Nach einem guten Winter schauen die Gastronomen in St. Johann mit Zuversicht in die kommenden Monate. Wenn sie genug Personal haben.
Sigi Blumschein,
Wirtshaus und Hotel Post in St. Johann
ist mit dem vergangenen Winter nicht unzufrieden. „Es hat zwar langsam angefangen, weil die Leute im Dezember noch sehr verunsichert waren. Aber dann waren die Nächtigungen bis 7. Jänner gut.“ Danach war es dann wieder zu ruhig, normalerweise füllen Seminare und andere Firmenveranstaltungen zu dieser Zeit im Hotel Post die Betten. „Die haben sich alle noch nicht getraut.“ Auch das Hahnenkammrennen, von dem sonst die ganze Region profitiere, habe man nicht gespürt. Aber im Februar ging es steil bergauf, die Stimmung bei den Gästen wurde besser, und auch der März war in Ordnung. Wie war es zu Ostern? „Ostern war super. Der April 2022 war überhaupt der beste April, seit wir da sind.“ Ausschlaggebend dafür waren neben vielen kurzfristigen Ostergästen vor allem auch Geschäftsreisende und Firmen, die lange verschobene Veranstaltungen endlich nachholten oder „daraufkamen, dass man doch nicht alles online machen kann, dass das nicht das Wahre ist. Da ist zum Glück ganz viel Geschäft wieder zurückgekommen.“ Der „Forecast“, wie es Sigi formuliert, für den Mai ist zum Zeitpunkt unseres Gesprächs noch ein wenig hinter 2019 und abhängig von kurzfristigen Buchungen. Die Buchungslage für den Sommer ist hingegen „bombastisch“ (Originalzitat). „Wir haben jetzt schon doppelt so viele Buchungen, wie wir im Sommer 2019 zu dieser Zeit hatten. Wir hoffen halt, dass uns im Herbst Corona nicht wieder irgendwie einholt.“
Das gesamte Team in der „Post“ ist geimpft. „Wir haben niemanden eingestellt, der es nicht ist. Wir können schließlich nicht von unseren Gästen verlangen, dass sie den 2-G-Nachweis erbringen, und selber nicht geimpft sein“, so Sigi Blumschein. Obwohl sie sich auch aufgrund der dreimal wöchentlich durchgeführten Tests für alle Mitarbeiter sicher fühlten, erkrankten sie und ihr Mann Max im Jänner selbst, auch zwei weitere Mitarbeiter im Service steckten sich zur gleichen Zeit an. Das Wirtshaus blieb deshalb fast 1 Woche lang geschlossen. „Aber abgesehen davon sind wir sicher durch den Winter gekommen.“ Schwierig sei es gewesen, auf die immer wieder kurzfristigen Verkündigungen der Regierung zu reagieren, „aber sich dagegen aufzulehnen ist verschwendete Energie.“
Als besonders schön und positiv beschreibt Sigi den tollen Zusammenhalt des Teams. Etliche Positionen konnten nicht besetzt werden, der Personalmangel traf und trifft auch die Blumscheins. „Aber die, die da waren, haben alle mit uns durchgebissen und sich untereinander ausgeholfen. Das ist nicht selbstverständlich, das wissen wir sehr zu schätzen.“ Ende Mai ging es mit 25 MitarbeiterInnen für zwei Tage nach Südtirol. Für einen Betriebsurlaub, den sich alle verdient haben.
Christian Kerschbaumer, Gasthof Dampfl,
beschreibt den Winter als durchwachsen. Es fehlten nicht die Gäste, sondern Personal. Als wir Anfang Mai miteinander reden, ist er niedergeschlagen. Gerade hat ihm der Koch per WhatsApp geschrieben, dass er nicht kommt. Die Nachricht trifft einen Tag vor der Wiedereröffnung nach der Pause ein. Aufsperren wird Christian dennoch: „Ich weiß zwar noch nicht, wie das gehen soll, aber wir machen auf!“ Seine Stimme klingt trotzig. Mittags wird das Gasthaus aber wohl zubleiben müssen, alleine schafft er das nicht. Und abends? „Unser Gastgarten hat sich gut eingebürgert, er wird super angenommen und ist bei Schönwetter immer gut gebucht. Mal schauen, wie wir das managen am Abend, ich habe noch keinen Plan.“ Als Arbeitgeber muss er damit leben, dass Leute fix für eine Saison zusagen und dann doch ganz kurzfristig nicht kommen. Während Christian vor einem großen Problem steht, hat der Arbeitnehmer mit keinerlei Konsequenzen zu rechnen. Eine schwierige Situation, mit der viele GastronomInnen zu kämpfen haben. Aber sonst war der Winter gut, „auch wenn wir halt mit wenig Personal nicht das volle Programm fahren konnten.“
Die Aussichten für den Sommer seien gut, bekräftigt Christian. An Gästen sollte es nicht mangeln. Aber die Personalfrage ist noch nicht geklärt, auch im Service nicht. Am Tag vor unserem Gespräch sagte auch ein Kellner ab – weil seine freien Tage nicht mit jenen seiner Freundin übereinstimmen. Auf ein Gespräch, bei dem man eine eventuelle Lösung finden könnte, ließ er sich gleich gar nicht ein.
Auch, um dem Personal entgegenzukommen, hält Christian das Gasthaus Dampfl sonntags und montags geschlossen und öffnet am Samstag erst ab 16 Uhr. „Das wird wohl die Zukunft sein, dass Gastro-Betriebe nur an vier, maximal fünf Tagen in der Woche geöffnet sind.“
Für Christian hängt die Personal-Situation auch mit der rechtlichen Situation zusammen. „Wer soll arbeiten gehen, wenn man fürs Nichtstun so viel Geld bekommt?“ Auch die Aussage, dass man Arbeitslose aufgrund fehlender Ausbildung nicht in die Gastronomie vermitteln kann, lässt er nicht gelten: „Das beste Beispiel ist meine Lebenspartnerin Niki. Sie kommt nicht aus der Branche, und doch ist sie weitaus die Beste, die ich für meinen Betrieb haben kann.“ Auch am Verdienst könne es nicht liegen, meint Christian. „Ein freundlicher, halbwegs fähiger Kellner verdient samt Trinkgeld mehr als die meisten Leute in anderen Jobs.“
Für Niki, die zum Gespräch dazu kommt, liegt es auf der Hand: „Es sind die Arbeitszeiten. Die wenigsten Leute wollen abends oder am Wochenende arbeiten. Andere Branchen werben sogar damit, bessere Zeiten als die Gastronomie zu bieten, da werden direkt Leute abgeworben. Das macht es wirklich schwierig.“
Vielleicht gibt es unter den ukrainischen Flüchtlingen im Ort ja einige, die in der Branche arbeiten wollen? Er habe sich bereits mit den entsprechenden Stellen kurzgeschlossen, zu konkreten Angeboten sei es aber noch nicht gekommen, berichtet Christian. Prinzipiell kann sich der Gastwirt schon vorstellen, MitarbeiterInnen aus der Ukraine zu beschäftigen. Selbst dann, wenn die sprachliche Verständigung anfangs schwierig sein sollte. Er würde den Menschen entgegenkommen, ihnen Vollzeit-Jobs oder auch nur stundenweise Beschäftigung anbieten – das sei alles kein Problem. Was ihn mehr beschäftigt: „Ich will nicht die Situation ausnützen und niemanden in einen Job hineindrücken, der dann damit vollkommen überfordert und unglücklich ist. Aber mein Angebot steht, und ich würde mich freuen, wenn die Leute auf mich zukommen. Vielleicht tut sich etwas.“
Und sonst gibt es auch noch ein persönliches Netzwerk, auf das Christian in Notfällen zurückgreift. Vielleicht kommt von irgendwo ein Koch oder eine Köchin daher. Oder ein Kellner/eine Kellnerin. Oder zwei …
Sarah Höller vom „s’Nandl“
berichtet, dass der vergangene Winter „super gegangen“ sei. Ihr Mann Andreas hat das Café vor fünf Jahren gepachtet; als gelernter Koch träumte er eigentlich immer von einem Restaurant, ergriff jedoch die Chance, als ein Pächter für das „s’Nandl“ gesucht wurde. Bereut haben er und seine Frau es noch keine Sekunde lang, wie Sarah bestätigt. Der Fokus des Lokals liegt bei den einheimischen Gästen, „die Touristen nehmen wir mit.“ Nach den coronabedingten Schließungen seien die Gäste gleich wieder gekommen – auch die Runde Damen, für die im „s’Nandl“ ein Stammtisch reserviert ist. „Dieser Tisch bleibt immer frei, auch in der Hochsaison“, betont Sarah.
Die staatlichen Förderungen halfen, die Pandemie gut zu überstehen. Dank Kurzarbeit musste niemandem aus dem sechsköpfigen Team gekündigt werden. „Das wäre für uns sowieso nicht in Frage gekommen“, so Sarah. Sie und Andreas tauschen sich an den Abenden, an denen das Café bis 23 Uhr geöffnet ist, ab: Am Donnerstag übernimmt Sarah den Spätdienst, und Andreas kümmert sich um die gemeinsame Tochter Mia Sophie, am Freitag und Samstag ist es umgekehrt. Am Sonntag und Montag bleibt der Betrieb geschlossen. So bringt das Gastronomen-Ehepaar den Beruf und Familie gut unter einen Hut.
Sarah ist in der Gastronomie aufgewachsen und hat eine entsprechende Ausbildung absolviert. Vor der Geburt ihrer Tochter arbeitete sie jedoch in Büros.
„Ich muss sagen, ich habe den Bürojob gerne gemacht und erledige jetzt auch noch daheim die Buchhaltung. Aber ich würde nicht mehr tauschen wollen. Wir haben so nette Gäste, es ist ein schönes Arbeiten. Die Gastronomie passt super für uns.“
Wie gut, auch so etwas Positives wieder einmal zu hören …
Doris Martinz