Nach einer wirtschaftlich katastrophalen Saison bereitet sich das Team der Bergbahn St. Johann auf den Sommer vor.
Ein Winter ohne Skigäste – das Unvorstellbare ist im letzten Winter wahr geworden. Neben den Beherbergungsbetrieben und der Gastronomie traf es die Bergbahnen am härtesten. Den erzielten Umsatz beziffert „Skistar“-Geschäftsführer Peter Grander mit fünf Prozent im Vergleich zu einem „normalen“ Winter. Fünf Prozent Umsatz klingen besser als 95 Prozent minus – an den Tatsachen ändert es nichts. Dem desaströsen Umsatzverlust steht ein großer „Fixkostenbrocken“ gegenüber: „Wir haben versucht zu reduzieren, wo es nur ging, konnten aber mit diversen Einsparungen diese massiven Umsatzeinbußen nicht kompensieren.“ Einsparungen waren zum Beispiel bei SaisonmitarbeiterInnen möglich, kaum aber beim Strom oder beim Beschneien, keine bei den Dienstbarkeiten, und auch der Diesel für die Pistengeräte sei bereits im Herbst gekauft und eingelagert worden.
Dazu kamen noch laufend die wechselnden gesetzlichen Bestimmungen. Im Dezember habe man eine Covid-Risikoanalyse im Umfang von etwa 50 Seiten an die Bezirkshauptmannschaft in Kitzbühel schicken müssen, erzählt Grander. Die Bestimmungen der FFP2-Maskenpflicht waren umzusetzen und bedeuteten, dass die bereits fertiggestellte Beschilderung erneuert werden musste. Und dass 20.000 eingekaufte Schlauchtücher, die die SkifahrerInnen statt der Stoffmasken hätten tragen können, nun noch ungebraucht in Schachteln liegen. Dann kam noch die Testpflicht, „zum Drüberstreuen“, wie Grander nicht ohne Ironie sagt. „Ich hätte das verstanden, wenn man dann zumindest die Berggastronomie geöffnet hätte. Denn wenn man eh nur mit einem negativen Test Skifahren darf, wäre man auf der sicheren Seite gewesen. Aber die Öffnung kam nicht. Leider.“
Grander ist keiner, der sich lauthals über die Regierung, die Behörden, die Situation im Allgemeinen beschwert. Aber: „Für die Regierung und die Behörden ist es sicherlich eine Riesenherausforderung, Entscheidungen in diesem Ausmaß zu treffen. Auf betrieblicher Ebene jedoch war einiges nicht nachvollziehbar.“ Inwieweit Corona-Hilfen und -unterstützungen das wirtschaftliche Ergebnis positiv werden verändern können, sei im Detail noch nicht absehbar, so Grander.
Lob und Kritik
Trotz der schwierigen Umstände habe das ganze Team im vergangenen Winter sein Bestmögliches getan, um für die Einheimischen ein Angebot zu schaffen. Bis zum Ostermontag war auch der Tourengeheraufstieg präpariert. Dafür gab es Lob, aber auch Kritik von jenen, die nicht einsehen konnten und wollten, dass ein völlig „normaler“ Betrieb in diesem speziellen Winter ohne Gäste nicht aufrecht zu erhalten war – für maximal 1.200 SkifahrerInnen am Wochenende, unter der Woche waren nicht mehr als 200 am Berg. Im Vergleich dazu: In Spitzenzeiten verzeichnet die Bergbahn über 6.000 Gäste täglich. Auch wenn das mitunter bedeutet, dass sich viele Leute auf den Pisten tummeln: Ohne Gäste ist der Betrieb der Bergbahn, ist das Aufrechterhalten der touristischen Infrastruktur ganz allgemein in der Region
auf Dauer nicht möglich. „So einen Winter brauche ich nicht noch einmal“, sagt Grander, „das ist wirtschaftlich einfach nicht drin.“
Winter raus, Sommer rein
Den Kopf in den Sand stecken ist dennoch kein Thema für den Oberndorfer. Er macht einen ruhigen, gefassten Eindruck. „Je mehr Druck von außen kommt, desto ruhiger, glaube ich, muss man werden. Und schauen, dass man alles hinbekommt, dass man einen Tag nach dem anderen abarbeitet, die neuen Bestimmungen und so weiter umsetzt.“
Für das Team heißt es jetzt den Winter aufräumen und den Sommer herrichten. Zur Zeit unseres Gesprächs Mitte April wurde gerade die große Revision der Harschbichlbahn vorgenommen, die alle fünf Jahre fällig ist – ein bedeutender finanzieller Aufwand. Sonstige Ausgaben und Investitionen sind für heuer aus verständlichen Gründen gestrichen.
Grander hofft, dass sich im Mai/Juni eine gewisse Normalität einstellt. Ende Mai wird die Harschbichlbahn ihren Betrieb aufnehmen, für den 3. Juni ist die Öffnung der OD-Trails geplant. „Hier wird sich heuer einiges tun, bei der Talstation des Tauwiesenlifts kommt ja auch ein neuer Bikeshop mit Verleih von Intersport Patrick“, weiß Grander.
Er ist und bleibt optimistisch. Und zählt auf die Einheimischen, und dass sie die attraktiven Angebote der Bergbahn annehmen. Jede Saisonkarte, jede Bergfahrt hilft.
Doris Martinz