenbilder? „Vielleicht, weil sie Angst haben vor der Welt da draußen, die zunehmend unberechenbar wird“, mutmaßt Brigitte. Frauen brauchen mehr Selbstvertrauen, so der einhellige Tenor. Es gebe noch viel zu tun in der Erziehung – bei Mädchen und Buben. Und da seien wieder alle gefragt: Frauen und Männer, Mütter und Väter.
Erziehen, vorleben
Mädchen und Frauen sollten gestärkt werden – ja, immer noch. Buben und Männer jedoch sollten wissen, dass sie auch einmal schwach sein dürfen, dass sie weinen und sich anlehnen dürfen, so Renate. „Dann müssen sie später nicht über ihrer Partnerin stehen, um sich gut zu fühlen.“ Es müsse auch normal sein beziehungsweise sogar Pflicht, dass Männer in Karenz gehen. „Da braucht es auch bei den Arbeitgebenden noch viel Umdenken“, weiß Brigitte aus eigener Erfahrung. Best Practice Beispiele gebe es zu Genüge, man müsse nur nach Skandinavien schauen. „Die Finninnen und Finnen sind laut einer Studie die glücklichsten Menschen auf der Welt. Dass Männer und Frauen dort gleichermaßen die Obsorge für die Kinder übernehmen, ist vielleicht kein Zufall“, meint Brigitte.
Femizide: Ausdruck der Veränderung?
Als Obfrau des Mädchen- und Frauenberatungszentrums ist Renate viel zu oft – auch in unserer Region – mit Gewalt an Frauen befasst. Dass die Fälle stark zunehmen, ist eine Tatsache. Renate ortet einen möglichen Grund auch darin, dass Frauen selbstbewusster und gebildeter werden und immer weniger bereit sind, sich von ihrem Partner bevormunden und einschränken zu lassen. Dass Männer völlig überfordert mit dieser Situation sind, könne keine Entschuldigung sein, so Renate. Nur entsprechende Erziehung, nur entsprechendes Vorleben durch uns alle könne Abhilfe schaffen.
Fazit: Selbstbewusste Frauen geben ihrem Partner nicht das Gefühl, dass sie beschützt werden müssen und dass es ohne „ihn“ nicht geht. Sie wollen sich nicht verbiegen und anpassen, wie es Generationen vor ihnen gemacht haben. „Von Männern erwartet man das ja auch nicht“, so Brigitte. Noch viel mehr Männer müssen lernen, mit starken Frauen zu leben, so Hildegard. „Sie werden feststellen, dass es guttut, nicht die ganze Verantwortung tragen zu müssen und sich auch einmal an die Partnerin anzulehnen. Ich bin voller Hoffnung, dass wir uns in die richtige Richtung weiterentwickeln. Aber es braucht uns alle dazu.“
Doris Martinz